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    Der Marshal
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Der Marshal
    Von Martin Soyka

    Wenn die Rede vom Duke ist, von seinen vielen Filmen und Rollen, kommt man über kurz oder lang an dem Western „Der Marshal“ nicht vorbei. Denn mit seiner Paraderolle als Rooster Cogburn zeigt sich John Wayne nicht nur von seiner besten Seite, sondern persifliert gleichzeitig sein Image. Der gerechte und längst überfällige Ruhm hierfür: Waynes erster und einziger Oscar als bester männlicher Hauptdarsteller.

    Die halbwüchsige Mattie Ross (Kim Darby) kann in Fort Smith nur noch die Leiche ihres Vaters identifizieren. Dieser war vom Banditen Tom Chaney (Jeff Corey) ermordet worden. Obwohl Mattie auf Strafverfolgung und Gerechtigkeit (und nicht etwa Rache, wie man es von einem Mädchen in ihrem Alter erwarten würde) pocht, haben die Behörden Besseres zu tun, als dem Outlaw und seiner Bande nachzujagen. Also greift der resolute Teenager zur Selbsthilfe. Für 100 Dollar engagiert sie den abgewrackten Marshal Reuben J. „Rooster“ Cogburn (Wayne), um Chaney habhaft zu werden. Halb besoffen und halb belustigt ist der schon drauf und dran, die freche Göre wieder vor die Tür zu setzen, gibt ihrem Ansinnen aber dann trotzdem nach. Einäugig, schmerbäuchig und arthritisch setzt sich das Urgestein noch mal in Bewegung und in den Sattel. Ihnen schließt sich der junge Texas-Ranger LeBeouf (Glen Campbell) an, ein geldgeiler Angeber, der dem Marshal (und dem Zuschauer) bald gehörig auf die Nerven geht. Und tatsächlich: Man holt den Fiesling und seine Bande ein. Doch die haben längst gemerkt, dass man ihnen folgt. Und greifen zu Gegenmaßnahmen…

    Von diesem Film bleibt einem so manches in Erinnerung. Da ist zunächst die eigentliche Hauptperson, Mattie, die der Romanvorlage sogar den Titel gegeben hat. Sie nervt Rooster (und in der unschönen deutschen Synchronisation auch den Zuschauer), ist aber erwachsener als die meisten anderen, die uns der Film zeigt, allen voran ihr totales Gegenstück: Rooster Cogburn, ein Mann der schon alles beleidigt, erschossen oder leer gesoffen hat, was bei drei nicht auf dem Baum war. Dieser Mann ist die Unvernunft in Person, schon den Auftrag von der besserwisserischen Mattie anzunehmen, statt ihr den Hintern zu versohlen, zeugt davon. Die übrigen Mitwirkenden bilden zwar ein stimmiges Ganzes, aber die Beziehung zwischen Mattie und Rooster bildet das Zentrum des Films. Da mögen Größen wie Dennis Hopper oder Robert Duvall dabei sein, schauspielerisch viel ausrichten können sie gegen den Titan Wayne nicht. Der dreht nämlich trotz seines fortgeschrittenen Alters noch mal richtig auf. Er übertreibt die Rolle des alten Haudegens so wunderbar, dass er sich damit selbst auf die Schippe nimmt. Wie ein alter Seebär im Wilden Westen wirkt der Mann.

    Und der lässt uns am Ende auch nicht hängen. Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Verdammt. Da heißt es, die Zügel zwischen die Zähne zu klemmen, die Schießeisen in die Hand zu nehmen und allein einen Frontalangriff gegen eine ganze Bande von Drecksäcken zu reiten. Und die beißen dann auch herzhaft ins Gras. Das Ganze wird dann noch dadurch getoppt, dass Mattie zwischenzeitlich in eine Schlangengrube gefallen ist. Auch das muss noch ausgestanden werden. Aber keine Sorge, Rooster Cogburn mag sein Pferd verlieren, bleibt aber dennoch Herr der Lage.

    Regisseur Henry Hathaway ist im besten Sinne des Wortes ein Routinier und lässt John Wayne die lange Leine. Fotografischen oder inszenatorischen Heckmeck gibt es nicht, wir sehen schließlich einen Film mit dem Duke. Und der bedankt sich mit einer oscarwürdigen Performance. Der Film mag insgesamt kein Meisterwerk wie „Red River“ oder Der Schwarze Falke sein, zeigt aber, dass gute Hauptrollen nicht unbedingt eine Frage des Alters sind. Es müssen eben nicht immer die jungen Recken sein, die die Welt retten. Nicht weniger reizvoll ist es, Leute mit Alter, Erfahrung und Ecken bei dem zu sehen, was sie am Besten können. Und wir sind gerade wieder dabei, genau dies zu entdecken. Oder hat nicht gerade ein gewisser Sylvester Stallone in Rocky Balboa wieder ordentlich ausgeteilt und eingesteckt? Oder vermeidet es Bruce Willis demnächst nicht in Stirb langsam 4.0, dem Titel alle Ehre zu machen? Genau. John Wayne beließ es schließlich auch nicht bei dem einen Mal, sondern wiederholte seine Rolle in „Mit Dynamit und frommen Sprüchen“. Und Augenklappe.

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