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    Shadowless Sword
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Shadowless Sword
    Von Deike Stagge

    Im Rahmen des Fantasy Filmfestes 2006 dürfen natürlich auch ein paar klassische asiatische Martial-Arts-Märchen nicht fehlen. Eins davon heißt „Shadowless Sword“ und feiert in Deutschland in diesem Jahr seine Weltpremiere. In den 104 Spielminuten bekommt der Zuschauer vom koreanischen Team vor allem eins geboten: satte Schwertaction.

    Selbstverständlich hat es dieser Film nicht so leicht, wenn er sich mit den Meilensteinen des Genres wie Tiger And Dragon, Hero oder auch House Of Flying Daggers und Wu Ji - Die Reiter der Winde messen lassen muss. Zumindest die beiden Erstgenannten brachten den deutschen Zuschauern eine hierzulande größtenteils unbekannte Kampf-Ästhetik, vor allem auch durch die fließenden Choreografien und die überlangen Flugbewegungen der Krieger, und konnten damit zu recht ordentlich punkten. Doch mittlerweile haben auch die Deutschen ein paar Filme dieser Machart gesehen und werden dem Martial-Arts-Kino gegenüber anspruchsvoller. Es reicht nicht mehr aus, dass die Schwerter schnell durchs Bild zischen und die Duellanten grazil durch die Lüfte schweben. Man hofft, doch ein paar frische und individuelle Ideen zu finden, die den aktuellen Titel von seiner Konkurrenz abheben. Leider verbirgt sich hierin auch direkt die Schwäche von „Shadowless Sword“: Der Film des Regisseurs Kim Young-jun, der zuvor nur den Film „Flying Warriors“ inszenierte, kann nicht wirklich mit einer deutlichen individuellen Note herausstellen. Stattdessen gibt es gut aufbereitete, bereits bekannte Rezepte in Sachen Story und Kampfchoreografie - erstaunlich ist hierbei nur, dass sich Young-jun in Feinheiten wohl auch an westlichen Filmvorlagen zu unterliegen scheint. So wirkt die große Ansprache im Epilog wie direkt aus dem Freiheitsepos Braveheart übernommen und auch die Inszenierung des Running Gags orientiert sich an westlichen Erzählmustern. Demgegenüber tritt die Bedeutung der poetischen Botschaft hinter das schnelle Katz-und-Maus-Spiel der Geschichte zurück und entfernt sich ein Stück weit von der besonnenen asiatischen Dramaturgie.

    Im Korea des Jahres 927 sind die Machtverhältnisse ins Wanken geraten. Die gnadenlose Armee des Reiches Georan hat die Nachbarprovinz Balhae überfallen und besetzt. Die gesamte Königsfamilie Balhaes mitsamt den potentiellen Thronfolgern ist den Attentätern der Killing-Blade-Armee zum Opfer gefallen. Nur ein einziger, ins Exil geschickter Prinz hat die Mordserie überstanden. Die besonnene Schwertmeisterin Yeon Soha (So-i Yun) wird ausgeschickt, den jungen Prinzen zurückzuholen, damit er das Volk im Kampf vereint. Doch der gerissene Prinz Jeong-hyeon (Seo-jin Lee) ist eher ein charmanter Halunke vom Schlag eines Han Solo, der knietief in halblegalen Machenschaften steckt und zunächst zu sehr mit seinem eigenen Fortkommen beschäftigt ist, um sich für sein Volk aufzuopfern. Als die Killing-Blades unter der Führung der schönen und absolut tödlichen Mae (Ki-yong Lee) ihn aufspüren und offen angreifen, besinnt er sich aber zumindest darauf, mit der tapferen Yeon Soha zu fliehen.

    Auf der Flucht lernt der nach dem platten 08/15-Muster geformte Antiheld, seine selbstlose und hundertprozentig ehrenhafte Beschützerin zu schätzen, die sich nicht mal durch seine egoistischen Selbstkasteiungen von der Überzeugung abbringen lässt, dass er genau der richtige Mann für den Balhaeischen Thron ist und sein Volk zur Freiheit führen wird. Als sich der Meisterkämpfer der Georanischen Streitkräfte, der hinterhältige Kun (Hyeong-jun Shin), an die Fersen des ungleichen Duos heftet, wird es Zeit, dass auch Prinz Jeong-hyeon sein Können mit dem Schwert unter Beweis stellt.

    Vor allem die grandiosen weiblichen Protagonistinnen machen „Shadowless Sword“ zu einem interessanten Film. In den ersten 45 Minuten wird das Leinwandgeschehen ausschließlich von Yeon und ihrer Gegenspielerin Mae gelenkt, während sich der gute Prinz nur von Szene zu Szene mitschleifen lässt, ohne irgendwie kampfbetont in Aktion zu treten. Dafür machen die Damen ordentlich Wind. Newcomerin Ki-yong Lee überzeugt als Antagonistin und Kampfmaschine Mae durch ihre fast mimikfreie Interpretation der Rolle, die sich aufs Wesentliche konzentriert: den wilden, zum Teil richtig aggressiven Kampfstil und die bedingungslose Loyalität zu ihrem Mentor Kun. Über solch eine adrenalinsüchtige Leinwandamazone kann sich der Zuschauer nur freuen. Dem gegenüber nimmt So-i Yun als Yeon Soha das Publikum sofort mit ihrer stoischen Gelassenheit, dem stets freundlichen Gesichtsausdruck und ihren ausdrucksstarken Augen für sich ein. Sie verkörpert den absoluten Gutmenschen mit vollständigem inneren Gleichgewicht und der Ruhe, selbst für die Seelen der getöteten Gegner zu beten. Nie wird sie den Attentätern oder dem aufmüpfigen Prinzen, der sie mehr als nur einmal in Schwierigkeiten bringt, aggressiv gegenüber - und wirkt dennoch ungemein plastisch und menschlich. Natürlich kommt es zwischen ihr und Jeong-hyeon nicht nur zu Reibereien, sondern auch zu einer gewissen Nähe. Schließlich hilft sie dem Prinzen bei der Flucht unter Wasser sogar mit ein bisschen Sauerstoff aus ihrem Mund aus - alles im Dienst der Sache versteht sich. Und so finden sich auch in der Lovestory Elemente des Hollywoodkinos wieder: Gerade der Unterwasser-Austausch von Atemluft verhalf bereits Angelina Jolies Figur Lara Croft in „Tomb Raider“ zum ersten „ungewollten“ Leinwandkuss.

    Die Spannung zwischen den beiden Figuren und das gewisse Augenzwinkern können leider ihren Charme nicht vollständig ausspielen, weil das Drehbuch einfach viel zu kalkulierbar ist. Überraschungen sucht der Filmfan hier vergebens. Getaucht in eine ordentliche Portion Kitsch und Klischee, in dem die Folgen des Krieges mal eben am Rande im Vorbeifahren gezeigt werden, sind alle Entwicklungen mit dem ersten Hinweis offensichtlich. Dieses Manko wird teilweise durch die Schauspieler aufgefangen und teilweise von der ausgezeichneten Kamera und der opulenten Ausstattung überdeckt. Gerade die Sets müssen sich nicht hinter Filmen wie „Hero“ verstecken. Die Schwertkämpfe sind nach dem bewährten schnellen Muster geschnitten und auch die am Standard von „Tiger And Dragon“ gemessene Anzahl der Flugstunden der Kombattanten bleibt erhalten. Neu ist, dass auch einige Splatter- und Knochenbrechelemente zum Tragen kommen - zwar noch in einer gemäßigten Form, aber hier bemüht sich Kim Young-jun zumindest um neue Spielvarianten für das Martial-Arts-Kino, die sich gerade in Europa sicher großem Zuspruchs erfreuen dürften.

    Auch wenn „Shadowless Sword“ nicht allen gewachsenen Ansprüchen gerecht wird, bietet der Film mit seiner Vielzahl an unterschiedlich inszenierten Kämpfen und seinen wundervoll charakterisierten Leading Ladies reichlich Stoff für einen unterhaltsamen Abend.

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