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    Die Tür der Versuchung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Tür der Versuchung
    Von Deike Stagge

    John Irving hat viele bekannte Bestseller geschrieben, von denen nicht nur „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ in seiner Verfilmung mit Tobey Maguire und Michael Caine von den Kritikern mit Lob überhäuft wurde. Irvings Roman „Witwe für ein Jahr“ lieferte nun die Vorlage für das Drehbuch zu „The Door In The Floor“ und dürfte ebenfalls für einige Aufmerksamkeit sorgen, auch wenn sich der Film auf die Ereignisse in der Kindheit von Ruth Cole beschränkt.

    Das Ehepaar Cole lebt geistig eigentlich schon voneinander getrennt. Der Tod ihrer beiden 15- und 17-jährigen Söhne vor mehreren Jahren hat tiefe Wunden hinterlassen, die auch mit der Zeugung der inzwischen vierjährigen Ruth (Elle Fanning) nicht geschlossen werden konnten. Beide entschließen sich zur Trennung auf Probe. Der exzentrische Kinderbuchautor Ted Cole (Jeff Bridges) holt den introvertierten Studenten Eddie (Jon Foster), der selbst Schriftsteller werden will, ins Haus, damit er fortan kleinere Hilfsarbeiten für ihn erledigt und ihn durch die Gegend fährt.

    Eddie wird mehr oder minder ohne Vorwarnung in den kaputten Haushalt geworfen und kann sich schwer anpassen: der mit Bildern der verstorbenen Söhne gepflasterten Flur ist ihm eher unheimlich, mit der kleinen Ruth kommt er anfangs schlecht klar und an das extrovertierte und exhibitionistische Verhalten seines Chefs Ted gewöhnt er sich auch nicht. Stattdessen findet er großen Gefallen an der stillen Marion Cole (Kim Basinger), die jeden zweiten Tag ihre Tochter besucht. Prompt wird er bei der Selbstbefriedigung über einem ihrer Fotos erwischt. Zwischen Marion und Eddie entwickelt sich Anziehung und langsam eine Affäre, welche von Ted geduldet wird, nicht zuletzt, da er sich auf seine spezielle Art ebenfalls mit seinen Modellen vergnügt. Für eine kurze Zeit scheint sich die allgemeine Situation – abgesehen von Eddies Unwohlsein gegenüber Ted – zu verbessern. Dennoch spitzt sich der Konflikt um das Haus Cole weiter zu, da beide Elternteile nicht nur ihre furchtbare Vergangenheit aufarbeiten, sondern auch ihre Zukunft und die ihrer gemeinsamen Tochter in irgendeiner Form gestalten müssen. Und auch Eddie erkennt, dass er dazu vielleicht seinen Teil beitragen kann.

    „The Door In The Floor“ handelt zwar von einem sehr ernsten Grundkonflikt, enthält aber glücklicherweise auch in weiten Teilen den für Irving so typischen sarkastischen Humor. Behutsam nimmt der Film sich des Themas an und setzt auf die Fähigkeit seiner Darsteller, die allesamt eine gute Leistung bringen. Jeff Bridges Interpretation des selbst ernannten „Kinder-Unterhalters, der gerne zeichnet“ (und zwar nackte Frauen), trägt in der gleichmütigen Lebenseinstellung einige Elemente des Dudes aus „The Big Lebowski“, während sich Kim Basinger in der Zerbrechlichkeit der verzweifelten Mutter wohl auch an ihrer Rolle aus „L.A. Confidential“ orientiert haben könnte und eine überzeugende Performance abliefert. Auch die Nebenrollen sind bis hin zu Elle Fanning, der kleinen Schwester von Dakota Fanning („Mann unter Feuer“, „Ich bin Sam“, „Krieg der Welten“), als Ruth sehr glaubwürdig besetzt. Vor allem der bis heute unbekannte Jon Foster bringt seine Figur Eddie dem Publikum sehr gut rüber, was bei einer Feuertaufe, die mehrere Nacktszenen sowohl mit Ex-Bond-Girl Kim Basinger als auch mit Jeff Bridges beinhaltet, sicher nicht ganz einfach war. Gerade Jon Foster, der bisher nur kleine Rollen in „Terminator 3“ und „Thirteen Days“ übernahm, ist auch zum größten Teil für die Auflockerung und die komischen Szenen verantwortlich, eine Aufgabe, die er auch dank des in dieser Hinsicht hervorragend ausgearbeiteten Drehbuchs meistert.

    In einer Schlüsselszene des Films gibt Ted Eddie den gut gemeinten Rat, beim Schreiben den Leser immer mit genauen Details zu versorgen. Und genau an diesem Punkt kann „The Door In The Floor“ mit seiner Romanvorlage nicht mehr mithalten: zwar nimmt sich Regisseur Tod Williams („Adventures of Sebastian Cole“) sehr viel Zeit für die Vorstellung und Entwicklung des zentralen Themas, spart diese aber leider an der Darstellung von interessanten Zusatzinformation wieder ein. Die kleine Tochter der Coles, auf deren Rücken dieser Konflikt ausgetragen wird, wird stellenweise nur eingesetzt, um die anderen Figuren zu beleuchten. Dabei sind die im Film gezeigten Ansätze ihres Umganges mit den verstorbenen Brüdern und ihr Verhältnis zu den traumatisierten Eltern als eigener Handlungsstrang durchaus betrachtenswert. Auch andere Rahmenfiguren hätten sicher mehr Platz im Drehbuch verdient gehabt.

    Darüber hinaus ist „The Door In The Floor“ in einigen Sequenzen relativ unübersichtlich geordnet, so dass zeitliche Abfolgen und Sprünge nicht ganz klar werden. Mehrmals wird der Zuschauer aus der Geschichte herausgerissen, um sich zu fragen, wie viel Zeit zwischen den Einstellungen verstrichen ist und wie die Charaktere nach der vorher gezeigten Situation wohl verhalten haben. Manchmal scheint es, als habe Regisseur Tod Williams zu schnell geschnitten und eine Szene vor ihrer Auflösung beendet. Trotz dieser Mängel ist „The Door In The Floor“ ein gut gemachter Film, der nicht nur ein fähiges Ensemble vereint, sondern auch eine interessante Geschichte mit Tiefgang anbietet.

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