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    Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin
    Von Carsten Baumgardt

    Wenn es nach Regisseur Ernst Marischka und gegangen wäre, hätten noch weitere „Sissi“-Filme folgen sollen, doch Hauptdarstellerin Romy Schneider hatte die Nase gestrichen voll von ihrem festzementierten Image und lehnte trotz eines unschlagbaren Gagenangebots von einer Million Mark ab. Mit „Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin“ beendete Schneider das Kapitel Sissi in Würde. Der dritte Teil kann nicht ganz die überragenden Charmewerte der ersten beiden Filme erreichen, überzeugt aber immer noch als prachtvolles Historien-Liebesmelodram.

    Sissi (Romy Schneider) verbringt nach der Krönung zur Königin von Ungarn viel Zeit in dem Land, das sie so sehr liebt. In Gödöllö weicht Graf Andrassy (Walter Reyer) ihr nicht von der Seite und arrangiert ein Treffen mit einigen kaiserfeindlichen Abtrünnigen um den einflussreichen Grafen Batthyani (Peter Neusser). Sissi wickelt auch sie mit ihrem Charme ein und schafft die Voraussetzung für eine Versöhnung. Unterdessen hat sich Andrassy unsterblich in die lebenslustige Kaiserin verliebt. Als er ihr dies gesteht, geht sie auf Abstand und kehrt an den Hof in Wien zurück. Kaiser Franz Joseph (Karlheinz Böhm) wird durch sein Amt in Österreich festgehalten. Derweil verbreitet seine Mutter, die Erzherzogin Sophie (Vilma Degischer), das Gerücht, dass Sissi eine Affäre mit Andrassy hat. Nach ihrer Rückkehr erkrankt Sissi schwer an Tuberkulose. Die Ärzte glauben nicht, dass sie den Winter überstehen wird und schicken sie zur Kurierung nach Madeira – ohne ihre geliebte Tochter Sophie, die wegen der Ansteckungsgefahr in Wien bleiben muss. Sissi steht unter der Aufsicht von Gräfin Bellgarde (Senta Wengraf) und Oberst Böckl (Josef Meinrad), leidet aber bald an Depressionen.

    Nur wiederwillig drehte Romy Schneider überhaupt Teil 2 und 3. Ihrer schauspielerischen Leistung ist diese Lustlosigkeit in „Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin“ jedoch nicht anzumerken. Auch im Abschluss der Trilogie bestimmt die in Berchtesgaden aufgewachsene gebürtige Wienerin den Rhythmus des Films. Alles dreht sich um Sissi, die sich zu einer selbstbewussten jungen Frau entwickelt hat, aber trotzdem noch diesen unwiderstehlichen Charme besitzt, der der österreichischen Außenpolitik mehr genutzt hat, als alle Armeen des Landes. Durch Schneiders Präsenz rückt selbst ihr kongenialer Partner Karlheinz Böhm etwas in den Hintergrund. Das Stammpersonal ist konstant geblieben, alle wichtigen Figuren bleiben der Geschichte treu. Der sympathische Walter Reyer rückt als Graf Andrassy zunächst in den Mittelpunkt der Handlung und sorgt mit seiner Verehrung der Kaiserin für den dramatischen Zündstoff. Josef Meinrads Part als Sissis Leibwächter Oberst Böckl wird noch weiter ausgebaut und wieder für kleine komische Einlagen benutzt. Vilma Degischer spielt erneut hervorragend die Rolle der herzlosen Intrigantin, die etwa beim Überbringen der Nachricht, dass Sissi todkrank sei, ihrem Sohn aufträgt, sich schon einmal Gedanken über eine neue Frau zu machen.

    „Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin“ kann das Niveau von Sissi nicht ganz halten und reicht auch nicht an den besten Teil der Trilogie, Sissi - Die junge Kaiserin, heran. Die Erfolgszutaten haben sich jedoch nicht wesentlich geändert: sympathische Schauspieler, eine prachtvolle Optik und die offene Zelebrierung des Prunks. Die Mischung aus Heimatfilm, Melodram und Liebesmärchen funktioniert immer noch. Historisch orientiert sich der Film an den Fakten, auch wenn diese romantisiert und geglättet sind. Die Werke werden immer erwachsener, der erste Teil war im Ton noch deutlich märchenhafter angelegt, als seine Nachfolger. Für den geplanten vierten Film hätte sich dies noch weiter verschieben sollen, Regisseur und Autor Marischka plante ein Eifersuchtsszenario zwischen Sissi und der französischen Kaiserin Eugènie.

    Die damalige Kritik war - kaum überraschend - wenig begeistert von der „Sissi“-Manie, die beginnend mit der Kinoveröffentlichung jetzt durch das Fernsehen am Leben gehalten wird. Die „Sissi“-Schinken sind die meistgespielten deutschsprachigen Filme im TV. Seit 1967 werden die Schmachtfetzen jedes Jahr zu Weihnachten ausgestrahlt. Als „Edelkitsch für schlichte Gemüter“ („Lexikon des internationalen Films“) oder „Fürstlicher Seelenkitsch“ und „Kaiserschmarrn“ (Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz – „Lexikon für Filme und Fernsehen“) verspottet, haben die Werke trotzdem sämtliche Anfeindungen schadlos überstanden. Bezeichnend: Der filmische Versuch, den Mythos Sissi zu entzaubern, scheiterte mehrfach kläglich – zuletzt erlebte „Sissi und der Kaiserkuss“ 1991 (mit Wichart von Roëll und Sonja Kirchberger) ein Debakel an der Kinokasse. Natürlich ist und bleibt „Sissi“ Edelkitsch, gar keine Frage. Aber mag Ernst Marischkas Vorgehen auch durchschaubar und simpel sein, so hat er doch eines erreicht, was nur wenigen Filmen gelingt: Er erreicht das Herz seiner Millionen von Fans. Das wird sich so schnell nicht ändern. „Sissi“ gehört einfach zum Fest dazu und solange es Weihnachten gibt, wird die Trilogie ebenso selbstverständlich gespielt werden, wie „Dinner For One“ zu Silvester...

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