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    Unleashed - Entfesselt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Unleashed - Entfesselt
    Von Jürgen Armbruster

    Luc Besson. Ein Workaholic, wie er im Buche steht. Wann immer ein Film mit französischer Beteiligung entsteht, sind seine Finger irgendwie mit im Spiel. Ob nun lediglich als Produzent („The Transporter“, „Ong-Bak“, „New York Taxi“), als Drehbuchautor („Die purpurnen Flüsse 2“, „The Dancer“, „The Transporter 2“) oder gar als Regisseur höchst selbst („Nikita“, „Leon – Der Profi“, „Das fünfte Element“). An dem Mann führt im Heimatland von Croissants und Crêpes kein Weg vorbei. Beim neuesten Jet-Li-Vehikel „Unleashed“ darf er mal wieder schreiben und produzieren - und tut sich hierfür wie zuvor schon bei „The Transporter“ mit Louis Leterrier zusammen.

    Bart (Bob Hoskins) gehört zu den besonders bösen Buben in der Gangster-Szene von Glasgow. Seine Spezialität: das Erpressen von Schutzgeldern. Wer nicht zahlt, bekommt eins in die Fresse! So einfach ist das. Von besondere Hilfe ist ihm dabei Danny (Jet Li). Dieser wurde von Bart seit Kindesalter wie ein Hund gehalten. Hinter Gittern. In einem Loch im Boden. Und zur identitätslosen Kampfmaschine erzogen. Wann immer Bart seinem Haustier das Halsband abnimmt, kennt Danny nur noch eines: kämpfen! Notfalls bis zum Tod.

    Doch mit so einem Vorgehen schafft man sich natürlich auch Feinde. Bart gerät in einen Hinterhalt, nur Danny kann schwer verletzt fliehen. Unterschlupf findet er beim blinden Musiker Sam (Morgan Freeman) und der bei ihm lebenden Victoria (Kerry Condon). Zunächst weiß Danny mit der ihm entgegen gebrachten Freundlichkeit wenig anzufangen, doch nach und nach beginnt das Eis zu schmelzen und es entwickelt sich ein inniges, fast schon familiäres Verhältnis zwischen den dreien. Allerdings wird das traute Beisammensein jäh unterbrochen: Bart hat das Attentat überlebt und möchte zurück, was seiner Meinung nach ihm gehört…

    Als Louis Leterrier und Luc Besson zuletzt zusammen arbeiteten, kam der trashig unterhaltsame Action-Streifen „The Transporter“ heraus. Dieser Film war so hohl, so stumpfsinnig, dass er schon wieder seinen eigenen Charme versprühte und der Zuschauer ihn einfach lieb haben musste. „Unleashed“ schlägt nun in eine vollkommen andere Kerbe, ist düster, kompromisslos und einfach nur vollkommen unglaubwürdig! Beginnen wir zunächst beim Jet-Li-Charakter Danny. Wie wird wohl jemand kämpfen, der ein Großteil seines Lebens in einem Käfig verbrachte und zum gewissenlosen Killer ausgebildet wurde? Augen zu und durch? Massenhaft Prügel einstecken, aber umso härter austeilen? Ja? Würde Sinn machen? Eigentlich schon, aber unser Danny packt (in bester Jet-Li-Manier) akrobatische Bewegungen aus, als sei er sein ganzes Leben von diversen Großmeistern in unterschiedlichsten Kampfsportarten unterrichtet worden.

    Normalerweise würde an dieser Stelle jetzt eine Einschränkung kommen. Irgendwas wie ist ja nur ein Action-Film. Allerdings verbietet sich eine solche Argumentation im Falle von „Unleashed“ komplett. Der Film möchte eben mehr sein als ein stupider 08/15-Actioner. Ein Drama mit präzise gezeichneten Charakteren war wohl das Ziel von Leterrier und Besson. Doch gemessen an diesen Ansprüchen ist der Film einfach viel zu oberflächlich und dumm. Damit „Unleashed“ über genügend Action-Szenen verfügt, wurde von Besson sogar ein van-Damme-kompatibler Underground-Fight-Club ins Drehbuch geschrieben. Das hat man nicht nur bereits unzählige Male gesehen, das passt auch so ganz und gar nicht zum ansonsten angeschlagenen Ton. Aber offenbar sind Besson irgendwann die Ideen ausgegangen, so dass er sich nicht mehr anders zu helfen wusste.

    Was „Unleashed“ letzten Endes vor der totalen Bauchlandung rettet, sind die tollen Darsteller. Morgen Freeman („Batman Begins“, „Sieben“, „Erbarmungslos“) ist wie immer eine absolute Wucht. Nach dem längst überfälligen Oscar für seine Rolle des alternden Ex-Boxers in „Million Dollar Baby“, darf er hier als blinder Pianospieler ein weiters Mal sein ganzen Können zeigen. Vor allem seine markante Stimme ist im englischen Original wieder einmal ganz große Klasse. Allerdings sei schon die Frage gestattet, was ein Morgan Freeman in einem solchen Film zu suchen hat? Bob Hoskins („Beyond The Sea“, „Vanity Fair“, „Nixon“) gibt größtenteils einen herrlich überdrehten Bösewicht ab, schrammt allerdings auch hier und da haarscharf am Klischee vorbei. Newcomerin Kerry Condon („Ned Kelly“) ist als zuckersüße Victoria eine echte Entdeckung und auch Jet Li überzeugt in den ruhigen Passagen des Films als Schauspieler und nicht nur als Hampelmann. Nein, an guten Darstellern mangelt es nicht.

    Trotzdem: Wenn nach 103 Minuten der Abspann über die Leinwand flimmert, wird sich manch einer im Publikum fragen, was denn das nun eigentlich war? „Unleashed“ ist nichts anderes, als ein Actioner, der gerne Drama wäre oder sich zumindest als solches tarnt. Somit wird der Film es schwer haben, eine Zielgruppe zu finden. Action-Fans wird das ganze Geschwafel zu langatmig sein und Freunde der ruhigeren Töne die zahlreichen Prügeleien zu stumpf. Nein, sehen muss man „Unleashed“ wirklich nicht. Schade drum...

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