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    Deadly Revenge - Das Brooklyn Massaker
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Deadly Revenge - Das Brooklyn Massaker
    Von Björn Becher

    Steven Seagal ist kein besonders guter Schauspieler. Zudem ist er, was die Auswahl seiner Projekte angeht, nicht sonderlich kreativ und dreht im Endeffekt seit nunmehr 20 Jahren – mit leichten Abwandlungen – immer wieder denselben Film. Doch er hat damit Erfolg. In den Neunzigerjahren liefen seine Werke meist solide in den Kinos, mittlerweile reicht es zwar nur noch für den DVD-Markt, doch aufgrund der hohen Schlagzahl, mit der Seagal dreht und veröffentlicht, dürfte er auch heute noch gutes Geld verdienen. Obwohl sich seine Filme zum größten Teil über einfallslose (Rache-)Storys und ordentlich viel Brutalität definieren, hat gerade sein Frühwerk dennoch das gewisse Etwas, das Seagal mit Recht zu einer beachtlichen Fanbase verhalf. Als „Guilty pleasure" taugen einige der Filme auch heute noch, so zum Beispiel „Deadly Revenge – Das Brooklyn Massaker": Zwar hauen einen weder Seagal noch sein Rachefeldzug schauspielerisch beziehungsweise storymäßig vom Hocker, doch der ungemein brutale Film (in Deutschland sind fast alle TV- und DVD-Fassungen stark gekürzt, nur die Spio/JK-Fassung ist ungeschnitten) überzeugt durch seine nicht nur technisch tadellose, sondern herausragend-beeindruckende Umsetzung: Kein Wunder, denn auf dem Regiestuhl saß ein absoluter Spezialist für harte Crime-Movies, der seine ganze Karriere hindurch (und auch heute noch) sträflich unterschätzt wurde: John Flynn.

    Auf offener Straße und vor den Augen von Frau und Kind hat der drogensüchtige Gangster Richie Madano (William Forsythe) einen Cop niedergestreckt. Dessen gerechtigkeitsfanatischer Partner Gino Felino (Steven Seagal) sinnt nun auf Rache. Eine durchschlagskräftige Wumme geschnappt und die störenden Vorschriften beiseite gewischt, ist er bereit, jede Regel zu brechen, um Madano ins Leichenschauhaus zu befördern. Doch Felino bekommt unerwartete Konkurrenz: Das Töten eines Polizisten mitten auf ihren Straßen ist für die Brooklyner Mafia ein Schlag ins Gesicht – deshalb machen nun auch Mafioso Frankie (Sal Richards) und seine Jungs Jagd auf den Copkiller...

    Geht es um den besten Seagal-Film, wird „Deadly Revenge" – im Gegensatz zu Alarmstufe: Rot – eher selten genannt. Dies ist verwunderlich, denn „Deadly Revenge" ist nicht nur der Prototyp eines Seagal-Films, er ist in Sachen Inszenierung auch der beste und stringenteste. Flynn und sein Drehbuchautor David Lee Henry („Road House") machen sich gar nicht erst die Mühe, eine abwechslungsreiche Story mit ausgefeilten Wendungen zu kreieren, sondern beschränken sich komplett auf das Nötigste, bringen dieses damit aber umso besser zur Geltung. Die Prämisse ist klar: Gino Felino will den Mörder seines Partner einsargen – und um nichts anderes geht es. Der zeitliche Rahmen - die Story beschränkt sich im Wesentlichen auf eine einzige Nacht - ist eng gesteckt und beinahe alle Handlungen dienen nur dem einen Ziel. Für Zwischenspiele ist nur selten Zeit, wird dann aber doch mal ein Subplot eingeschoben, rundet dieser die eigentliche Handlung stimmig ab. Etwas tiefgründiger wird die Verbindung zwischen Jäger und Gejagtem ausgeleuchtet: In der stärksten Nicht-Action-Szene eines Seagal-Films überhaupt besucht Gino Felino die Eltern von Richie Madano, um sich schon einmal vorsorglich für die Tötung ihres Sohnes zu entschuldigen. Er fühlt sich dazu verpflichtet, weil sie auch für ihn so etwas wie Ersatzeltern waren. Überrascherderweise kann sogar Seagal diese Szene emotional weitestgehend schultern.

    Die Atmosphäre ist ein großer Pluspunkt von „Deadly Revenge". In dem Brooklyner Viertel hängt jeder mit jedem irgendwie zusammen. Felino, Madano, die Mafiosi – man kennt sich, man respektiert sich (oder auch nicht) und man hegt familiäre oder freundschaftliche Bindungen. Doch in dieser einen Nacht zählt das alles nicht, denn am Ende wird entweder Madano oder Felino das Zeitliche segnen – und wenn es sich aus Sicht der Mafia nicht vermeiden lässt, möglichweise auch beide.

    John Flynn, dessen bester Film der ähnlich hart und stringent inszenierte „Rolling Thunder" (nach dem Quentin Tarrantino seine Produktionsfirma benannte) ist, versteht sein Handwerk – und das ist „Deadly Revenge" auch deutlich anzumerken. Heute würde man Flynn vielleicht als altmodischen Regisseur bezeichnen und ganz sicher gehört er auch nicht zu den versiertesten Erzählern, doch er beherrscht nicht nur sein handwerkliches Rüstzeug ausgesprochen gut, sondern vermag es auch, seine Schwächen mit seinen Stärken zu überdecken. „Deadly Revenge" bietet eine Menge Actionszenen, die schnell, hart, kompromisslos, auf den Punkt genau und ohne unnötige Schnörkel inszeniert sind. Dazu gibt es obendrauf einen topfitten Seagal in körperlicher Bestform. Es kracht gewaltig und der nächtliche Gewaltreigen macht einfach Spaß, auch wenn die Selbstjustizthematik alles andere als liberal behandelt wird. Da verzeiht man gerne auch den unnötigen Subplot um einen ausgesetzten Hund, der von Seagal kurzerhand adoptiert wird.

    Fazit: „Deadly Revenge" ist dank der stringenten Regie von John Flynn ein überragender Actionreißer.

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