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    After the Sunset
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    After the Sunset
    Von Carsten Baumgardt

    Müssen Kinofilme immer neuartig, originell und innovativ sein, um das Publikum zu unterhalten? Nach Meinung von „Rush Hour“-Regisseur Brett Ratner jedenfalls nicht. Seine relaxte Heist-Komödie „After The Sunset“ kennzeichnet sattsam Bekanntes, Klischees in Hülle und Fülle, aber dennoch schafft es der Film durch seine exzellente Optik und prickelnde Atmosphäre, dem Zuschauer einen soliden Unterhaltungswert anzubieten.

    Der letzte große Coup soll Meisterdieb Max Burdett (Pierce Brosnan) und seiner hübschen Freundin und Komplizin Lola Cirillo (Salma Hayek) den Ruhestand ermöglichen. Bei einem Diamantendiebstahl machen sie den verantwortlichen FBI-Agenten Stan Lloyd (Woody Harrelson) lächerlich. Stan weiß, wer ihn gelinkt hat, kann es aber nicht beweisen. Max und Lola verschwinden unerkannt und setzen sich auf den Bahamas in Paradise Island zur Ruhe. Nach einiger Zeit in Pension wird Max unruhig und langweilt sich. Da passt es sich nur zu gut, dass ein Kreuzfahrtschiff, das für einige Tage auf Paradise Island vor Anker geht, zufällig in einer Ausstellung den größten lupenreinen Diamanten der Welt beherbergt. Wert des Schmuckstücks: 70 Millionen Dollar. Agent Lloyd glaubt nicht daran, dass Max sich im bereits Ruhestand befindet und taucht auf den Bahamas auf, um ihn mit Hilfe der einheimischen Polizistin Sophie (Naomie Harris) zu beschatten. Auch der lokale Gangsterboss Henri Mooré (Don Cheadle) wird aktiv und will Max für den Diamantenraub engagieren. Doch Lola ist strikt dagegen und besteht darauf, dass das Gaunerleben endgültig vorbei ist...

    Nachdem Pierce Brosnan den Job als James-Bond-Darsteller („GoldenEye“, „Der Morgen stirbt nie“, „Die Welt ist nicht genug“ „Stirb an einem anderen Tag“) nach vier kommerziell äußerst erfolgreichen Auftritten offensichtlich an den Nagel gehängt hat, muss sich der Ire in der Filmwelt wieder neu orientieren. In seinem Leben vor Bond galt Brosnan bestenfalls als Mann der zweiten Reihe - beliebt und bekannt aus TV-Serien wie „Remington Steele“ oder Mini-Serien/TV-Filmen wie „Das Noble House“ und „In 80 Tagen um die Welt“. Seine Kinoausflüge waren jedoch von Misserfolgen geprägt. Als Hauptdarsteller konnte Brosnan mit dem eleganten Gauner-Thriller „Die Thomas Crown Affäre“ lediglich einen mittleren Hit landen, der übrigens 2006 in „The Topkapi Affair“ fortgesetzt wird. Und genau an diese Art Film knüpft Bond Nr. 5 in Brett Ratners „After The Sunset“ inhaltlich am ehesten an.

    Das stattliche Budget von 58 Millionen Dollar investierte Ratner („Roter Drache“, „The Family Man“) nicht nur in seine drei Stars Pierce Brosnan, Salma Hayek und Woody Harrelson, sondern primär in einen exquisiten Look. „After The Sunset“ ist ein optischer Leckerbissen vor exzellent gefilmter exotischer Paradies-Kulisse. In dieser relaxten Atmosphäre unterhält das gediegene Katz- und Mausspiel, das weniger von Tempo, Witz und Action lebt, durch die Souveränität und Coolness der Darsteller. Pierce Brosnan ist als Meisterdieb eine gute Wahl. Er könnte auch als Aussteigervariante seines Thomas Crown durchgehen – gekreuzt mit seinem Charakter Andy Osnard aus „Der Schneider von Panama“. Ein überragender Schauspieler war Brosnan noch nie, aber er besitzt ein nicht zu verleugnendes Charisma. Da die Story nicht wirklich ernst zu nehmen ist und zahlreiche Unglaubwürdigkeiten geschluckt werden müssen, macht Brosnan das beste daraus und gibt seiner Figur eine gehörige, wohltuende Portion Ironie und Augenzwinkern mit.

    Woody Harrelson („Ed TV“, „Wag The Dog“, „Die Wutprobe“) verkörpert Brosnans Gegenspieler Agent Lloyd und ist im Großteil für den komödiantischen Part zuständig. Der Texaner, in Hollywood als radikaler Liberaler gefürchtet, legt seine Rolle in einer Mischung aus Ernsthaftigkeit, Trotteligkeit und Klamauk an, ohne dabei zu langweilen oder dem Zuschauer auf die Nerven zu gehen. Er hält das Publikum lange im Unklaren, ob er Max nun jagt, bewundert oder nacheifern will. Für Salma Hayek („Frida“, „Irgendwann in Mexico“) bleibt da nur die obligatorische Rolle des kurvenreichen Love Interests. Diese Mindestanforderung meistert die Mexikanerin ohne Mühe, kann mit ihren optischen Reizen überzeugen und somit ihren Beitrag zum Hochglanzlook leisten. Schauspielerisch wird sie nicht gefordert. Der oft unterschätzte Don Cheadle („Boogie Nights“, „The United States Of Leland“, „Out Of Sight“) und die Britin Naomie Harris („28 Days Later“) laufen als schmückendes Beiwerk mit, ohne ihr Potenzial abrufen zu müssen.

    Das Drehbuch des Kinonovizen-Duos Paul Zbyszewski und Craig Rosenberg glänzt nicht gerade durch grenzenlosen Einfallsreichtum und überbordende Originalität. Neu ist an „After The Sunset“ so rein gar nichts. Die üblichen Klischees vom großen Gauner, der dem letzten Coup nicht widerstehen kann, werden höchstens variiert. Spannung und Tempo halten sich im durchschnittlichen Bereich. Einige technische Gadgets, die Brosnan und Hayek zum Einsatz bringen, sorgen für Abwechslung. Das Interessanteste ist noch die Beziehung zwischen Brosnans Meisterdieb und Harrelsons FBI-Agent, hier verstecken sich die meisten Überraschungen und das größte charakterliche Spannungspotenzial, da der Zuschauer rätseln darf, in welcher Verbindung die beiden stehen.

    Brat Ratner ist mit „After The Sunset“ ein optisch hervorragendes, inhaltlich gemütliches Heist-Movie-Abenteuer gelungen, welches seine offensichtlichen Defizite durch eine große Portion Urlaubsparadies-Atmosphäre und launige Darsteller kompensiert. Auch wenn der Film nur Altbekanntes bietet, langweilt „After The Sunset“ in keiner Minute. Wer nicht zu viel erwartet und sich gut anderthalb Stunden auf solidem Niveau relaxt unterhalten lassen will, trifft hier eine ordentliche Wahl.

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