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    Star Trek - Der Film
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Star Trek - Der Film
    Von Björn Helbig

    Die Pyjamas sind noch da. Dafür fehlt „Star Trek – Der Film“ im Vergleich zur weltberühmten TV-Serie aber auch einiges: Spannung, Witz und die von Fans lieb gewonnen Schrulligkeiten der Hauptdarsteller. Dabei kann sich der Film optisch für 1979er Verhältnisse durchaus sehen lassen. Und auch die Story ist auf jeden Fall mindestens passable Science-Fiction.

    Ein unbekanntes, wolkenähnliches Phänomen bewegt sich auf die Erde zu. Der Föderationsaußenposten Epsilon IX kann gerade noch ein Notsignal von drei klingonischen Raumschiffen, die von der Wolke vernichtet werden, an die Erde weiterleiten, bevor er selbst zerstört wird. Die alarmierte Sternenflotte schickt das einzige Schiff, das sich in Abfangreichweite der Wolke befindet: ein generalüberholtes, aber noch nicht ganz einsatzfähiges Modell der Enterprise, dessen Vorgänger vor einigen Jahren unter dem Kommando von James Tiberius Kirk (William Shatner) unterwegs war, um neue Zivilisationen zu entdecken (und mitunter auf diese auch mal das Feuer zu eröffnen). Kirk, mittlerweile Admiral in der Sternenflotte, setzt durch, das Kommando der neuen Enterprise zu bekommen. Mithilfe seiner alteingedienten Crew macht er sich auf, um das sich der Erde nähernde Phänomen zu untersuchen – und aufzuhalten. Schon der Weg zur Wolke verläuft nicht ganz unproblematisch. Zum einen funktioniert die Enterprise nicht ganz so, wie es von dem Flagschiff der Föderation zu erwarten wäre – der Transporter zerlegt mitunter Reisende in ihre Einzelteile und der Warpantrieb generiert böse Wurmlöcher – zum anderen ist Captain Decker (Stephen Collins) vergrätzt, weil Kirk ihm das Kommando weggenommen hat. Wenigstens funktionieren die Schutzschilde, denn die werden auch gleich benötigt, als die Enterprise ihr Ziel erreicht. Das Phänomen nennt sich V’ger und sucht den Schöpfer…

    „Star Trek – Der Film“ ist der erste Star-Trek-Kinofilm und somit Leinwandableger der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“, die 1966 bis 1969 in drei Staffeln (79 Folgen) gedreht wurde. Gene Roddenberry, der Schöpfer des Star-Trek-Universums, hatte trotz des von Publikum und Kritik schlecht aufgenommen ersten Pilotfilms (1964, „The Cave“) versucht, die Serie zu verwirklichen. Der Rest ist bekannt. Star Trek ist bis heute Kult. Es folgten insgesamt sechs Science-Fiction-Serien mit 726 Episoden, zehn Kinofilme, hunderte Romane, Computerspiele und andere Werke. Der Startschuss zum ersten Kinofilm fiel 1977. Angesichts des Erfolgs von Georg Lucas’ „Krieg der Sterne“ (1977) wuchs der Druck der Produzenten nach einem Star-Trek-Film. Alles musste ganz schnell gehen, um möglichst reichhaltig am Science-Fiction-Boom zu partizipieren. Ein Drehbuch der geplanten Serie-Episode (basierend auf einer Story von Allen Dean Forster) wurde ratzfatz fürs Kino umgeschrieben, Leonard Nimoy zurück an Bord geholt und der „alte Hase“ Robert Wise („West Side Story“) als Regisseur verpflichtet.

    Vielleicht musste alles zu schnell gehen. Vielleicht war Wise auch kein Fan und wusste mit seinen Figuren nichts anzufangen. Vielleicht wurde bei der Entwicklung des Films einfach auf die falschen Vorbilder geschielt. Jedenfalls ließ das Ergebnis beinahe alles vermissen, was die Star-Trek-Fernsehserie gut gemacht hatte: allen voran die charismatischen Figuren und deren Interaktion. Fort sind die amüsanten Neckereien zwischen dem Vulkanier Spock (Leonard Nimoy) und dem Bordarzt Doctor Leonard „Pille“ McCoy (DeForest Kelley). Verschwunden waren James T. Kirks Bekehrungsversuche seines logikgesteuerten Offiziers zu „etwas mehr Gefühl“. Nur noch Vakuum, wo einst die Wundertaten des Maschinenraumvirtuosen Montgomery Scott alias „Scottie“ (James Doohan) waren. Geblieben sind einzig die lächerlichen Pyjamas, welche die Crew der Enterprise zu tragen gezwungen ist. Auch die Besatzungsmitglieder waren nicht besser: Stephen Collins als Willard Decker machte überhaupt keine gute Figur. Er wirkt für die ihm abverlangte zur Schaustellung von Emotionen - wie den Ärger darüber, dass Kirk ihm das Kommando abluchst oder seine unerfüllte Liebe zu Ilia (Persis Khambatta) - unterqualifiziert. Ihm gelingt es nicht, seine Hingezogenheit zu der Ilia-ähnlichen Drohne so glaubhaft zu vermitteln, dass der Zuschauer ihm letztendlich seinen Verschmelzungswunsch mit V’ger abnehmen würde.

    Die Spezialeffekte von „Star Trek – Der Film“ sind für die damalige Zeit okay, doch reichen sie nicht an den lucasschen „Krieg der Sterne“ heran und werden zudem selbstgefällig in lang bis langweiligen Einstellungen zelebriert. Vielleicht dachten seine Macher: „Hey, der Kubrick hat ja mit ‚2001 – Odyssee im Weltraum’ einen echt tiefsinnigen Film hinbekommen. Und der ist ja ziemlich langsam. Machen wir unseren doch auch langsam, dann sind wir auch tiefsinnig…“? Möglicherweise sind diese unangenehmen Längen auch einfach nur der Tatsache geschuldet, dass die ursprünglich für 40 Minuten konzipierte (und gar nicht mal so schlechte Story) nicht genug Substanz für einen abendfüllenden Kinofilm hergibt. Jedenfalls kaschieren die Effekte nicht die fehlenden witzigen Dialoge, die kaum vorhandene Spannung und die mittelmäßigen bis schlechten darstellerischen Leistungen, sondern sind im Gegensatz dazu mitunter selbst ein Ärgernis. So muss der Zuschauer diverse Perspektiven und verschiedene Visualisierungen der Wolke, die zwar allesamt nett anzusehen sind, aber einfach zu lange dauern und auch kein großes Ganzes ergeben, über sich ergehen lassen.

    Gene Rodenberry hat mit „Star Trek“ ein ganzes Universum erschaffen, so dass auch der erste Film zumindest in einem historischen Kontext interessant bleibt und in einer gut sortierten Sammlung auf keinen Fall fehlen darf. Dementsprechend soll hier dem ersten Star-Trek-Kinofilm auch nicht Unrecht getan werden. Zwar liegt das Lexikon des Internationalen Films nicht ganz falsch, wenn es den Film als „Langweilig inszeniert, stereotyp in der Figurenzeichnung und mit einem pseudo-philosophischen Überbau“ beschreibt, doch wenn Jerry Goldsmiths Star-Trek-Melodie erklingt und die Kamera liebevoll an der Enterprise vorbei gleitet, bekommen all jene, die mit der Serie groß geworden sind, unweigerlich eine Gänsehaut. Da verzeiht man die diversen großen und kleinen Mängel gerne. Wenn Kirk sich nach Lösung des „V’ger-Problems“ lieber noch etwas „da draußen“ umsehen möchte, anstatt zur Erde zurückzukehren, dann möchte man auch nach diesem Film weiterhin dabei sein.

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