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    Good Night, and Good Luck
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Good Night, and Good Luck
    Von René Malgo

    George Clooneys neueste Regiearbeit widmet sich erneut dem Metier seines Vaters. Jenes ist seit Geständnisse - Confessions Of A Dangerous Mind bekannt: das Fernsehen. Mit seinem faszinierenden Polit-Drama „Good Night, And Good Luck“ steuert der Hollywoodstar direkt auf mögliche Oscarnominierungen, viel Kritikerlob und vielleicht sogar ein bisschen Zuschauergunst zu. Mit diesem Low-Budget-Film übertrifft Hollywoods Schönling und Sonnyboy das schon viel beachtete Debüt bei weitem. Beeindruckend.

    Es sind die frühen 50er Jahre. Senator Joseph McCarthy aus Wisconsin etabliert sich als fanatischer Kommunistenjäger, der sich die allgegenwärtige Angst und die Anfänge des Kalten Krieges zunutze macht. Ihm stellt sich der Fernsehjournalist Edward Murrow (David Strathairn) entgegen, der an die aufklärerischen Möglichkeiten der Mattscheibe und ihrer dienstagabendlichen Nachrichtensendung „See It Now“ glaubt. Als er einen Bericht über einen suspendierten Air-Force-Piloten bringt, der aufgrund seiner Familie mit vermeintlichen Kommunistenverbindungen ausgebootet wurde, legt sich Murrow automatisch mit Senator McCarthy an. Dieser Bericht zieht folgenschwere Konsequenzen für ihn und seinen Fernsehsender CBS nach sich. Einige Journalisten müssen nun entscheiden, ob sie dem externen Druck nachgeben oder auf ihr Gewissen hören.

    Der Vorwurf der Einseitigkeit ist schon gefallen. Clooney sei mit seinem Film gar ein bisschen zu plakativ, stelle die integeren Fernsehjournalisten in einem zu guten Licht dar. Denn McCarthy profitierte nicht zuletzt vom Fernsehen und einigen seiner reißerischen TV-Shows bzw. Moderatoren. Und McCarthy war längst nicht der einzige Kommunistenjäger. Edward Murrow (Strathairn) selbst wird im Film mit diesem Vorwurf konfrontiert. Als er den Bericht über den zu unrecht suspendierten Piloten senden will, warnen ihn seine Kollegen, dass er die Grenze zur Objektivität überschreitet, dass er im Fernsehen, in einer beliebten TV-Show eindeutig Stellung beziehen wird und zwangsläufig muss. Murrow wählt bewusst diesen Weg, so auch Regisseur und Drehbuchautor George Clooney. Clooneys Werk ist auch eine Parabel darüber, wie verantwortungsvoller Fernsehjournalismus aussehen soll; eine Geschichte über eine kleine Gruppe von Männern, die aufsteht, um einer diskriminierenden Hysterie entgegen zu treten. Dabei konzentriert sich „Good Night, And Good Luck“ auf den „Zweikampf“ zwischen McCarthy und Murrow. Es wird nur eine Facette der damaligen Kommunistenhatz- und Hysterie beleuchtet, was die Geschichte für den Betrachter persönlicher und das ganze Geschehen leichter zugänglich macht. Zumal die alte Story neuerdings wieder an Aktualität zu drohen gewinnt. Einige hohe Tiere verstehen es mittlerweile nämlich schon sehr gut, sich die moderne Angst vorm Terror zu Nutze zu machen…

    George Clooney drehte den auf Tatsachen beruhenden Film in Schwarz-Weiß. Die stilistisch richtige Entscheidung. So können zahlreiche Archivaufnahmen tadellos in die Geschichte eingebunden werden. Während David Strathairn Edward Murrow mimt, und George Clooney seinen Kollegen Fred Friendly darstellt, auf dessen Erinnerungen der Film beruht, wird die Person McCarthy beispielsweise eben nur aus Archivaufnahmen eingeblendet. Diese sind äußert elegant in die Handlung eingefügt und stellen eine echte Bereicherung für den Film dar. Vor authentischer, detailverliebter Kulisse kreiert Kameramann Robert Elswit (Syriana, Punch-Drunk Love, Magnolia) stimmungsvolle und faszinierende Bilder. George Clooneys zweite Regiearbeit zeichnet sich durch ein erstaunlich hohes Maß an Stilsicherheit aus. Mit „Good Night, And Good Luck“ kann er sich für die obere Liga der hollywoodschen Regielandschaft empfehlen.

    „Good Night, And Good Luck“ lebt hauptsächlich von seinen exzellenten Textzeilen und noch besseren Schauspielern. Die beiden Akteure George Clooney (Out Of Sight, Ocean´s Eleven) und Grant Heslov (True Lies, The Scorpion King) schrieben das komplexe Drehbuch zum Film. Es gibt viele Details zu entdecken, persönlicher und politischer Art. „Good Night, And Good Luck“ ist nicht nur ein politisch sehr wertvoller Film, sondern auch eine Hymne auf das „moralische Fernsehen“ und eine großartige Ensembleshow großartiger Darsteller. Clooney findet die perfekte Balance zwischen politischen Dialogen und Aussagen, Archivbildern und Tatsachenwiedergaben, humoristischen sowie ironischen Untertönen und emotionalen Einschüben.

    Einen großen Anteil daran und am Gelingen des Films im Allgemeinen haben die Darsteller. Clooney stibitzte sich die Rolle, die ihm als stets charmanter Leadertyp auf den Leib geschrieben ist, während David Strathairn, der Hauptdarsteller, das Gesehen dominiert ohne den Rest des Ensembles in die Ecke zu drängen. Eine Oscarnominierung als bester Hauptdarsteller für ihn wäre eigentlich fällig. Robert Downey Jr. (Kiss, Kiss, Bang, Bang) scheint nunmehr endlich auf den aufsteigenden Ast angekommen zu sein und beeindruckt in einer starken Nebenrolle. Er und Patricia Clarkson (Pieces Of April, The Station Agent, Miracle) bringen als heimlich verheiratetes Journalistenehepaar (Heirat unter Angestellten der CBS ist verboten) auch eine der persönlichen Noten ein. Frank Langella (Wag The Dog) gefällt als Oberboss der Fernsehstation, welcher zwischen seinem Gewissen und Loyalität zu Murrow sowie seiner Abhängigkeit von erbosten Sponsoren schwankt. In weiteren Rollen und oft kaum zu erkennen, stechen Jeff Daniels (Speed), Tate Donovan (Jimmy aus „O.C. California“), Thomas McCarthy (Meine Braut, ihr Vater und ich) und Ray Wise (Jeepers Creepers 2, „Twin Peaks“) hervor. „Good Night, And Good Luck“ ist ein waschechtes Ensemblestück und trägt so auch zu einer gewissen kammerspielartigen Atmosphäre bei.

    Komplettiert wird der überaus angenehme Gesamteindruck durch die jazzige, typische 50er-Jahre-Musikuntermalung von Jim Papoulis. Auch wenn die Handlung quasi nur aus Dialogen und Monologen besteht und der lediglich 93 Minuten lange Film mit Archivbildern vollgepfropft ist, erreicht das Werk sowohl Tiefe als auch Profil und fasziniert von der ersten bis zur letzten Sekunde – trotz oder gerade wegen des geringen Budgets von 7,5 Millionen Dollar. Eine Meisterleistung, die alle Aufmerksamkeit verdient. Ein ganz heißer Kandidat für diverse Kategorien bei der kommenden Oscarverleihung, trotz hochkarätiger Konkurrenz wie Brokeback Mountain, München oder Der ewige Gärtner. Verdient hätte es George Clooneys engagiertes Meisterwerk auf jeden Fall.

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