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    Noch einmal Ferien
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Noch einmal Ferien
    Von Christoph Petersen

    Regisseur Wayne Wang ist ein hoffnungsloser Romantiker, der noch immer an das Gute im Menschen glaubt und auch in seinen Filmen offen dazu steht. Verpackt er diese positive Einstellung zum Leben in Independent-Filmen wie „Smoke“ oder der Fortsetzung „Blue In The Face“ eher zurückhaltend, wird er von der Kritik zurecht gefeiert, stellt er die Moral aber bei Mainstream-Produktionen wie Manhattan Love Story oder „Winn-Dixie – Mein zotteliger Freund“ stärker in den Vordergrund, werden die Filme zu unrecht als kitschig empfunden. Im Endeffekt sind alle seine Filme nämlich vor allen Dingen eines, unglaublich charmant. Und auch „Noch einmal Ferien“, ein Remake der Alec-Guinnes-Komödie „Ferien wie noch nie“ aus dem Jahr 1950, macht in diesem Punkt keine Ausnahme. Alles andere wäre auch eine herbe Enttäuschung gewesen, steht Wang dieses Mal mit Queen Latifah doch sogar noch eine der sympathischsten Frauen Hollywoods unterstützend zur Seite. Nachdem die Regisseure ihrer letzten Filme New York Taxi oder Haus ueber Kopf nur Wert auf lauten, krachenden Humor gelegt haben, geht Wang es nun langsamer an und lässt Latifahs grandiose Ausstrahlung und ihr reichlich vorhandenes Schauspieltalent voll zur Geltung kommen. Genau der richtige Weg, der „Noch einmal Ferien“ zu einer der besten Komödien des Jahres macht.

    Die Mittdreißigerin Antonia Byrd (Queen Latifah) führt ein einfaches Leben als Verkäuferin in der Küchenabteilung eines großen Kaufhauses in New Orleans. Ihre Wünsche, zum Beispiel ein Date mit dem gutaussehenden Sean (LL Cool J, S.W.A.T., Mindhunters) oder ein eigenes Restaurant, sammelt sie in einem Fotoalbum, traut sich aber nicht, sie zu verwirklichen. Als sie nach einem unglücklichen Sturz vom Kaufhaus-Arzt (Ranjit Chowdhry) untersucht wird, stellt dieser bei Antonia einen Gehirntumor fest und gibt ihr nur noch drei Wochen zu leben. Endlich erwacht Antonia aus ihrer Lethargie, verkauft die von ihrer Mutter geerbten Aktien und fährt noch ein letztes Mal in die Ferien. Als Zielort hat sie sich das europäische Grandhotel Pupp, dessen Chefkoch Didier (Gérard Depardieu, Asterix und Obelix: Mission Kleopatra, Boudu) Antonia schon lange bewundert, ausgesucht. Weil sie mit ihrem Geld nur so um sich schmeißt, wozu sollte sie es auch behalten, halten die anderen Gäste Antonia für eine wichtige Persönlichkeit. Vor allem der Eindruck, den Antonia auf den rücksichtlosen Geschäftsmann Matthew Kragen (Timothy Hutton, Das geheime Fenster) und den Senator Dillings (Giancarlo Esposito, Ali, Entgleist), die in der Abgeschiedenheit der Berge ihre halblegalen Verabredungen treffen, macht, führt zu allerlei amüsanten Verwicklungen. Aber Antonias neugewonnene Freude am Leben kommt zu spät, muss sie doch eh bald sterben, oder…

    „Noch einmal Ferien“ ist eine gelungene Mischung aus Ensemble- und Verwechslungskomödie, die vor allem durch den gut aufgelegte Cast überzeugt, während die Geschichte eigentlich nur dazu dient, die unterschiedlichen Charaktere zusammenzubringen. Trotzdem hält die Story immer wieder kleinere Twists bereit, mit denen der Film bei aller Vorhersehbarkeit Mut beweist und den Zuschauer überrascht. Zum Beispiel eine Szene relativ zu Beginn des Films, in der Georgia in der Kirche aus dem Gospelchor ausbricht und ihre Unmut über Gott kundtut. Das ist zum einen, wenn die anderen Mitglieder des Chors für Glorias Beschimpfungen sogar noch den Background-Gesang übernehmen, weil sie denken, Gloria hätte eine himmlische Erleuchtung, sehr feine, nicht zu aufdringliche Religions-Kritik. Zum anderen inszeniert Wang die Szenerie aber auch so mit einem leicht mystischen Einschlag, dass sich „Noch einmal Ferien“ in diesen Szenen auch filmisch von anderen Hollywood-Komödien positiv absetzen kann. Sowieso kann Wang mit seiner durchgehend sehr sorgfältigen, in den richtigen Momenten aus dem insgesamt eher biederen Stil ausbrechenden Inszenierung voll überzeugen.

    Das Herzstück des Films bleibt aber das durchgehend gutgelaunt aufspielende Ensemble. Allen voran natürlich Queen Latifah, die als resolute Angestellte, die ihren arroganten Chef (Matt Ross, Good Night, And Good Luck) zusammenfaltet, genauso viel Energie versprüht wie Charme als herzensguter, aber geheimnisvoller Hotelgast. Auch die Nebenrollen sind toll besetzt. LL Cool J, der seine Masche in den letzten Jahren hauptsächlich in Action-Produktionen wie „Edison“ oder Rollerball meist uninspiriert abnudelte, merkt man nun zum ersten Mal nach langer Zeit wieder an, dass er wirklichen Spaß an der Sache hat. Timothy Hutton spielt den arrogant-rücksichtlosen Kapitalisten mit einer wunderbar schleimigen Bösartigkeit, lässt sich am Schluss aber natürlich auch von der unwiderstehbaren Queen Latifah zum Besseren bekehren. Und schließlich macht Gérard Depardieu als schüchterner Chefkoch Didier, dem man die Liebe zu seinen Köstlichkeiten erwarteterweise voll abnimmt, vor allem eines: Appetit. Aber auch wenn der Zuschauer die ganze Zeit ein klein wenig traurig ist, weil er von dem deliziösen Essen auf der Leinwand nichts abbekommt, wird ihm doch ein angenehm leiser, unglaublich charmanter und wunderbar warmherziger Film serviert, dessen ansprechender Humor eher mit einem Fünf-Sterne-Restaurant als mit billigem Fastfood zu vergleichen ist.

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