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    21 Jump Street
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    21 Jump Street
    Von Björn Becher

    Am dritten Märzwochenende 2012 setzte sich sowohl in Deutschland mit „Türkisch für Anfänger" als auch in den USA mit „21 Jump Street" jeweils eine Komödie, die auf einer TV-Serie beruht, mit überraschend starken Besucherzahlen an die Spitze der Kinocharts. Doch beide Fälle sind höchst unterschiedlich. Während „Türkisch für Anfänger" im Fernsehen kaum Zuschauer hatte, sich aber dank vieler Auszeichnungen den Ruf als eine der besten deutschen TV-Serien erarbeitete, war „21 Jump Street" in den Achtzigern ein Publikumserfolg, ist aber heute zu Recht nur noch berühmt, weil Superstar Johnny Depp damit der Durchbruch gelang. Inhaltlich ist die Krimi-Serie dagegen ziemlich mau. Aber etwas haben die beiden Serien-Adaptionen dann doch gemeinsam: Die Macher kümmern sich wenig um die Vorgeschichte und erzählen die Story ganz neu, dabei nehmen sie sich selbst nicht allzu ernst und überzeugen mit Qualität. So gelingt den Animationsfilmern Phil Lord und Chris Miller („Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen") mit der Action-Komödie „21 Jump Street" ein starkes Realfilm-Debüt, das nur unter kleineren Längen und einem zu schwachen Bösewicht zu leiden hat.

    In der Highschool waren Jenko (Channing Tatum) und Schmidt (Jonah Hill) alles andere als Freunde. Während Jenko es genoss, von den Mädchen umschwärmt zu werden, war Nerd und Möchtegern-Eminem Schmidt nur das Gespött seiner Mitschüler. Sieben Jahre später treffen sich beide an der Polizeischule wieder, wo sie sich anfreunden und gegenseitig durch die Ausbildung helfen. Nach ihrem Abschluss gehen sie gemeinsam auf Fahrradstreife. Nach einer verpatzten Festnahme werden sie wegen ihres jugendlichen Aussehens zu einer neuen Spezialeinheit strafversetzt, die undercover Kriminalität unter Teenagern bekämpft. Getarnt als Schüler sollen sie einer neumodischen Droge, die bislang nur an einer Highschool im Umlauf ist, auf die Spur kommen. Jenko soll sich unter die beliebten Kids mischen und Schmidt das Chemie-Labor infiltrieren, aber durch eine Verwechslung müssen die beiden die Rollen tauschen, um nicht aufzufliegen. Während Schmidt bald zur coolen Clique um die schöne Molly (Brie Larson) und deren Freund Eric (Dave Franco) gehört, muss Jenko sich in der Welt der Nerds zurechtfinden. Mit Eric ist der Dealer an der Schule schnell ausfindig gemacht, aber dem mysteriösen Hersteller der Designerdroge kommen die Nachwuchs-Cops sehr zum Leidwesen ihres cholerischen Bosses Dickson (Ice Cube) zunächst keinen Schritt näher...

    Wie bringt man eine Achtziger-Jahre-Serie ins Kino, die nicht wirklich gut ist, aber die irgendwie doch der Hauch eines Kults umweht? Mit möglichst wenig Respekt ist die Antwort, die Drehbuchautor Michael Bacall („Project X", „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt (Scott Pilgrim vs. the World)") und Hauptdarsteller Jonah Hill, die die Story gemeinsam entwickelt haben, liefern. So ist der Kinofilm keine Neuauflage der Serie, sondern ihre Parodie, das Vorbild wird ordentlich durch den Kakao gezogen. Wenn „Parks And Recreation"-Star Nick Offerman Janko und Schmidt über ihren neuen Undercover-Einsatz informiert, weist er darauf hin, dass man aus mangelndem Ideenreichtum nun irgendsoeinen Scheiß aus den Achtzigern wiederbelebt habe, den er dann – ein weiterer schöner Inside-Joke – als „37 Jump Street"-Programm bezeichnet. Und Chris Parnell („30 Rock") kündigt als Theater-Lehrer das Ende des zweiten Aktes just zu dem Zeitpunkt an, als auch der zweite Akt des Films seinen Abschluss findet. Diese Selbstironie findet ihren Höhepunkt im grandiosen Cameo-Auftritt von Johnny Depp an der Seite seines alten Serienkollegen Peter DeLuise. Obwohl Depps Mitwirken früh bekannt und auch zur Werbung genutzt wurde, kommt der Auftritt richtig überraschend und unerwartet. Von Depps Seite gab es eine Bedingung für sein Mitwirken, die hier nicht verraten werden soll, die sich aber als Glücksfall erweist. Denn dadurch wird noch einmal deutlich, dass der „alte Scheiß" endgültig vorbei ist, und es jetzt ein neues, besseres und spaßigeres „21 Jump Street" gibt.

    Über weite Strecken des Films stimmen vor allem Timing und Tempo. Besonders die Eröffnung ist hochklassig. Statt einer ewig langen Einführung der Figuren gelingt es dem Regieduo Lord/Miller in zehn Minuten das komplette Setting zu etablieren. Die schon bald innige Freundschaft zwischen den gegensätzlichen Figuren von Hill und Tatum braucht nur ein einziges kurzes „Wanna be friends?", um zu starten. Glaubwürdig ist sie trotzdem, was auch an dem blendend aufgelegten Hauptdarstellerduo liegt. Vom oscarnominierten Jonah Hill („Die Kunst zu gewinnen - Moneyball") war das durchaus zu erwarten, denn als treibender Kraft hinter dem Projekt wurde ihm die Rolle auf den Leib geschrieben. Die Überraschung ist aber Channing Tatum („G.I. Joe", „Für immer Liebe"), der sich gehörig selbst auf die Schippe nimmt und teilweise so uncool ist wie nie zuvor. Denn wie in den Komödien aus der Schmiede von Erfolgsproduzent Judd Apatow („Superbad", „Beim ersten Mal") wird wunderbar mit den Rollenklischees an Schulen gespielt. Jenko muss bitter erfahren, dass sich in nur fünf Jahren alles verändert hat: Sich für die Umwelt zu engagieren, Toleranz und Comics sind nun plötzlich cool und so wird Schmidt beliebt und er zum Außenseiter. Im Mittelteil wird dieser Aspekt dann etwas zu stark ausgereizt, so dass einige Längen entstehen, aber langweilig wird die Action-Komödie nie.

    Obwohl „21 Jump Street" eine Parodie ist, wird auch den Action-Fans etwas geboten. Die Genre-Mischung erinnert dabei an das britische Action-Komödien-Meisterwerk „Hot Fuzz", auch wenn die Klasse des Films von Edgar Wright nicht erreicht wird. Höhepunkt ist eine irre Auto- und Motorradverfolgungsjagd, in deren Verlauf mehrere Lastwagen mit Kugeln durchlöchert werden und umkippen. Doch obwohl einer der Lastwagen sogar in großen Buchstaben „Öl und Benzin" als Ladung ausweist, bleibt die von den Figuren und dem Publikum jedes Mal erwartete Explosion aus ... bis ein recht unscheinbar wirkender Kleintransporter mit ein paar Hühnern den Weg der Chaos-Cops kreuzt. Auch die finale Schießerei im Umfeld des Schulabschlussballs überzeugt mit irrwitzigen Einfällen, die darin gipfeln, dass der Bösewicht mit seinem eigenen Penis im eigenen Mund endet. Schade ist nur, dass der bis kurz vor Schluss unbekannt bleibende Hintermann des Drogendeals höchst uninteressant bleibt. Schon die Suche nach ihm wird zwischen all den irren Abenteuern zur Nebensache und die Auflösung ist entsprechend platt.

    Fazit: „21 Jump Street" zeigt, wie man eine verstaubte Serie mit neuem Schwung ins Kino bringen kann. Ohne bremsende Einführung geht es gleich rein in eine abgefahrene Achterbahnfahrt mit einer Menge witziger Einfälle. Einige Längen und die zum Teil nicht so gelungenen Nebenfiguren lassen aber noch genug Luft nach oben für das bereits bestätigte Sequel „21 Jump Street 2".

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