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    Gilda
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Gilda
    Von René Malgo

    Charles Vidors „Gilda“ zählt zu den ganz großen Klassikern des Film Noir, die ihre Blütezeit in den 40er Jahren hatte. Es ist vor allem die Femme Fatale der Story, die dem Betrachter in Erinnerung bleibt: Rita Hayworth als die hemmungslose, verführerische Gilda Munson. „Gilda“ machte Hayworth nicht nur zur Legende, sondern auch zum ultimativen Pin-Up-Girl ihrer Zeit.

    Südamerika, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg: Nachdem der zwielichtige Geschäftsmann Ballin Mundson (George Macready) den Abenteurer und passionierten Kartenspieler Johnny Farrell (Glenn Ford) einmal das Leben gerettet und dann beim Kartenspiel in seinem Kasino beobachtet hat, stellt er ihn ein. Die zwei werden Freunde. Als aber eines Tages Ballin zusammen mit seiner frisch angetrauten Frau im Gepäck von einer Geschäftsreise zurückkehrt, kommt es zu Komplikationen. Johnny und die eigenwillige Gilda (Rita Hayworth) kennen sich von früher, was sie Ballin verheimlichen wollen. Zwischen ihnen funkt es gewaltig und sie müssen einsehen, dass Hass und Liebe nahe beieinander liegen können. Doch der knallharte Ballin lässt nicht mit sich spaßen…

    Exotische Kulisse, Nazis, ein ambivalenter Antiheld, ein schwer durchschaubarer Bad Guy und die Femme Fatale schlechthin: Das Krimidrama „Gilda“ bietet alles, was den Film Noir so berühmtberüchtigt und neuerdings wieder populär macht. Unzweifelhafte Hauptattraktion dieses Noir-Thrillers ist die Femme Fatale, ist Rita Hayworth. Obgleich der Film weitaus mehr zu bieten hat, bleiben doch sie und einige ihrer äußerst denkwürdigen Szenen dem Betrachter im Gedächtnis. Sie hat das hautenge, figurbetonte „Kleine Schwarze“ nicht nur salonfähig, sondern auch zur Ausdrucksform gemacht. Die Hüllen lässt sie nie fallen und trotzdem geht es kaum mehr erotischer als Rita Hayworth in und als „Gilda“. Unvergessen die legendäre Szene, in der sie sich im trägerlosen, schwarzen Satinkleid während dem (von einem Stimmdouble) vorgetragenen Song „Put The Blame On Mame“ lasziv ihren armlangen Handschuh abstreift.

    Trotzdem, „Gilda“ ist kein Erotikthriller und hat noch etwas mehr zu bieten, über das es sich zu sprechen lohnt. In erster Linie nämlich besticht der an sich nur leidlich spannende Thriller als ausgefeilte Charakterstudie. Die atemberaubend schöne Gilda korrumpiert, ist hemmungslos und polarisiert - Angst- und Traumvision eines Mannes zugleich. Ihr gegenüber steht Johnny, der vermeintliche Held. Er entpuppt sich mit der Zeit als eiskaltes Ekelpaket. Die beiden hassen und lieben sich. Unfähig einander ihre Zuneigung zu gestehen, verletzen sie sich immer wieder gegenseitig. Gilda ist eine starke Frau und doch eine gebrochen Person, gleiches gilt sowohl für Johnny als auch für den undurchsichtigen Ballin. Sie alle verlangen in dieser Dreiecksbeziehung nach Liebe, sind aber unfähig sie selber zu geben. Im altmodischen Film Noir ist es üblich, dass der männerverschlingende Vamp, die Femme Fatale, am Ende ihrer vermeintlich gerechten Strafe, dem Tode, zugeführt wird. „Gilda“ bricht diese Regel. Am Ende scheint Gilda geläutert, doch der fröhliche Zweisamkeit nur vortäuschende Schluss lässt das Schicksal der zwiespältigen und doch lieb gewonnenen Antiheld(inn)en ungewiss. Der Betrachter spürt, dass das finale Zusammenraufen längst nicht bedeuten muss, dass nunmehr alles gut sei.

    Es gibt kein Gut und Böse in „Gilda“. Auch Ballin, formal der zu besiegende Bösewicht, ist alles andere als ein unsympathischer Kotzbrocken. Größenwahnsinnig und brutal mag der Kasinobesitzer sein, dem gegenüber steht aber seine aufrichtige Freundschaft zu Johnny. Es menschelt gewaltig, was alle Charaktere, seien sie noch so verdorben, sympathisch und in der Konsequenz bedauernswert macht. Akzentuiert und gelungen sind die Leistungen von Glenn Ford als Johnny und George Macready als Ballin. Sie stehen der alles überstrahlende Rita Hayworth in nichts nach, die aber dank ihrer elektrisierenden Leinwandpräsenz das Geschehen beherrscht. Als sorgfältig ausgearbeitete und exzellent gespielte Charakterstudie kann „Gilda“ auf ganzer Linie überzeugen.

    Wer schon einige Werke des von zwielichtigen Figuren bevölkerten Noir-Subgenres gesehen hat, wird wissen, was mit „Gilda“ auf ihn zukommt. Der kriminalistische Thrillerpart entwickelt sich vorhersehbar und ohne große Überraschungen. In der Funktion einer melodramatischen, aber nie zu pathetischen Tragödie weiß der Film jedoch zu gefallen. Nicht zuletzt auch dank Charles Vidors sicherer und versierter Regie darf „Gilda“ zu den ganz großen Klassikern des Genres gezählt werden. Rudolph Matés gekonnte Kameraführung bannt die exotischen, von exquisiter Ausstattung profitierenden Kulissen in ansprechende, dem typischen „Noir-Stil“ verpflichtete Bilder und sorgt so für die stimmige, dichte Atmosphäre. Ein anspruchsvoller, sehenswerter und vor allem - wie es sich gehört - düsterer Film Noir.

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