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    Das größte Spiel seines Lebens
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Das größte Spiel seines Lebens
    Von Björn Helbig

    Bill Paxtons Sportler-Drama „Das größte Spiel seines Lebens“ beruht auf einer wahren Begebenheit: Im Jahre 1913 schreibt der Amateur Francis Quiment bei den US Open Golfgeschichte. Seinen Fähigkeiten, dem Willen zum Sieg, einem zehnjährigen Caddie und einer gehörigen Portion Glück hatte er es zu verdanken, dass ihm im Finale die Möglichkeit gegeben wurde, gegen sein Idol, den amtierenden Weltmeister Harry Vardon anzutreten. Klingt spannend, oder?

    Die erste Irritation erwartet den Zuschauer gleich zu Beginn: Der comic-artige Vorspann reibt sich mit den folgenden Bildern eines ärmlichen Haushalts im England des vorletzten Jahrhunderts. Die Stilunsicherheit, die sich so schon früh im Kontrast zwischen Vorspann und Einleitung offenbart, wird später noch deutlicher, wenn es um die Darstellung des Golfturniers geht. In dieser Anfangssequenz, die stilistisch an Roman Polanskis deprimierende Version von Oliver Twist erinnert, muss der junge Harry Vardon (James Paxton) aber zunächst beobachten, wie schwarz gekleidete Herren das Land vermessen, auf dem er und seine Eltern leben. Harry erfährt, dass es um den Bau eines Golfplatzes geht, doch wird ihm unmissverständlich klar gemacht, dass dies kein Sport für ihn, sondern nur für „Gentlemen“ sei. So offenbart sich schnell eine weitere Schwäche des Films, wenn dem Zuschauer nämlich per „Holzhammer“ (bzw. mit dem „Holz 1“) klar gemacht werden soll, worum es hier geht: Nicht nur Golf sei das Thema, sondern eben auch die Klassenunterschiede der damaligen Zeit. Polo, Snooker, Golf u. a. waren den größten Teil des vergangenen Jahrhunderts Beschäftigungen, die lediglich bestimmten Personen vorbehalten waren.

    Man ist ja beinahe verpflichtet, alles was auch nur im entferntesten sozialkritische Töne aufweist, mit einem gewissen Wohlwollen zu beschreiben. Okay – fein, dass „Das größte Spiel seines Lebens“ sich diesem Aspekt des Golfsports nicht verschließt. Wenn der Film dann bald mit seiner Geschichte des aus ärmlichen Verhältnissen kommenden Amateurs Francis Quimet (Shia LaBeouf) startet, der überraschend die US Open gewann, sieht sich der Zuschauer viel zu schnell mit der zuckersüßen Mär vom Tellerwäscher (Amateur) konfrontiert, der im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zum Millionär (Profigolfer) aufsteigt. Wenn einem die Message so schnell und so dick aufgetragen um die Ohren gehauen wird, wundert es auch nicht weiter, dass der Film sich nicht zu schade ist, altbackene Klischees wie die des natürlich durchweg dekadenten Engländers zu bemühen. Da wollen uns Regisseur Bill Paxton (vor allem als Schauspieler bekannt, unter anderem in Apollo 13, Near Dark, True Lies, Titanic) und Mark Frost, Autor diverser Drehbücher unterschiedlichster Qualität (Fantasic Four, „Twin Peaks: Fire Walks With Me“), wohl nicht nur den Tellerwäscher unter die Nase reiben, sondern ebenso die Amerikanische Emanzipation. Aber diese abstrakte Notiz nur am Rande, schließlich will Paxtons Film – das darf wohl angenommen werden – in erster Linie unterhalten.

    „Das größte Spiel seines Lebens“ funktioniert leider weder als Charakter- noch als Sportler-Drama und auch durch die Charaktere kommt wenig Unterhaltung in die Geschichte. Die Figuren sind in ihren Funktionen zu schnell durchschaut, als dass es durch sie jemals wirklich spannend werden könnte. Grundsätzlich ist auf der Haben-Seite des Films zu verbuchen, dass er es nicht versäumt, einige Nebenfiguren einzuführen, die als mehr oder weniger markante Kontrahenten während des Golfturniers fungieren, die aber leider ebenso eindimensional bleiben wie Quiments stets enttäuscht dreinschauenden Vater Arthur (Elias Koteas, Gattaca, Colletaral Damage , „Dämon“; demnächst auch zu sehen in David Finchers Zodiac) und seine Gutmensch-Mutter, gespielt von Marnie McPhail („Star Trek – Der erste Kontakt“). Lediglich Harry Vardon (Stephen Dillane) wird eine Geschichte zugestanden, aber mehr, als dass ihm (zu oft) die schwarzhütigen Geister seiner Vergangenheit erscheinen, welche seine Hände zittern lassen, sollte man auch nicht erwarten. Von den beiden Hauptrollen liefert Stephen Dillane (King Arthur, The Hours, Spy Game) jedenfalls die souveränere Leistung ab. Shia LaBeouf (Constantine) wirkt zwar als Amateur Francis Quiment recht sympathisch, aber mehr auch nicht. Das Drehbuch lässt ihm nicht viele Chancen, seinen Charakter zu entwickeln.

    Auch als Sportler-Drama hat „Das größte Spiel seines Lebens“ einen schweren Stand. Golf ist natürlich sowieso weder der spannendste noch der zuschauerfreundlichste Sport, aber trotzdem wäre auch in dieser Hinsicht mehr drin gewesen. Der Film versäumt es, einzelne Matches und auch das finale Turnier übersichtlich darzustellen, um so dem Zuschauer die nötige Orientierung zu bieten. Als katastrophal erweist sich hier die einfallslose Dramaturgie: Francis spielt superb, entdeckt irgendwen im Publikum (der ihn nervös macht) und versiebt dann den nächsten Schlag. Ein- oder maximal zwei Mal mag dieses Schema funktionieren, aber danach wird es lächerlich. Als überaus störend erweisen sich übrigens genauso die zahlreichen wie überflüssigen Sequenzen aus dem Computer. Diese haben mit der Ästhetik des Golfsports ungefähr soviel gemein wie Kant mit Karneval. Unpassend wie das Comic-Intro wirken auch die digitalen Effekte völlig überflüssig. Hier zeigt sich wieder die stilistische Unsicherheit, die den ganzen Film durchzieht. Die Macher schienen sich nicht sicher, worauf sie eigentlich hinaus wollten. Um zu wissen „Wie“, gehört erst mal eine Ahnung über das „Was“.

    Letzten Endes krankt „Das größte Spiel seines Lebens“ schon am zu simplen Plot. Mal ehrlich, wer fühlt sich durch die Inhaltsangabe, dass ein Amateur 1913 einmal ein großes Golfturnier gewonnen hat, in vorfreudige Ekstase versetzt? Wenn so eine Story dann zwar bemüht aber trotzdem auffallend fantasielos umgesetzt wird, verwundert das unterdurchschnittliche Ergebnis nicht. Mit etwas gutem Willen, kann man sich den Film vielleicht als harmloses Familienkino gut reden. Mit der Verfilmung des größten Golfsspiels von David Quiment ist Paxton und Frost weder ein Film über das größte Spiel, das jemals gespielt wurde gelungen (wie es der Originaltitel verspricht), noch großes oder auch nur zufriedenstellendes Kino.

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