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    Reine Chefsache
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Reine Chefsache
    Von Jürgen Armbruster

    „Reine Chefsache“. Da haben sich die Damen und Herren in der Marketing-Abteilung von Tobis aber einen dollen deutschen Filmtitel zu Paul Weisz’ „In Good Company“ ausgedacht. Die Parallelen zur kommerziell erfolgreichen Mafia-Parodie „Reine Nervensache“ sind wohl nicht gänzlich unabsichtlicher Natur. Damit soll sicherlich der eine oder andere Zuschauer zusätzlich ins Kino gelockt werden. Doch Achtung! „Reine Chefsache“ fährt ganz und gar nicht auf der Klamauk-Schiene des De Niro/Crystal-Vehikels. Spaß macht der Film aber trotzdem. Jede Menge sogar.

    Dan Foreman (Dennis Quaid) ist Leiter der Werbe-Abteilung eines großen amerikanischen Sport-Magazins und steht mit beiden Beinen fest im Leben. Zu seinen Kollegen pflegt er ein freundschaftliches Verhältnis, seine Frau Ann (Marg Helgenberger) liebt ihn nach wie vor und seine älteste Tochter Alex (Scarlett Johansson) ist nicht nur eine talentierte Tennis-Spielerin, sondern hat soeben die Zusage eines New Yorker Elite-Colleges bekommen. Auch das Nesthäkchen Jana (Zena Grey) ist nicht gänzlich missraten. Doch mit der schönen, heilen Welt nimmt es plötzlich ein jähes Ende. Den Anfang macht, dass Dan im Hausmüll einen Schwangerschaftstest entdeckt. Was das Töchterchen da nur angestellt hat... Auch auf der Arbeit gibt’s Probleme. Nach einer Fusion wird seine gesamte Abteilung umstrukturiert und er seines Postens enthoben. Der neue Chef der Werbe-Abteilung ist der gerade 26 Jahre alte Carter Duryea (Topher Grace). Und dieser steht nach einer nur sieben Monate währenden Ehe kurz vor der Scheidung von seiner Frau Kimberley (Selma Blair)…

    Regisseur und Autor Paul Weisz trat erstmals 1998 als Co-Autor zu DreamWorks Animations-Abenteuer „Antz“ in Erscheinung. Doch dies war nur das Vorgeplänkel zu dem, was ein Jahr später folgen sollte. Gemeinsam mit seinem Bruder Chris revolutionierte er mit „American Pie“ das Genre der Teenie-Komödie und löste einen Hype aus, der seinesgleichen sucht. Doch um Paul Weisz selbst wurde es in der Folgezeit ruhig. Bei den Fortsetzungen zu „American Pie“ trat er lediglich als Produzent in Erscheinung. Sein nächster Film „Einmal Himmel und zurück“ war zwar in den USA ein solider Hit, aber aus kreativer Sicht eine glatte Rolle rückwärts. Doch Anno 2002 war er wieder voll da. Wiederum gemeinsam mit Bruder Chris gelang ihm mit der Nick-Hornby-Verfilmung „About A Boy“ eine der besten Komödien der vergangenen Jahre. Unterhaltung mit Anspruch. Das war die Devise. Genau dies trifft nun auch auf „Reine Chefsache“ zu.

    Eigentlich liest sich die Inhaltsangabe von wie ein schwermütiges Drama. Doch Paul Weisz bastelt aus dieser Idee tatsächlich einen waschechten Gute-Laune-Film. Die Ausgangssituation ist simpel. Da bekommt ein erfahrener, hochanständiger Mann in den 50ern einen Chef vor die Nase gesetzt, der sein Sohn sein könnte und dermaßen grün hinter den Ohren ist, dass Kermit der Frosch dagegen blass ausschaut. Zu Beginn zieht „Reine Chefsache“ seinen Reiz aus diesem Aufeinandertreffen der Generationen. Dan verfällt voll der Midlife-Crisis und fühlt sich als jemand vom alten Eisen. Carter wiederum genießt die Vorzüge seiner neuen Position in vollen Zügen. Erst einmal die einhergehende Macht auskosten und sich vom üppigen Gehalt einen Porsche gönnen. Dies macht ihn nicht gerade beliebt bei den Kollegen, so dass er sich auf der Suche nach Zuneigung und Anerkennung an Dan hängt, sich quasi selbst zum Abendessen einlädt und dort auf Alex stößt. Und genau dadurch kommt „Reine Chefsache“ erst so richtig ins Rollen. Carter und Alex gehen ein Liaison sein, die reichlich Zündstoff bietet und selbstverständlich um jeden Preis vor Dan geheim gehalten werden muss...

    Ein Lob verdient die exzellente Besetzung. Dennis Quaid nimmt sich mit seinem nuancierten Spiel angenehm zurück und lässt nicht wie zuletzt in „The Day After Tomorrow“ den besserwisserischen Helden raushängen. Damit etabliert sich Quaid wie schon mit „Der Flug des Phoenix“ als exzellenter Mime für Spaßproduktionen. Neuling Topher Grace („Mona Lisas lächeln“, „Liebe auf Anfang“), der schon in Soderberghs „Traffic“ als snobistischer Drogen-Freund der Douglas-Filmtochter Erika Christensen zu gefallen wusste, steht im Mittelpunkt des Films. Teils latscht er wie ein geprügelter Hund durchs Bild, teils ist er die personifizierte Freude. Den Namen sollte man unbedingt im Hinterkopf behalten. Mit der hier zur Schau getragenen Wandlungsfähigkeit darf auf eine Karriere im Charakterfach gehofft werden. Und dann wäre da noch Scarlett „Verdammt bin ich heiß“ Johansson. Diese schaut nicht nur gnadenlos gut aus, sondern hat auch, als der liebe Gott das Talent verteilt hat, eine extra große Portion abbekommen. Zwar wird hier nicht annähernd soviel von ihr gefordert wie in „Lost in Translation“ oder „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, aber dass es ihr mit Leichtigkeit gelingt, das Publikum um den kleinen Finger zu wickeln, dürfte nicht all zu sehr verwundern. Der Rest der Besetzung agiert solide. Ausfälle nach unten gibt es lediglich einen. Malcolm McDowells („Uhrwerk Orange“, „Hidalgo“) Interpretation des Medienmoguls Teddy K ist recht lächerlich und sein einziger Auftritt im Grunde peinlich.

    „Reine Chefsache“ wandelt stilistisch sicher zwischen Satire auf die Albernheiten der heutige Arbeitswelt, Liebesgeschichte, Menage à Trois und Coming-Of-Age-Comedy. Sicherlich, der Film ist vorhersehbar. Neues findet sich kaum. Zwar war „About A Boy“ einen Tick besser, doch Paul Weisz hat einfach ein Gespür für Witz und Humor und werkelt somit weiter fleißig an seinem Ruf als feste Größe für intelligente, erwachsene Komödien mit Anspruch. Noch dazu legt Weisz ein hervorragendes Händchen für einen stimmigen Soundtrack an den Tag (ganz stark: David Byrne - Glass, Concrete & Stone und Peter Gabriel - Solsbury Hill). „Reine Chefsache“ verbreitet einfach gute Laune. Zwei Stunden lang grinsend im Kino sitzen. Das hat doch was.

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