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    Maria Bethânia - Música É Perfume
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Maria Bethânia - Música É Perfume
    Von Christoph Petersen

    2002 schuf der Schweizer Regisseur Georges Gachot mit „Nachtgespräch“ („Conversation Nocturne“) ein Leinwandporträt der legendären argentinischen Pianistin Martha Argerich. Für sein neues Werk ist Gachot nun ein südamerikanisches Land weitergezogen. In „Maria Bethânia – Música É Perfume“ nähert er sich der berühmten, titelgebenden brasilianischen Sängerin an. Dabei zeichnet der Filmemacher nicht nur ein sehr intimes Bild seiner Protagonistin, sondern versucht zugleich auch, etwas über die brasilianische Musik im Allgemeinen auszusagen. Allerdings sind die Anforderungen, die Gachot an sein Publikum stellt, nicht zu unterschätzen – „Maria Bethânia“ ist ein Film für Fans und Fortgeschrittene, für Anfänger dürfte sich der Kinobesuch hingegen als Wagnis entpuppen.

    Geboren am 18. Juni 1946 als sechstes von sieben Kindern in Santo Amaro, begann Maria Bethânia ihre musikalische Karriere nach einem kurzen Abstecher ins Schauspielfach 1964 in Rio de Janeiro. In den 1970er Jahren stieg sie zu einer der bekanntesten Sängerinnen Brasiliens auf. Mit ihrem einzigartigen Stil, einer Mischung aus Bossa Nova, Samba und afro-brasilianischen Einschlägen, füllte sie die Konzerthallen ihrer Heimat spielend. Gemeinsame Auftritte mit ihrem Bruder Caetano Veloso und anderen Musikstars wie Gal Costa, Tom Zé oder dem legendären Gilberto Gil waren keine Seltenheit. In den vergangenen 40 Jahren änderte sich die Ausrichtung von Bethânias Musik stetig. Feierte sie als Teil der brasilianischen Gegenkultur zunächst mit Protestsongs Erfolge, entwickelte sie sich nach und nach zu einer der Romantik huldigenden Diva, die sich überwiegend auf gefühlvolle Balladen konzentriert.

    „Maria Bethânia“ ist keine herkömmliche Künstlerbiographie. Es werden kaum Fakten zum Lebensweg der Sängerin preisgegeben. Statt Daten und Stationen runterzurattern, versucht Regisseur Gachot, die Seele seiner Protagonistin auf Zelluloid zu bannen. Er beobachtet sie bei Proben und Konzerten, bleibt mit seiner Handkamera immer dicht an ihrem androgyn-herben Gesicht. Der Zuschauer kommt ihr ganz nah, kann gänzlich neue Nuancen ihrer ausdrucksstarken Mimik erkennen und so ihre komplexen Gefühlswelt erforschen. Dabei hilft es natürlich, wenn man mit den vorgetragenen Stücken etwas anfangen kann. Gerade auf ein europäisch geprägtes Publikum mögen die gefühlvollen Balladen bisweilen kitschig wirken. Doch die brasilianische Musik ist eine Musik des Herzens. Und da Maria Bethânia sich dieser Tatsache in jeder Sekunde bewusst ist, hat sie auch kein schlechtes Gewissen, wenn sie in einem Song gleich fünf Mal das Wort „Liebe“ unterbringt.

    Indem er Impressionen alltäglichen Lebens in die Auftritte hineinschneidet, stellt Gachot immer wieder auch interessante Bezüge zur brasilianischen Gesellschaft her. Womit er sich allerdings keinen Gefallen getan hat, sind die eingestreuten Interviewsequenzen. Auch wenn der Regisseur hierfür hochkarätige Wegbegleiter und Freunde gewinnen konnte, sind sie eher kontraproduktiv. Bei dem Versuch, Bethânias Musik in Worte zu fassen, kommen die Befragten fast immer nur mit ungeschminktem Pathos rüber. Diese überschwänglichen Lobeshymnen bringen dem Zuschauer die Kunst kein Stückchen näher, nerven mit ihrer unverhüllten Schulterklopf-Mentalität sogar. Problematisch ist auch, dass es Gachot mit Ausnahme der Aufnahmen von Bethânias Gesicht kaum gelingt, Bilder einzufangen, die eine Leinwand vollständig ausfüllen. Eine Erklärung, warum man sich die Doku unbedingt im Kino ansehen sollte, bleibt der Film so über weite Strecken schuldig.

    Fazit: Trotz Schwächen bietet „Maria Bethânia – Música È Perfume“ für Interessierte ein intimes Künstlerporträt und einen tiefen Einblick in die musikalische Seele Brasiliens – eine gewisse Vorbildung sollte man aber unbedingt schon ins Kino mitbringen.

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