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    Fearless
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Fearless
    Von Björn Becher

    Nachdem Regisseur Ronny Yu mit „Chucky und seine Braut“, „The 51st State“ und Freddy Vs. Jason einen nur mäßig erfolgreichen Ausflug nach Hollywood unternommen hat, nutzt er den aktuellen Martial-Arts-Boom, um wieder eine Produktion in seiner Heimat Hongkong (allerdings co-finanziert durch US-Gelder) abzuliefern. Im Fokus des Films steht das Leben der chinesischen Martial-Arts-Legende Huo Yuan Jia (in einigen Schriften auch unter dem Namen Fok Yun Gap erwähnt), die hier von Jet Li verkörpert wird. Kenner des Martial-Arts-Kinos werden jetzt zum ersten Mal aufhorchen, denn in zwei ganz großen Klassikern des Genres spielt dieser Name eine Rolle. „Fist of Fury“ (bekanntester deutscher Titel: „Todesgrüsse aus Shanghai“) mit Bruce Lee sowie das Quasi-Remake „Fist of Legend“ mit Jet Li erzählen von einem (allerdings fiktiven) Schüler von Huo Yuan Jia, der sich nach dem mysteriösen Tod seines Meisters auf einen Rachefeldzug begibt. „Fearless“ wirkt nun quasi wie ein Prequel zu diesen Werken, wird doch auch im Finale eine Verbindung hergestellt. Bis der Zuschauer diese Szene zu sehen bekommt, warten aber erst einmal über eineinhalb Stunden auf ihn, die jeden Martial-Arts-Fan in Verzückung versetzen werden.

    Bevor Huo Yuan Jia zu einer Martial-Arts-Legende werden kann, muss er erst einmal eine Metamorphose durchleben. Es fängt mit einem kleinen Jungen an, der im Jahre 1880 von seinem Vater (Collin Chou, Matrix Revolutions) aufgrund einer Asthmaerkrankung das Kämpfen verboten bekommt und trotzdem heimlich übt. Als sowohl sein Vater als auch er selbst eine empfindliche Niederlage einstecken müssen, beschließt Huo Yuan Jia nie mehr einen Kampf zu verlieren. Er trainiert wie ein Besessener, was ihn zwanzig Jahre später zum besten Kämpfer der Gegend macht. Doch er kämpft nur für sich selbst, beseelt von dem Ziel seine Gegner zu vernichten, vernachlässigt er dabei seine Familie und umgibt sich mit falschen Freunden. Erst als er nachdrücklich zu spüren bekommt, zu was dies führen kann, bekommt er die Möglichkeit einen neuen Weg einzuschlagen. Doch dieser ist sehr beschwerlich…

    Wohin in dieser Weg schlussendlich führen wird, bekommt der Zuschauer gleich zu Beginn klar gemacht. In der ersten Szene, die im Jahr 1910 spielt, kommt es zu mehreren Kämpfen um die Ehre Chinas, welches sich immer stärker mit der westlichen Kolonisation konfrontiert sieht. Als Kämpfer für China tritt Huo Yuan Jia an, der in den ersten drei Disziplinen drei europäische Kämpfer (Jean-Claude Leuyer, Brandon Rhea, Anthony De Longis) besiegt, bevor es zu einem Kampf mit dem japanischen Meister Tanaka (Shido Nakamura) kommen soll. Diese Einleitung übernimmt gleich in zweierlei Hinsicht eine wichtige Funktion. Sie gibt dem Zuschauer schon einmal ein Vorgeschmack auf das Finale und wirkt so als „Spannungsanheizer“. Zugleich bekommt man in den ersten Minuten so viel Action geboten, dass einem der Mund offen stehen bleibt und man von nun an jeder weiteren Actionszene entgegenfiebert.

    Schließlich wurde auch kein geringerer als Yuen Woo-Ping als Regisseur für die Kampfszenen verpflichtet. Dieser war in gleicher Funktion schon an Matrix, sowie den beiden Sequels, als auch an Tiger und Dragon oder Kung Fu Hustle beteiligt. Des Weiteren war er Berater von Quentin Tarantino für die Actionszenen in dessen beiden „Kill Bill“-Filmen. Yuen Woo-Ping gilt nicht umsonst als bester seines Faches und stellt dieses hier mal wieder eindrucksvoll unter Beweis. Wenn vor allem Jet Li und auch einige seiner Gegner durch die Lüfte wirbeln, muss man als Fan einfach begeistert sein. Dabei erweist sich „Fearless“ als Rückeroberung der Genrekrone in sein Heimatland. In jüngerer Vergangenheit schien Thailand mit Ong-Bak sowie vor allem Revenge Of The Warrior - Tom Yum Goong die neue Martial-Arts-Hochburg zu werden, doch der Thron steht nun eindeutig wieder China zu. Dazu trägt bei, dass man sich von den thailändischen Erfolgen beeinflussen ließ, und nun auch zurück zum früheren, harten Martial-Arts kehrt. Poetisches Fliegen durch den Blätterwald a la Hero wird man hier vergeblich suchen. Stattdessen prallen Körper aufeinander, Knochen brechen, Blut spritzt.

    Jet Li darf dabei mal wieder beweisen, was er kann. Nach Hero ist dies nun seine zweite Produktion in jüngerer Vergangenheit, in welcher er wieder das zeigt, was ihn früher ausgezeichnet hat: beeindruckende Martial-Arts-Kämpfe in klassischen Geschichten. Da gelingt es Jet Li dann auch schauspielerisch zu überzeugen. Neben den schwachen Drehbüchern und den eher monotonen Kämpfen sind auch seine mäßigen schauspielerischen Leistungen bei US-Produktionen wie „The One“ oder „Born 2 Die“ ein Grund für das Scheitern dieser Filme gewesen. Von Monotonie der Kämpfe kann man hier zum Glück aber nie sprechen. Dafür sorgen immer neue Settings, immer andere Waffen, kompliziertere Stunts und sehr verschiedene Gegner. Neben westlichen Kampfsportexperten wie zum Beispiel dem siebenmaligen Kickboxweltmeister Jean-Claude Leuyer, dem Schwertlehrer (u.a. von Tom Cruise für Last Samurai) Anthony De Longis und vor allem Hüne Nathan Jones (Revenge Of The Warrior - Tom Yum Goong) darf sich der japanische „Kabuki“-Darsteller Shido Nakamura („Ping Pong“ „The Neighbor No. 13“) dem Helden in den Weg stellen.

    Eins der wenigen Mankos des Films darf an dieser Stelle allerdings nicht ungenannt bleiben. Teilweise wird leider auf CGI-Effekte zurückgegriffen. Dies fällt jedes Mal sofort auf, vor allem da die Effekte für eine Produktion dieser Größenordnung doch recht billig wirken. Zum Glück gibt es den Effekteinsatz nur vereinzelt zu beklagen, größtenteils hat man sich doch auf das Können von Darstellern, Stuntleuten und Choreograph Yuen Woo-Ping verlassen.

    Viel wurde im Vorfeld über Kürzungen geredet. Nach schwachen Kritiken bei ersten Testscreenings entschied sich Regisseur Ronny Yu für Kürzungen von rund vierzig Minuten, um das Tempo zu erhöhen. Darunter musste die komplette Rolle der bekannten Schauspielerin Michelle Yeoh (James Bond 007 - Der Morgen stirbt nie, Tiger und Dragon, Die Geisha) leiden, die sich nun überhaupt nicht mehr im Film wiederfindet. Auch ein Kampf mit dem thailändischen Boxer Somluck Kamsing (Bronze bei Olympia 1996 in Atlanta) fiel der Schere zum Opfer. Das Ergebnis gibt Yu einerseits Recht, denn als zu langsam kann man „Fearless“ nun sicher nicht mehr bezeichnen. Er nimmt zwar immer mal wieder Fahrt raus, aber beschleunigt im richtigen Moment auch wieder. Trotzdem hätte man sich an der ein oder anderen Stelle eine längere Charakterentwicklung gewünscht, vor allem der intrigierende japanische Geschäftsmann Mr. Hita (Masato Harada, Last Samurai) und die Metamorphose des Protagonisten bleiben hier zu blass. Ob dies eine Folge der Kürzungen ist, wird sich bei einer zu erwartenden Veröffentlichung des Extended Cuts auf DVD zeigen.

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