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    Bella Martha
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Bella Martha
    Von Carsten Baumgardt

    Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Dass hinter dieser landläufig gepflegten Weisheit auch Wahrheit steckt, beweist Sandra Nettelbecks melancholisch-komisches Leinwand-Debüt „Bella Martha“ auf unterhaltsame Weise.

    Für Martha (Martina Gedek) hat das Leben nur einen Inhalt: Kochen. In einem kleinen, aber feinen französischen Restaurant hat sie sich zur Chefköchin hochgearbeitet und führt dort ein strenges Regiment. Sie ist perfekt in ihrem Beruf - und das weiß sie. Wenn ein Gast einmal nicht zufrieden ist, muss er sich vor Martha rechtfertigen - und hat zumeist keine Chance. Das hat ihre Chefin Frida (Sibylle Canonica) dazu veranlasst, ihre beste Kraft in die Therapie zu schicken. „Warum? Das weiß ich auch nicht. Ich soll einfach eine Therapie machen“, erzählt sie ihrem Psychiater (August Zirner). Doch selbst auf der Couch kann sie nur ans Kochen denken, kommt einfach nicht davon los. Ihr Privatleben ist dagegen eine einzige Katastrophe. Ausgehen tut sie nie, Freunde hat sie auch nicht, nur mit ihrer Schwester hat Martha gelegentlich Kontakt. Als sie bei einem Autounfall ums Leben kommt, ändert sich alles. Marthas Nichte Lina (Maxime Foerste) überlebt das Unglück, steht aber ganz allein da. Der Vater lebt in Italien und weiß gar nicht, dass er eine achtjährige Tochter hat. Lina zieht zunächst zu Martha, doch sie will unbedingt zu ihrem Vater nach Italien und nervt die überforderte Martha wo es geht. Ausgerechnet in dieser Phase wird ihr im Restaurant auch noch ein zweiter Koch vor die Nase gesetzt. Doch unter der exzentrischen Fassade von Mario (Sergio Castellito) steckt viel Charme und Witz.

    Regisseurin und Drehbuchautorin Sandra Nettelbeck setzt in ihrem charmanten Kino-Debüt „Bella Martha“ ganz auf ihre charismatische Hauptdarstellerin Martina Gedek („Das Leben ist eine Baustelle“, „Rossini“). Mit Bravour trägt sie die tragisch-komische, emotional-kulinarische Reise der etwas chaotischen Martha auf der Suche nach sich selbst und der Liebe. Mit fein nuanciertem Spiel bestimmt sie jederzeit das Geschehen - unterstützt von einer Reihe guter Nebendarsteller. Sergio Castellito mimt den italienischen Charmebolzen ohne zu übertreiben und auch die nicht einfache Figur der Lina wird von Maxime Foerste gemeistert.

    Von der Stimmung her ist „Bella Martha“ in drei verschiedene Abschnitte aufgeteilt. Beginnt der Film wie eine leichte, beschwingte Komödie so wechselt das Klima bald - Martha und Lina fechten ein beinahe klassisches Tante-Nichte-Drama aus, in dem die leicht neurotische Martha droht, die Kontrolle - und Lina zu verlieren. Im letzten Drittel kehrt die Grundstimmung genauso wie der obligatorische Paolo-Conte-Song im Soundtrack zurück.

    Das alles hat bis auf einige kleine Längen, Schwung und Atmosphäre. Wenn es um die Möglichkeiten des Kinos geht, nutzt Sandra Nettelbeck allerdings nicht alle Chancen. Der vom WDR und Arte mitfinanzierte Film hätte theoretisch genauso gut als TV-Premiere laufen können, denn große Kinobilder bietet „Bella Martha“ nicht. Das oft regnerisch-bewölkte Hamburg ist solide, aber keineswegs aufregend eingefangen und auch bei den wenigen Szenen in Italien werden die Möglichkeiten der großen Leinwand nicht genutzt. Trotzdem ist „Bella Martha“ ohne Zweifel kinotauglich, denn der oft beklagten Inhaltsleere begegnet Regisseurin Nettelbeck mit guten Dialogen, einer nicht alltäglichen Geschichte und Raffinesse.

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