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    The Fog of War
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    The Fog of War
    Von Carsten Baumgardt

    Robert S. McNamara ist einer der umstrittensten und meist gehassten Politiker des 20. Jahrhunderts. Doch ebenso gilt der heute 88-Jährige als einer der brillantesten Köpfe, welche die Weltbühne hergibt. Filmemacher Errol Morris interviewte den ehemaligen Verteidigungsminister der USA 20 Stunden lang für seine außergewöhnliche und oscarprämierte Dokumentation „The Fog Of War“, in der Morris eine Innenansicht McNamaras zu den großen Kriegen des 20. Jahrhunderts herauskitzelt.

    Robert S. McNamara, am 9. Juni 1916 in San Francisco geboren, studiert zunächst in Berkeley und später in Harvard Wirtschaft. Im Zweiten Weltkrieg ist er als Oberstleutnant der US-Luftwaffe für die Bombardements Japans mitverantwortlich. Nach dem Krieg wechselt er mit einigen anderen Hochbegabten zum Großkonzern Ford, der sich in der Krise befindet. 1960 wird McNamara Präsident des Unternehmens und somit zum bestbezahlten Manager der damaligen Zeit. Er kassiert 800.000 Dollar Jahresgehalt, dagegen sind die 25.000 Dollar, die sein nächster Job pro Jahr bringen wird, ein Witz. US-Präsident John F. Kennedy holt McNamara als Verteidigungsminister in die Verantwortung. Bis 1968 bleibt der Politiker auch nach der Ermordung Kennedys 1963 unter dessen Nachfolger Lyndon B. Johnson seinem Amt treu. Bis 1981 war der dreifache Vater Präsident der Weltbank.

    Errol Morris, der durch den deutschen Autorenfilmer Werner Herzog („Fitzcarraldo“, „Nosferatu“) zu einer Filmkarriere getrieben wurde - was wunderbar in Les Blanks Kurzdoku „Werner Herzog Eats His Shoe“ beschrieben wird - ist einer der versiertesten Dokumentarfilmer der USA. Sein Debüt „Gates Of Heaven“ (1978) begeisterte die Kritiker und mit „The Thin Blue Line“ rettete der New Yorker durch seinen Film einem unschuldigen Todeskandidaten das Leben. Morris, Jahrgang 1948, hasste McNamara wie viele Millionen andere Amerikaner zu Zeiten des Vietnamkrieges inbrüstig. Doch „The Fog Of War“ ist keine Abrechnung mit McNamara, sondern vielmehr kehrt der Filmemacher durch sein Interview die weltgeschichtliche Politik von innen nach außen. McNamara, dessen Geist trotz des hohen Alters noch messerscharf funktioniert, gibt erstaunliche, tiefgründige Einblicke in seinen Erfahrungsschatz über die Kriege der letzten Jahrzehnte. Viele davon hat er unmittelbar als Entscheidungsträger mitgeführt. Einige wenige Kritiker warfen Morris vor, er sei dem brillanten Rhetoriker McNamara auf den Leim gegangen, weil er ihn zu einem Teil rehabilitierte. Doch dieser Vorwurf erweist sich als haltlos, da Morris als akribischer Rechercheur über jeden Zweifel erhaben ist.

    Damit das Interview lebendig wirkt, bedient sich Morris einer speziellen, „Interrotron“ genannten Technik. Über der Kamera, die auf McNamara gerichtet ist, kann der Interviewte dem Interviewer auf einem Bildschirm ins Gesicht blicken. Das hat den Effekt, dass McNamara quasi mit dem Zuschauer spricht, ohne stupide in die Kamera oder daran vorbei zu glotzen. Die beiden Männer konnten sich so in die Augen sehen, was der Lebendigkeit des Films sehr gut getan hat. Die Interview-Sequenzen hat Morris mit penibel recherchiertem Archivmaterial verfeinert, sodass teils faszinierende Collagen entstehen. Inhaltlich geht „The Fog Of War“ nicht chronologisch vor, sondern richtet sich nach elf Lehrsätzen, an denen McNamara seine politischen Erfahrungen dokumentiert. Lehrsatz 1: Versetze dich in deinen Feind. Diese Einstellung half McNamara 1962 in der Kuba-Krise, in der die Welt nur haarscharf an einem Atomkrieg vorbei schrammte. Indem er sich in seine Gegner aus Russland und Kuba hineinversetzte, konnte die Katastrophe mit viel Glück verhindert werden. Roger Donaldson thematisierte diese Vorgänge in seinen Geschichts-Drama „Thirteen Days“, in dem McNamara übrigens von Dylan Baker gespielt wurde.

    Erst kürzlich freigegebene Tonbandmitschnitte aus der Amtszeit von Lyndon B. Johnson fördern Erstaunliches zu Tage. Für die Weltöffentlichkeit stand McNamara damals als der große Kriegstreiber da, der sein Land in ein sinnloses Inferno in Südostasien führte. Doch die Aufnahmen belegen eindeutig, dass McNamara Johnson eindringlich gewarnt hat, in Vietnam zu intervenieren. Aber die Loyalität zu seinem Präsidenten ging weiter als seine Rebellion gegen etwas Falsches. Morris: „Man hört McNamara in dieser ehrlichen und redlichen Art mit dem Präsidenten sprechen. Und man hört, was mich ziemlich getroffen hat, dass der Präsident McNamara zum Krieg drängt. Was macht man, wenn man einem Präsidenten dient, der in den Krieg ziehen will, koste es, was es wolle? Das ist eine Frage, die sich für Außenminister Colin Powell in der Regierung von George W. Bush ja ebenfalls stellt.“

    Einen falschen Eindruck lässt Morris jedoch nicht aufkommen. McNamara war sehr wohl ein harter Hund, der mit allen politischen Wassern gewaschen war. Eine seiner Maxime in Sachen Pressearbeit: „Antworte nie auf die Fragen, die dir gestellt werden.“ Mit dieser Unverbindlichkeit trieb er früher ganze Heerscharen von Pressevertretern zur Weisglut. Aber bei Morris hat er diese Haltung abgelegt und ins Gegenteil gewandelt. Bei Kriegsentscheidungen ist seine Denkweise kühl und analytisch. Bei der Bombardierung Japans strebte er nach größtmöglicher Effizienz, um den Krieg für sein Land zu entscheiden (Lehrsatz 4: Maximiere Deine Wirksamkeit). Es war seine Aktennotiz über die Ineffektivität der Bombenangriffe, die zur Entscheidung von General Curtis E. LeMay beitrug, flächendeckend Brandbomben einzusetzen, was den Tod von mehr als einer Million japanischer Zivilisten in der ersten Hälfte des Jahres 1945 zur Folge hatte. Eine Moral will er sich auch nicht zugestehen. Er gibt zu, dass die Siegermächte die gleichen Verbrechen begehen wie die Unterlegenen, nur dass sie dafür nicht angeklagt werden (Lehrsatz 9: Um Gutes zu tun, kann es notwendig sein, sich auf das Böse einzulassen). Zudem genehmigte er den Einsatz von Agent Orange und unterstützte "Rolling Thunder", die massive Luftangriffskampagne der U.S. Air Force gegen Nord-Vietnam, die im März 1965 eingeleitet wurde.

    Auch wenn McNamara stets brillant war, Fehler hat er ebenfalls begangen. In Lehrsatz 7 (Glauben und Sehen sind oft falsch) wird sehr schön verdeutlicht, wie es zu fatalen Irrtümern kommen kann. Der zweite Angriff im Golf von Tonkin hat nie stattgefunden, die Soldaten am Sonar haben ihn sich eingebildet, weil sie es glauben wollten. Diese Attacke war 1964 der Vorwand für die Resolution zum Golf von Tonkin, die schlussendlich den Weg für den Vietnam-Krieg freimachte. Auch hier ist die Parallele zur Gegenwart offensichtlich. Die imaginären Massenvernichtungswaffen im Irak hat es nie gegeben und unter falschen Beweggründen führte US-Präsident George W. Bush sein Land in einen nutzlosen Krieg. Aber auch die Bush-Adminstration glaubt nur das, was sie glauben will. Und das um jeden Preis.

    „The Fog of War“ zwingt den Zuschauer, sich mit Krieg und den daraus entstandenen Konsequenzen im 20. Jahrhundert zu beschäftigen: Grob geschätzt wurden 160 Millionen Menschen von anderen Menschen in Kriegssituationen getötet. Das 20. Jahrhundert war eines der gewalttätigsten in der Geschichte der Menschheit. Der Film legt uns nahe, dieses tragische Jahrhundert näher zu betrachten, als Anhaltspunkt dafür, wie wir eine Wiederholung im 21. Jahrhundert vermeiden können. Dabei hält sich Morris als Person, anders als beispielsweise Michael Moore („Fahrenheit 911“, „Bowling For Columbine“) und Morgan Spurlock („Super Size Me“), sehr zurück und kommt nur ab und zu im Off zu Wort. „The Fog Of War“ macht Geschichte lebendig und vermittelt neue Perspektiven. Eine gewisse Bitternis kann der Film allerdings nicht verbergen, was Lehrsatz 11 (Du kannst die menschliche Natur nicht verändern) verdeutlicht. Menschen versuchen, aus Fehlern zu lernen, machen sie aber trotzdem immer wieder und immer wieder. Das beste und traurigste Beispiel, um diese These zu belegen, gibt der amtierende US-Präsident George W. Bush ab. McNamara: „Mit meinen 88 Jahren habe ich ein Alter erreicht, in dem ich zurückblicken und Schlüsse aus meinen Taten ziehen kann. Mein Grundsatz lautet, versuche zu lernen, versuche zu verstehen, was passiert ist. Lerne deine Lektion und gib sie weiter.“ Robert Strange McNamara tut dies in Errol Morris’ „The Fog Of War“, aber der einfältige Staatsmann aus Texas hat wieder mal nicht richtig zugehört..

    Die 11 Lehrsätze von Robert S. McNamara

    Lehrsatz 1: Versetze Dich in Deinen Feind.

    Lehrsatz 2: Vernunft wird uns nicht retten.

    Lehrsatz 3: Es gibt etwas, das über uns steht.

    Lehrsatz 4: Maximiere Deine Wirksamkeit.

    Lehrsatz 5: Eine Richtlinie im Krieg sollte Verhältnismäßigkeit sein.

    Lehrsatz 6: Hol Dir die Fakten.

    Lehrsatz 7: Glauben und Sehen sind oft falsch.

    Lehrsatz 8: Sei bereit, Deine Argumente nochmals zu überprüfen.

    Lehrsatz 9: Um Gutes zu tun, kann es notwendig sein, sich auf das Böse einzulassen.

    Lehrsatz 10: Sag niemals nie.

    Lehrsatz 11: Du kannst die menschliche Natur nicht verändern.

    Anhang, Quelle: www.movienet.de

    Wer ist Wer?

    McGeorge Bundy: Sicherheitsberater der Präsidenten Kennedy und Johnson, 1961-1966

    Fidel Castro: kubanischer Staatschef, seit 1959

    Clark Clifford: Berater der Außenpolitik von Präsident Johnson, 1965-1967. Trat 1968 die Nachfolge Robert McNamaras als Verteidigungsminister an

    Ngo Dinh Diem: Staatsoberhaupt Süd-Vietnam, 1954-1963. Ermordet während des Staatsstreichs im November 1963

    Ngo Dinh Nhu: Bruder von Ngo Dinh Diem und Leiter der Süd-Vietnamesischen Sicherheitskräfte, ebenfalls während des Staatsstreichs im November 1963 ermordet

    Henry Ford II: Präsident der Ford Motor Company, 1945-1969

    Barry Goldwater: Senator in Arizona und Lyndon B. Johnsons republikanischer Gegenkandidat der Präsidentschaftswahlen 1964

    Vo Nguyen Giap: Vier-Sterne-General der Nord-Vietnamesischen Armee während des Vietnamkriegs und ehemaliger Verteidigungsminister, bestätigte Robert S. McNamara 1995, dass der zweite Vorfall am Golf von Tonkin niemals stattgefunden hat

    Lyndon B. Johnson: 36. Präsident der Vereinigten Staaten, 1963 - 1969 forcierte während seiner Präsidentschaft die militärische Einmischung der Vereinigten Staaten in Vietnam

    John F. Kennedy: 35. Präsident der Vereinigten Staaten 1961-1963

    Robert F. Kennedy: Justizminister, 1961-1964. Als demokratischer Senator des Staates New York von 1965-1968 zunehmend Kritiker der Beteiligung der Vereinigten Staaten am Vietnam-Konflikt

    Nikita Chrustschow: Staatsoberhaupt der Sowjetunion 1953-1964. Widersacher der Vereinigten Staaten in der Kuba-Krise im Oktober 1962

    Curtis E. LeMay: Kommandant der 20. US-Luftwaffendivision 1945, die die Angriffe auf Japan führte. Oberkommandierender der US-Luftstreitkräfte 1961-1965, unter Druck geraten durch seine erbarmungslosen Luftangriffe gegen Nord-Vietnam.

    Ho Chi Minh: kommunistischer Führer der modernen vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung. Führte die vietnamesischen Kommunisten während des Vietnamkrieges von 1954 bis zu seinem Tod 1969

    >Franklin D. Roosevelt: 32. Präsident der Vereinigten Staaten, 1933-1945

    Dean Rusk: Außenminister während der Regierungen Kennedy und Johnson, 1961-1969

    Maxwell D. Taylor: Militärischer Berater von Präsident Kennedy, 1961-1962, Vorsitzender der Vereinigung der Generalstabsoffiziere, 1962-1964, U.S.-Botschafter in Süd-Vietnam,1964-1965, Vietnam-Berater von Präsident Johnson, 1965-1968

    Nguyen Co Thach: Nord-Vietnamesischer Außenministeriumsmitarbeiter während des Vietnamkrieges. Leiter der vietnamesischen Delegation während der Konferenz in Hanoi 1997 mit amerikanischen Entscheidungsträgern des Vietnamkrieges

    Llewellyn Thompson: Führender Sowjetunion-Spezialist der USA, Berater der Regierungen Kennedy und Johnson während der Kuba-Krise und des Vietnamkrieges

    Harry S. Truman: 33. Präsident der Vereinigten Staaten, 1945-1953. Gab 1945 den Befehl zum Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki

    William C. Westmoreland: Befehlshaber des U.S.-Militär-Unterstützungskommandos in Vietnam, 1964-1968, Oberkommandierender der US-Streitkräfte, 1968-1972, Leiter der U.S.-Bodentruppen während der Eskalation des Vietnamkrieges

    Earl G. "Bus" Wheeler: Vorsitzender der Vereinigung der Generalstabsoffiziere, 1964-1970, beaufsichtigte als militärische Führungsperson in Washington die Maßnahmen im Vietnamkrieg

    Woodrow Wilson: 28. Präsident der Vereinigten Staaten, 1913-1921. Nach dem ersten Weltkrieg misslang sein Versuch, eine Liga der Nationen zu bilden, durch die er sich das Verhindern weiterer Kriege erhoffte

    Stichwortverzeichnis

    Agent Orange: Variante eines Schädlingsbekämpfungsmittels, das die U.S. Streitkräfte in Vietnam einsetzten, um Pflanzen zu vernichten und Bäume zu entlauben und so dem Feind die Deckung zu rauben. Der Einsatz von Agent Orange wurde von McNamara und den Oberbefehlshabern befürwortet und 1961 von Präsident Kennedy genehmigt. Zwischen 1961 und 1971, haben C-123 Flugzeuge mehr als 19 Millionen Galeonen Agent Orange und andere Schädlingsbekämpfungsmittel in Süd-Vietnam versprüht. Nach dem Vietnamkrieg wurde festgestellt, dass Gifte in Agent Orange Krebs und Missbildungen bei Neugeborenen bei Tausenden von Zivilisten und Militärangehörigen verursacht haben.

    Für weitere Informationen: Operation Ranch Hand: The Air Force and Herbicides in South-East Asia, 1961-1971 von William A. Buckingham Jr.

    Armistice Day (Waffenstillstandstag): Die weltweiten Feierlichkeiten, die am 11. November 1918 stattfanden, markierten das Ende des 1. Weltkriegs, des dato verheerendsten Krieges in der Geschichte der Menschheit. Präsident Woodrow Wilson und viele Amerikaner waren des festen Glaubens, dass sie durch den Sieg im 1. Weltkrieg, sämtliche Kriege für immer beendet hätten. Robert S. McNamara erinnert sich daran, als 2-jähriger diese Feierlichkeiten miterlebt zu haben.

    Für weitere Informationen: Breaking the Heart of the World von John Milton Cooper.

    Atombomben: Zwischen 1939 und 1945 wurden mehr als $ 2 Billionen in das Geheimprojekt "Manhattan Project" zum Bau einer Atombombe gesteckt. Am 6. August 1945 wurde eine Uraniumbombe mit dem Namen "Little Boy" auf Hiroshima abgeworfen, die sofort 80.000 Menschen das Leben kostete. Drei Tage später, am 9. August, war es die Plutoniumbombe "Fat Man", die in Nagasaki auf der Stelle 58.000 Menschen tötete.

    Für weitere Informationen: The Making of the Atomic Bomb von Richard Rhodes.

    B-29 Superfortress: Im Herbst 1943 wurde Robert S. McNamara von der 8. Luftwaffendivision in London nach Salina, Kansas entsandt, um die Konstruktion der ersten B-29 Flugzeuge zu beschleunigen. Der schwere Langstreckenbomber, der im Herbst 1944 seinen Dienst aufnahm, war die vielseitigste Maschine, die je konstruiert wurde. Die B-29 konnte auf einer Flughöhe von mehr als 30.000 Fuß mit einer Reichweite von 6.000 Meilen fliegen und wurde sowohl für die verheerenden Brandbombenangriffe, als auch für den Abwurf der beiden Atombomben auf Japan eingesetzt.

    Für weitere Informationen: Superfortress: The B-29 and American Air Power von Curtis E. LeMay and Bill Yenne, http://www.nasm.si.edu/esearch/arch/archives.html

    Schweinebucht: Eine Bucht an der Südküste Kubas, span. Bahia de (los) Cochinos. Hier ging eine Gruppe von über Tausend von in den Vereinigten Staaten ausgebildeten Exilkubanern am 17. April 1961 an Land. Diese sollten Kuba infiltrieren und einen Aufstand anzetteln, der den Sturz Fidel Castros zum Ziel hatte. Binnen 24 Stunden wurde diese Invasion von der kubanischen Armee niedergeschlagen. Lange Jahre warfen die Angehörigen gefallener und gefangener Exil-Kubaner den US-Geheimdiensten und Militärs mangelnde Unterstützung und Falschinformation vor. Alle zivilen und militärischen Berater von Präsident Kennedy - mit Ausnahme des Kongreßabgeordneten Richard Fulbright - gaben ihre Zustimmung zu dieser Invasion. Ohne Unterstützung aus der Luft, die Präsident John F. Kennedy verweigert hatte, wurde diese Mission sowohl militärisch als auch politisch für die Regierung Kennedy ein totaler Mißerfolg.

    Für weitere Informationen: Politics of Illusion: The Bay of Pigs Invasion Reexamined von James Blight und Peter Kornbluh http://www.gwu.edu/~nsarchiv/

    Kuba-Krise: die Kuba-Krise markiert den Höhepunkt wie auch den Wendepunkt in der Geschichte des Kalten Krieges. So nah standen die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion noch nie vor einem Nuklearkrieg. Nachdem U.S.-Aufklärer herausgefunden hatten, dass die Sowjetunion heimlich Nuklearraketen in Kuba installiert hatte, wurde am 16. Oktober 1962 auf Empfehlung von Robert S. McNamara eine Seeblockade über Kuba verhängt und mit den Vorbereitungen für Luftangriffe und eine Invasion begonnen. Am 28. Oktober verkündete der sowjetische Premier Nikita Chrustschow öffentlich, dass er die Raketen aus Kuba abziehen würde und beendete so die Krise. 1989 erfuhr Robert S. McNamara von Fidel Castro, daß sich zu der Zeit bereits nukleare Sprengköpfe auf Kuba befanden und im Falle einer Invasion der Vereinigten Staaten sowohl gegen die einmarschierenden Truppen, als auch gegen das amerikanische Festland eingesetzt worden wären.

    Für weitere Informationen: The Cuban Missile Crisis, 1962 herausgegeben von Laurence Chang und Peter Kornbluh, http://www.gwu.edu/~nsarchiv/

    Curtis E. LeMay: 1906 in Columbus, Ohio geboren, trat LeMay 1928 dem U.S. Luftwaffencorps bei. 1942 führte er bereits das Kommando über 305 Bombardementtruppen der 8. Luftwaffendivision in London. Als Oberbefehlshaber einer der ersten Divisionen, die Deutschland bombardierten, erhielt LeMay große Anerkennung für seine neuartigen Trainingsmaßnahmen und die Entwicklung neuer Bombardierungstechniken. 1944 ging er nach China, um das Kommando der 20. Bomberdivision zu übernehmen, die begann, Ziele in Japan anzugreifen. Im Januar 1945 löste er Haywood Hansell als Kommandant der 21. Bomberdivision ab, ein umfangreicheres Kommando über B-29 Bomber, das auf den Marianen Inseln stationiert war. Von hier aus plante und kommandierte er die verheerenden Brandbombenangriffe auf Japan.

    Im März 1945 entwarf er eine neue Taktik nächtlicher Angriffe mit Brandbomben im Tiefflug, die 67 japanische Städte zerstörten und fast eine Million japanischer Zivilisten das Leben kostete. Außerdem war LeMays Kommando im August 1945 für den Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki verantwortlich. 1948 übernahm LeMay den Posten des strategischen Luftoberbefehlshabers, dem Kommando der nationalen strategischen Nuklearverteidigung. Präsident Kennedy ernannte ihn 1961 zum Stabschef der Luftwaffe. In dieser Position geriet er wiederholt in Strategie-, Waffen- und Budgetfragen mit Minister McNamara aneinander. 1965 verabschiedete sich LeMay in den Ruhestand, ging jedoch 1968 mit Gouverneur George Wallace als Vizepräsident ins Rennen um die Präsidentschaft. George Wallace verlor die Wahl und LeMay zog sich ins Privatleben zurück.

    Für weitere Informationen: Iron Eagle: The Turbulent Life of General Curtis LeMay von Thomas M. Coffey.

    Domino-Theorie: Mit diesem Begriff wird die Vorstellung umschrieben, dass sobald ein Land kommunistisch wird, seine Nachbarländer folgen werden. Diese Theorie wurde 1945 als Erstes von Präsident Dwight Eisenhower vertreten und von den folgenden Regierungen dazu verwendet, den Krieg in Vietnam zu rechtfertigen. Viele Historiker und auch Robert S. McNamara glauben heute jedoch, dass auch ohne Amerikas Intervention in Vietnam, Asien trotzdem nicht den Kommunisten in die Hände gefallen und die Sicherheit des Westens nicht gefährdet gewesen wäre.

    Für weitere Informationen: A Grand Delusion: America's Descent into Vietnam von Robert Mann, http://www.eisenhower.utexas.edu/

    Diem Mord: Am 1. November 1963 wurden der Süd-Vietnamesische Präsident Ngo Dinh Diem und sein Bruder während eines von der Kennedy Regierung eingefädelten und unterstützten Militärstreichs ermordet. Nach diesem Putsch hatte Süd-Vietnam bis zum Ende des Vietnam-krieges keine beständige Regierung mehr. Diese Instabilität führte zu einer Erhöhung der militärischen Kräfte der U.S. in Vietnam, die die nachfolgenden Süd-Vietnamesischen Regierungen im Kampf gegen die Nord-Vietnamesischen Aufstände unterstützen sollten.

    Für weitere Informationen: Death of a Generation: How the Assassination of Diem and JFK prolonged the Vietnam War von Howard Jones.

    Brandbombenangriffe auf Japan: Während der ersten drei Jahre des 2. Weltkrieges führte die U.S. Luftwaffe ihre Präzisionsbombenangriffe auf Deutschland und Japan bei Tageslicht und aus großer Höhe aus. Wegen der starken Winde und Wolken über Japan begann die Luftwaffe in der Nacht des 10. März 1945 in Tokio ihren Feldzug nächtlicher Brandbombenangriffe im Tiefflug. In dieser einzigen Nacht haben 334 B-29 Bomber fast 100.000 Zivilisten in den Flammen ums Leben gebracht. In den folgenden fünf Monaten planten die Vereinigten Staaten noch 66 weitere japanische Städte mit Brandbomben zu überziehen und verursachten so den Tod von fast 1 Million japanischer Zivilisten, 1,3 Millionen Menschen wurden verletzt und fast ein Viertel der japanischen Bevölkerung zur Aufgabe ihrer zerstörten Häuser gezwungen.

    Robert S. McNamara war zu dieser Zeit bei der statistischen Kontrollabteilung und Oberstleutnant der 20. U.S Luftwaffendivision, die sowohl für die Brandbombenangriffe als auch für den Abwurf der Atombomben auf Japan verantwortlich war. Seine Aktennotiz über die Wirkungslosigkeit der konventionellen Bombenangriffe haben zu General Curtis E. LeMays Entscheidung geführt, die Brandbombenangriffe durchzuführen.

    Für weitere Informationen: The Rise of American Air Power: The Creation of Armageddon von Michael S. Sherry.

    Große Depression: Der katastrophale, weltweite wirtschaftliche Zusammenbruch der 30er Jahre. In der Hochphase der Depression waren 25% der amerikanischen Arbeitskräfte (13 Millionen Menschen) arbeitslos. Die große Depression, die durch den Börsenkrach 1929 eingeleitet wurde, endete erst 1942 mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den 2. Weltkrieg.

    Als Student von 1933 bis 1937 in Berkeley, wählte Robert S. McNamara, wie viele andere Studenten auch, Betriebswirtschaft als Hauptfach, als Reaktion auf die verheerenden wirtschaftlichen Zustände während der Großen Depression.

    Für weitere Informationen: The Great Depression: America 1929-1941 von Robert McElvaine. http://www.fdrlibrary.marist.edu

    Vorkommnisse im Golf von Tonkin: Am 2. August 1964 wurde der amerikanische Zerstörer "Maddox" von Nord-Vietnamesischen Patrouillenbooten angegriffen. Am 4. August berichteten die Zerstörer "Maddox" und "Turner Joy" dass sie erneut Angriffen Nord-Vietnamesischer Patrouillenboote ausgesetzt waren. Am Ende dieses Tages befahl Präsident Lyndon B. Johnson die ersten U.S. Luftangriffe auf Nord-Vietnam, um Vergeltung zu üben. Am 7. August verabschiedete der Kongress die Golf von Tonkin Resolution, die den Präsidenten autorisierte, das Land in den Krieg zu führen. Fast unmittelbar nach dem Angriff am 4. August tauchten erste Hinweise auf, dass der Angriff gar nicht stattgefunden hatte. Während eines Treffens zwischen Robert McNamara und dem ehemaligen vietnamesischen General Vo Nguyen Giap 1995 wurde definitiv bestätigt, dass der Angriff am 4. August niemals stattgefunden hat.

    Für weitere Informationen: Tonkin Gulf and the escalation of the Vietnam War von Edwin Moise. http://www.history.navy.mil/

    Ho Chi Minh: Gründer und Präsident der demokratischen Republik Vietnam (Nord-Vietnam). Geboren 1890, trat er 1920 der französischen kommunistischen Partei bei und gründete in den frühen 30er Jahren die indochinesische kommunistische Partei. 1941 formierte er eine Allianz, die unter dem Namen Viet-Minh gegen die französische Besatzung von Vietnam kämpfte. Nach dem Sieg über die Franzosen in der Schlacht von Dien Bien Phu, wurde Vietnam nach der Genfer Konvention von 1954 entlang des 17. Breitengrads in Nord- und Süd-Vietnam aufgeteilt. Ho Chi Minh sah es als seine Aufgabe an, Vietnam unter einer kommunistischen Regierung wieder zu vereinen. Nachdem er jahrelang Aufstände in Süd-Vietnam unterstützt hatte, schickte er 1964 reguläre Einheiten der demokratischen Republik Vietnam nach Süd-Vietnam. Die Vereinigten Staaten reagierten darauf mit der Operation "Rolling Thunder", groß angelegte Bombenangriffe auf Nord-Vietnam im März 1965, und erhöhten ihre Truppenstärke in Vietnam bis zum Sommer 1965 um ein Vielfaches. Die erste große Schlacht zwischen U.S.- und DRV-Truppen fand im November 1965 in Ia Drang statt. Ho Chi Minh gab seinen Kampf für ein vereintes Vietnam und gegen die Vereinigten Staaten bis zu seinem Tod 1969 nicht auf. 1975 wurde Vietnam endlich vereinigt und die Süd-Vietnamesische Hauptstadt Saigon wurde in Ho Chi Minh City umbenannt.

    Für weitere Informationen: Ho Chi Minh: A Life von William Duiker

    Ermordung JFK: Präsident John F. Kennedy wurde am 22. November 1963 in Dallas, Texas, ermordet. Vizepräsident Lyndon B. Johnson folgte ihm als 36. Präsident der Vereinigten Staaten. Nach seiner Ermordung wurde Kennedys Plan, alle militärischen Berater aus Vietnam abzuziehen, von Lyndon B. Johnson sofort verworfen. Nur vier Tage nach seiner Amtsübernahme bestätigte Johnson die amerikanische Verpflichtung gegenüber Süd-Vietnam in einer Aktennotiz für nationale Sicherheit.

    Für weitere Informationen: An Unfinished Life: John F. Kennedy 1917-1963 von Robert Dallek. http://www.cs.umb.edu/jfklibrary/

    JFK Präsidiale Aufzeichnungen: Im Sommer 1962 installierte John F. Kennedy ein verstecktes Aufzeichnungsgerät im Kabinettraum des Weißen Hauses, um Konferenzen aufzunehmen. Bis zu seinem Tod hat Kennedy ca. 250 Stunden Besprechungen sowie 12 Stunden telefonische Unterredungen mitgeschnitten. Die denkwürdigsten Aufzeichnungen stammen aus der Zeit der Kuba-Krise im Oktober 1962. Diese Aufzeichnungen liefern intime Details über die Arbeitsweise der Regierung der Vereinigten Staaten in Krisenzeiten.

    Für weitere Informationen: The Presidential Recordings of John F. Kennedy, Volumes 1-3, The Great Crisis herausgegeben von Philip Zelikow und Ernest May. http://www.cs.umb.edu/jfklibrary/

    LBJ Telefongespräche: Zwischen dem 22. November 1962 und Januar 1969 hat Präsident Lyndon B. Johnson heimlich Telefongespräche zwischen dem Oval Office und seiner Ranch in Texas mitgeschnitten. Die ersten Aufnahmen wurden 1993 an die Öffentlichkeit gebracht, in Verbindung mit der Herausgabe der Akten zur Ermordung John F. Kennedys. Die Veröffentlichung der Aufzeichnungen der letzten drei Jahre steht noch aus.

    Für weitere Informationen: Taking Charge: The Johnson White House Tapes, 1963-1964, Raching for Glory: Lyndon Johnson's Secret White House Tapes, 1964-1965 herausgegeben von Michael Beschloss. http://www.lbjlib.utexas.edu/

    Marsch auf das Pentagon: Am 21. Oktober 1967 fanden sich 50.000 Menschen in Washington zur bis dahin größten Demonstration gegen den Vietnamkrieg zusammen. 20.000 von ihnen marschierten weiter zum Pentagon, mit dem Ziel, das Pentagon handlungsunfähig zu machen. Robert S. McNamara war dafür verantwortlich, die Verteidigung des Pentagons zu koordinieren und schaffte es, die Demonstranten am Eindringen ins Pentagon zu hindern.

    Für weitere Informationen: Armies of the Night: History as a Novel, the Novel as History von Norman Mailer

    Marianen Inseln: Eine südpazifische Inselgruppe, die die Vereinigten Staaten im Sommer 1944 während des 2. Weltkriegs von den Japanern eroberten. Die 20. Luftwaffendivision benutzte die Inseln Guam, Saipan und Tinian als Stützpunkt für die Luftangriffe auf Japan.

    Napalm: Diese hoch entflammbare, geleeartige Benzinsubstanz wurde vom Chemiker Louis Fieser 1942 entwickelt. Napalm wurde erstmals von der U.S. Luftwaffe zur Bombardierung von 67 japanischen Städten im Frühling und Sommer 1945 eingesetzt. Später kam Napalm auch während der Kriege in Korea und vor allem in Vietnam zum Einsatz.

    Für weitere Informationen: Blankets of Fire: U.S. Bombers over Japan during World War II von Kenneth Werrell.

    Norman Morrison: Ein Quäker, der sich aus Protest gegen den Vietnamkrieg am 2. November 1965 vor McNamaras Büro im Pentagon verbrannte. Für weitere Informationen: Living and the Dead: Robert McNamara and Five Lives of a Lost War von Paul Hendrickson.

    Rolling Thunder: Die anhaltenden Luftangriffe, die die U.S. Luftwaffe seit März 1965 auf Nord-Vietnam durchführten. Zwischen 1965 und 1968 warf die Luftwaffe im Rahmen von "Rolling Thunder" mehr als 1,5 Millionen Tonnen Bomben auf Nord-Vietnam. Damit hofften Robert S. McNamara und die Johnson Regierung Ho Chi Minh und die Nord-Vietnamesische Führung zu zwingen, ihre Unterstützung der Vietcong Aufstände in Süd-Vietnam zu unterlassen und zu einer Einigung zu gelangen, statt weiter permanente Luftangriffe im Kauf zu nehmen. Doch trotz der verheerenden Schäden und der hohen Anzahl an Opfern, die "Rolling Thunder" verursachte, weigerten sich die Nord-Vietnamesen, ihre Beteiligung an den Aufständen in Süd-Vietnam einzustellen.

    Für weitere Informationen: American Tragedy: Kennedy, Johnson and the Origins of the Vietnam War von David Kaiser, http://www.vietnam.ttu.edu/

    Verteidigungsminister: Das Amt des Verteidigungsminsters wurde 1947 nach dem 2. Weltkrieg neu geschaffen, um die Militärabteilungen unter zivile Aufsicht zu stellen. Robert S. McNamara wurde am 20. Januar 1961 der 8. Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten. Er übte sein Amt unter zwei Präsidenten, Kennedy und Johnson aus, bis zu seinem Rücktritt am 29. Februar 1968.

    Für weitere Informationen: Decisions of Robert S. McNamara: A Study of the Role of the Secretary of Defense von James Roherty, http://www.defenselink.mil/

    Statistische Kontrollabteilung: Eine Unterabteilung der U.S. Luftwaffe, die 1942 gegründet wurde. Mitarbeiter der Statistischen Kontrollabteilung wurden auf der Harvard Business School ausgebildet und dann den einzelnen Luftwaffenkommandos zugeteilt, wo sie standardisierte Abläufe anwenden sollten, die dann statistisch ausgewertet und analysiert wurden. Die Behörde diente der Organisation von Truppen- und Materialbewegungen sowie Flugzeugeinsätzen und dem Gewinnen von statistischen Daten über Bombenangriffe. Diese Daten wurden von den Befehlshabern der Luftwaffe als wesentlicher Bestandteil der Planung und der Messung der Effektivität von Einsätzen genutzt. Robert S. McNamara war eines der Gründungsmitglieder der Statistischen Kontroll-Fakultät in Harvard.

    Vietcong: Die umgangssprachliche Bezeichnung für die von Nord-Vietnam unterstützen Rebellen gegen die Regierung in Süd-Vietnam. Offiziell hieß der Vietcong Nationale Befreiungsfront.

    Präsidentschaftswahlen 1960: Senator John F. Kennedy gewann vor Vizepräsident Richard Nixon die Wahlen und wurde der 35. Präsident der Vereinigten Staaten. Obwohl Kennedy in der Abstimmung der Wahlmänner mit 303 zu 219 deutlich vorne lag, erhielt er bei den öffentlichen Wahlen nur 118.000 Stimmen mehr als Nixon.

    Präsidentschaftswahlen 1964: Präsident Johnsons Gegner war der ultra-konservative republikanische Senator Barry Goldwater. Goldwaters öffentliche Unterstützung des Einsatzes von Nuklearwaffen in Vietnam bescherte Johnson 65% der Stimmen, der höchste Sieg, den ein amerikanischer Präsident jemals errungen hat.

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