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    D.O.A. - Bei Ankunft Mord
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    D.O.A. - Bei Ankunft Mord
    Von René Malgo

    1988 gelang dem Regiepaar Annabel Jankel und Rocky Morton ein packender Neo-Noir-Thriller mit einem überragenden Dennis Quaid in der Hauptrolle. „D.O.A. – Bei Ankunft Mord“ ist das Remake des gleichnamigen Film Noir von Rudolph Maté aus dem Jahre 1950.

    Ein Mann (Dennis Quaid) kommt in die Polizeistation. Er sieht nicht gut aus. Er zeigt eine Ermordung an; die Ermordung des Professor Dexter Cornell. Er selbst ist Cornell. Dexter wurde vergiftet und hat nicht mehr lange zu leben. Für die Polizei rekapituliert er die ereignisreichen letzten 38 Stunden seines Lebens. In dieser Zeit hat es noch einige Morde mehr gegeben. Cornell klärt auf…

    Soviel zum Inhalt. Wie so oft bei kriminalistischen Thrillern ist es auch in diesem Falle ratsam, möglichst wenig von der Handlung zu wissen. Als Huldigung der klassischen Vorbilder beginnt der Film in atmosphärischen Schwarz-Weiß-Bildern und endet auch in selbigen. Das, was Dexter Cornell erzählt, zeigt der Film in Farbe. Seine Erzählung ist die eigentliche und gezeigte Geschichte. Er selbst ist nach einigen Leichen auf die Lösung des Falls gekommen und gedenkt sie nunmehr der Polizei mitzuteilen, bevor er endgültig den Lebenslöffel abgibt.

    Allzu viele Filme haben Annabel Jankel und Rocky Morton nicht auf dem Kerbholz. Nach „D.O.A. – Bei Ankunft Mord“ fielen sie negativ mit der Videospielverfilmung „Super Mario Bros.“ auf. Dieser Ausflug ins Gefilde des Trashkinos hat dem Regiepaar nicht gut getan. Sie tauchten in der Versenkung unter. Dabei schien einer schönen Hollywood-Karriere nach dem gelungenen Kinoerstling „D.O.A.“ nichts im Wege zu stehen. Zuvor zeichneten sie für die britische TV-Serie „The Max Headroom Show“ verantwortlich.

    Atmosphäre ist in „D.O.A.“ alles. Es ist schwül und heiß in den Südstaaten. Die Menschen schwitzen, Ventilatoren laufen auf Hochtouren. Mittendrin der sterbende Dennis Quaid, der einen kühlen Kopf zu bewahren hat. Um ihn herum geschehen seltsame Dinge. Die Geschichte ist nicht so verworren, wie die der Noir-Vorbilder, aber undurchsichtig genug, um den Zuschauer bis zuletzt mitfiebern zu lassen. In Punkto Atmosphäre muss sich „D.O.A.“ vor den großen Kriminalfilmvertretern der Film-Noir-Epoche nicht verstecken. „D.O.A.“ erinnert auch an einen anderen 80er-Jahre-Klassiker. Nicht ohne Grund. Es ist die grandiose, allgemein unterschätzte Thriller-Romanze The Big Easy, auch mit dem exzellenten Dennis Quaid in der Hauptrolle. Genauso unterbewertet bzw. mittlerweile in Vergessenheit geraten ist eben desgleichen „D.O.A.“

    Die Geschichte ist zwar leicht zu verfolgen, wird aber mysteriös erzählt. Ganz so überraschend kommt der Schlusstwist für erfahrene Cineasten nicht daher. Wer die Gesetzmäßigkeiten des Genres kennt, kommt schnell auf den Hauptverdächtigen. Jene Genre-Regeln werden an dieser Stelle nicht erläutert. Es soll auch Leute geben, die sie noch nicht kennen. Das Motiv des Haupt(un)verdächtigen lässt sich dagegen – trotz geschickt eingestreuter Hinweise – nicht so leicht erraten. Sie macht jedoch Sinn und gibt dem Thriller, der zuerst stark nach Verschwörung riecht, einen sehr realistischen Anstrich. Darüber hinaus bestätigt sich der Film durch die finale Auflösung auch noch einmal als bemerkenswerte Tragödie über das Leben und Menschsein.

    Professor Dexter Cornell ist eigentlich schon tot – noch bevor er ermordet wird. Der Charmeur lebt in den Tag hinein – und wieder raus – ohne sein Leben bewusst zu leben. Das ändert sich, als sich sein sicherer Tod ankündigt. Im Sterben beginnt er aufzuleben und nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu den Menschen in seiner Umwelt zu finden. Am Ende ist er um einige Selbsterkenntnisse reicher; den Selbstfindungstrip bezahlt der gute Mann aber mit dem Leben. „D.O.A.“ ist irgendetwas zwischen Kriminalthriller, Selbstfindungsdrama und Liebesgeschichte.

    Studentin Sydney Fuller (Meg Ryan) himmelt ihren Professor an. Etwas gegen ihren Willen wird sie in die Geschichte mit hineingezogen. Zwischen ihr und Cornell entwickelt sich eine zur Kurzlebigkeit verdammte Liebesbeziehung. Diese hätte Cornell zwar lieber wieder mit seiner Frau (Jane Kaczmarek) aufflammen lassen, doch auch sie wurde das Opfer des mysteriösen Killers, der es offensichtlich auf Cornell abgesehen hat. Meg Ryan zeigt eine gute Leistung, noch bevor sie dank Harry und Sally zur RomCom-Queen wurde. Da wir hier über Neo-Noir reden, darf eine Femme Fatale nicht fehlen. Da dieser Part kaum einer naiven Studentin zugemutet werden kann, darf Charlotte Rampling (Swimming Pool, Die Hausschlüssel) diese als die undurchsichtige Mrs. Fitzwaring erfüllen. Um eventuelle Überraschungen nicht vorweg zu nehmen, soll ihre spezifische Rolle auch nicht näher erläutert werden.

    Hollywood hat uns gelehrt, an Weihnachten passieren immer wieder ganz besonders böse Sachen. Erst recht im Neo-Noir (L.A. Confidential). Es ist Weihnachten in „D.O.A.“. Weihnachten und Hitzewelle. Film Noir und 80er-Kino. Diese scheinbar offensichtlichen Gegensätze vereint der Film kongenial. Im Süden der USA schneit es nun mal nicht und so muss Dennis Quaid nicht suchend durch den Schnee waten, sondern sich durch eine Hitzewelle kämpfen. Kameraführung und zwielichtige Charaktere sind deutlich den Paradevertretern der Schwarzen Serie Hollywoods entnommen. Dennis Quaid ist kein Hardboiled-Detektiv, führt sich aber wie einer auf. Er füllt seine Rolle im Übrigen bestens aus. Die mal rockige, mal besinnlich-melancholische Musikuntermalung von Chaz Jankel indes lässt klar und deutlich hören, aus welcher Epoche der Thriller stammt. Auch das Tempo und die Härte einzelner Szenen machen dies deutlich. Die Mischung geht auf. „D.O.A.“ wirkt originell und unterhält perfekt.

    Schauwerte, Kulissen, Schauspieler und Geschichte überzeugen. „D.O.A.“ gehört zu den starken Vertretern des Thriller-Genres und ist definitiv eine Sichtung wert. Thriller-Freunde jeglicher Couleur werden ihre Freude am Film haben. Garantiert!

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