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    Boogeyman
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Boogeyman
    Von Carsten Baumgardt

    Den Mittzwanziger Tim (Barry Watson) quält seit frühester Kindheit eine Frage, die ihn zum Stammgast in der Psychiatrie macht: Hat Daddy seine Mom verlassen und eine neue Familie gegründet oder war es der schwarze Mann, der Tims Erzeuger in den Wandschrank gezogen und getötet hat? Und da Stephen Kays „Boogeyman“ kein Drama, sondern ein einfalls- und spannungsarmer Horrorfilm ist, drängt sich dem Betrachter ein Verdacht auf...

    Obwohl Tim seine berufliche Erfüllung als Fakten-Checker bei einem kleinen Magazin gefunden hat und er mit seiner hübschen, reichen Freundin Jessica (Tory Mussett) glücklich ist, ist er nervlich auch im Erwachsenenalter immer noch ein Wrack. Aus Angst vor dem Boogeyman, den er für das Verschwinden seines Vaters verantwortlich macht, gibt es in seiner Wohnung keine Türen – nicht einmal in den Schränken. Dort wohnt schließlich für gewöhnlich der gefürchtete Kinderschreck und mit dem ist nicht gut Kirschen essen. Als seine Mutter (Lucy Lawless) stirbt, muss sich Tim seinem schlimmsten Albtraum stellen. Nach der Beerdigung will er auf Anraten seiner Psychiaterin eine Nacht in seinem verlassenen Elternhaus verbringen. Durch einen Zufall kommt ihm seine Jugendliebe Kate (Emily Deschanel) zur Hilfe. Diese Unterstützung kann Tim gut gebrauchen, er weiß ja nicht, ob Mr. Boogeyman schon ausgezogen ist...

    Horrorfilme sind in der Herstellung billig und ein gewisser Fan-Stamm pilgert ungeachtet schwankender Genießbarkeit trotzdem ins Kino, sodass diese Machwerke ohne Rücksicht auf Qualitätsverluste munter weiter produziert werden. Horror-Ikone Sam Raimi („Tanz der Teufel 1+2“, „Armee der Finsternis“, „Spider-Man 1+2“) persönlich adelt „Boogeyman“ als Produzent. Soviel Ehre ist Stephen Kays wirrem Mummenschanz eigentlich nicht angemessen. Das Unheil beginnt schon mit der Hauptfigur Tim - ein erwachsener Mann, der alles hat, um glücklich zu sein, aber offensichtlich zu dumm zum Leben ist. Um „Boogeyman“ überhaupt durchstehen zu können, muss der Zuschauer den Weirdo Tim so akzeptieren, wie er ist - auch wenn es keinen Sinn macht.

    Da TV-Regisseur Kay, der 2000 das missratene „Get Carter“-Remake mit Sylvester Stallone verbrochen hat, das Genre nach eigener Aussage bereichern wollte, ist „Boogeyman“ in der ersten Hälfte eher ein seichtes Psycho-Drama als ein Horror-Schocker. Spannung kommt kaum auf. Das Geschehen schleppt sich in gemächlichem Tempo dahin und erfüllt ganz nebenbei so ziemlich alle Klischees der vergangenen 30 Jahre Horrorfilmgeschichte: das Blut in der Badewanne (sehr originell, das gab’s noch nie!); die Reinkarnation eines vermissten Mädchens (ein Klassiker!); die Krähe, die ihm in die Windschutzscheibe knallt (immer wieder gern genommen) etc. etc. etc. Spannung will Kay mit langen Kamerafahrten durch düstere Behausungen erzeugen. Die Protagonisten schleichen sich ängstlich die Korridore entlang an Türen heran, alles knartscht und knistert - und der kleine, große Tim fürchtet sich fast zu Tode. Hui. Tatsächlich gelingt es dem Film manchmal, beim Publikum Gänsehaut zu verursachen. Teils mit billigen Effekten Marke „Schwarze Katze springt hinter wehendem Vorhang hervor“ und entsprechenden Schockmomenten, teils mit grottigen Dialogen und schlechtem Schauspiel.

    Erst die letzte halbe Stunde rettet den „Boogeyman“ knapp vor dem Totalversagen. Die schöne Kameraarbeit von Bobby Bukowski („Saved“, „Arlington Road“) trägt ihre Früchte, baut so etwas wie Atmosphäre auf und die Story nimmt endlich Fahrt auf. Exorbitante Logiklöcher müssen selbstredend ignoriert werden und einen Sinn macht die Schauermär von hinten bis vorne nicht, aber wenigstens bekommt der Genre-Fan ein bisschen von dem geboten, wofür er eigentlich die Kinokarte gelöst hat.

    Schauspielerisch bietet „Boogeyman“ rein gar nichts Erinnernswertes. Barry Watson („Ocean´s Eleven“, „Rettet Mrs. Tingle“), bekannt als sich selbst bemitleidender Musterschleimer aus der Moral-TV-Serie „Eine himmlische Familie“, sagte Regisseur Kay gleich zu, weil der Film in Neuseeland gedreht wurde. Ist immerhin sehr nett dort, wird er sich gedacht haben. Watson und seine Mitstreiter Tory Mussett („Matrix Reloaded“, „Peter Pan“), Skye McCole Bartusiak („Die Promoterin“, „Sag´ kein Wort“) und Emily Deschanel („Spider-Man 2“, „Unterwegs nach Cold Mountain“) sind dem miesen Drehbuch des Trios Eric Kripke, Juliet Snowden und Stiles White ausgeliefert und können keine Akzente setzen. Der geplagte Psycho ist Watson jedenfalls nicht so leicht abzunehmen. Der Auftritt von Lucy „Xena“ Lawless ist ebenso wenig der Rede wert und bewegt sich fast schon im Bereich Cameo. Die Inkompetenz dieser Produktion, deren Dreh kostengünstig ins Heimatland der Elben und Orks verlegt wurde, zeigt sich auch in den Patzern, die sich daraus ergeben. Der Film soll in den USA in „The City“ spielen, dabei sieht es auf dem Land aus wie in Neuseeland. Dazu wird ein Wirrwarr aus amerikanischen, australischen und neuseeländischen Akzenten präsentiert.

    Braucht die Filmwelt einen weiteren fragwürdigen Horror-Vertreter aus dem Gurken-Kabinett? Mit Sicherheit nicht. Die Sinnlosigkeit der Handlung tut zwar weh, aber die Fans sind abgehärtet und werden sich daran nicht zu sehr stören. Aber eine halbe Stunde solider Horrorfilm reicht nicht aus, um den „Boogeyman“ ins Mittelfeld zu hieven. Wer sich den Film trotzdem antut, sollte seine Erwartungen auf ein Minimum reduzieren und auf der Hut sein - sonst kommt der Boogeyman in die Sitzreihen gekrabbelt und verbreitet die Angst vor’m schwarzen Mann!

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