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    Die geheimnisvolle Minusch
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die geheimnisvolle Minusch
    Von David Bergmann

    „Die geheimnisvolle Minusch“ ist eine wunderschön erzählte Geschichte über Freundschaft und das „anders“ sein. Von Grund auf liebevoll gestaltet und stringent erzählt, ein nahezu perfekter Kinderfilm mit Witz, Spannung und ein bisschen Romantik.

    Die Chefredakteurin von Nachwuchsjournalist Tibbe (Theo Maassen) ist alles andere als begeistert von seiner Arbeit; ständig liefert er nur mäßig interessanten Klatsch und Tratsch, doch nie echte Stories. Hat sie am nächsten Tag nicht einen wirklich guten Artikel von ihm auf dem Schreibtisch, wird sie ihn feuern. Tibbe aber ist viel zu schüchtern, als dass er sich an Interviews mit der städtischen Prominenz heranwagen würde. Doch dann hat er Glück: Auf dem Heimweg begegnet er Minusch (Carice van Houten), einer jungen Frau, die angesichts eines Hundes auf einen Baum geflüchtet ist. Die gutgläubige Minusch erzählt Tibbe, sie sei eine Katze, die auf irgendeine Art und Weise zum Menschen geworden sei. Tibbe glaubt ihr kein Wort, wird aber hellhörig, als sie ihm im Austausch gegen einen Schlafplatz und etwas Essbares Informationen über Geschehnisse in der Stadt anbietet. Und tatsächlich: Nacht für Nacht klettert Minusch über die Dächer von Killendoorn und erfährt von den örtlichen Hauskatzen stets die heißesten Neuigkeiten; Tibbe steigt zum Starreporter auf. Heikel wird es, als die Katzen herausfinden, dass der Besitzer der örtlichen Deodorantfabrik und Wohltäter der Stadt, Herr Ellemeet (Pierre Bokma), nicht nur den Bürgermeister besticht, sondern mit allen Mitteln sein Fabrikgelände erweitern will. Ohne Beweise kann Tibbe darüber nicht berichten und weigert sich, auf Grund von Aussagen der örtlichen Katzen einen Artikel zu schreiben. Minusch ist enttäuscht und droht Tibbe, ihn zu verlassen; also setzt er alles in Bewegung ...

    Die im Alter von 84 Jahren verstorbene holländische Kinderbuchautorin Annie M.G. Schmidt gilt in den Niederlanden als die nationale Astrid Lindgren und landete mit ihren Büchern stets in den Bestsellerlisten. Durch die enge Freundschaft zu Burny Bos kamen bereits einige Verfilmungen zustande, die über die Grenzen Hollands hinaus jedoch nie bekannt wurden. Mit „Die geheimnisvolle Minusch“ tritt jetzt dank Warner der erste Film den Weg in die weite Welt an und nimmt es spielend mit der Konkurrenz auf.

    „Die geheimnisvolle Minusch“ erzählt die Geschichte einer Katze, die eines Abends aus einem seltsamen Fass trinkt und am nächsten Morgen als Mensch aufwacht, ihre Katzengewohnheiten jedoch nicht abgelegt hat; sie frisst gerne Mäuse, liebt Fisch und klettert beim Anblick eines Hundes sofort auf den nächstbesten Baum. Eine Figur, die sich mit einer neuen Umgebung konfrontiert sieht und Schwierigkeiten hat, sich in dieser zurechtzufinden. Eine Figur, mit der sich Kinder spielend identifizieren können. Ähnlich einfach, aber doch genial sind auch die anderen Charaktere des Films gestrickt, derer es nur ein knappes halbes Dutzend bedarf. Sei es nun der stets gutgelaunte Fischverkäufer, der sympathische, aber erfolglose Tibbe, die zwei Klatschtanten von nebenan oder der grundlegend unsympathische Industrielle Ellemeet ... sie alle sind schnell einzuordnen und der Film kann seine Geschichte erzählen. Das tut er mit den wunderschönen Bildern einer ganz normalen Kleinstadt und ihrem direkten Gegensatz: einem hässlichen Betonklotz von Deodorantfabrik. Hier wird an den klar umrissenen Kanten bereits deutlich, dass sich der Film ohne Umschweife direkt an ein junges Publikum wendet und die Klientel der Erwachsenen außen vor lässt. „Die geheimnisvolle Minusch“ ist ein Film, bei dem Eltern gerne im Foyer warten dürfen, denn Anspielungen oder spitze Seitenhiebe wie beispielsweise in vielen Disney-Produktionen finden sich kaum und gerade das macht den Film für Kinder umso sehenswerter.

    Ebenso, wie das begrenzte Budget den Film vielleicht umso sehenswerter werden ließ. Die klare Hauptrolle spielen nämlich nicht etwa die Menschen, sondern die Katzen; untereinander sprechende Katzen. Jetzt mag manch einer bereits die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, weil er eine ganze Armee von computeranimierten Vierbeinern über die Leinwand springen sieht, doch dem ist zum Glück nicht so. Anstatt in der Manie von Retorten-Maus „Stuart Little“ die tierischen Protagonisten aus Drahtgittermodellen zusammenzuflicken, handelt es sich durchweg um echte Katzen, die mit viel Geduld in Szene gesetzt wurden. Lediglich bei der Animation der Mundbewegungen fand der Computer Verwendung, aber derart schlicht, dass die sprechenden Fellknäuel wirklich „natürlich“ wirken und man ein ums andere Mal versucht ist, die sprechenden Katzen als real hinzunehmen. Das liegt neben der technischen Seite nicht zuletzt an der gelungenen Personifizierung der Katzen. Jede hat einen eigenen Charakter; selbstverständlich mit menschlichen Eigenschaften gestaltet. Vom Aufreißer bis zum Angsthasen ist alles dabei.

    Zusammen mit diesen Charakterköpfen mischt nun die menschgewordene Minusch das Stadtleben auf und will dem fiesen Industriellen das Handwerk legen. Dabei ist es selbstverständlich, dass sie später die Gelegenheit bekommt, wieder Katze zu werden und hier in einen Konflikt gerät. Da wundert sich niemand, wenn Minusch und Tibbe zusammen ihre Schüchternheit bekämpfen und sich stetig etwas näherkommen. Für Kinder ist diese Form des Kitsches genau die richtige Basis für gute Unterhaltung und mehr zählt bei einem Kinderfilm schließlich nicht.

    [www.the-x-perience.de]

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