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    Team America
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Team America
    Von Jürgen Armbruster

    Trey Parker und Matt Stone haben nicht mehr alle Marmeladengläser im Konfitüreregal. Hier und da muss einfach die eine oder andere Gehirnwindung andere Wege einschlagen als bei einem Ottonormaldenker. Wer sich als Kritik am US-amerikanischen Spießbürgertum mal so eben die Kult-Serie „South Park“ konzipiert und umsetzt, hebt sich deutlich von der Masse ab. Doch mit ihrem neuesten Streich schießen die beiden Querdenker den Vogel ab: Ein abendfüllender, bitterbös satirischer Film, nur mit Marionetten gespielt. Die Augsburger Puppenkiste lässt grüßen.

    Das Team America sieht in sich selbst die notwendige Weltpolizei in einer vom Terror bedrohten Zeit. Wann immer ein Schuft (Erkennungsmerkmale: asiatische Abstammung und Turban) das friedliche Leben auf unserem kleinen Planeten bedroht, sind sie zur Stelle und pumpen den Fiesling mit einer Extra-Ladung Blei voll. So auch in Paris. Das Team America schlägt mit seiner geballten Feuerkraft zu. Dabei bekommen die bösen Buben zwar so richtig dreckig ihr fett weg, doch wirklich rund läuft der Einsatz trotzdem nicht ab. Eifelturm und Triumphbogen werden in ihre Bestandteile zerlegt und auch eines der Team-Mitglieder muss ins Gras beißen. Diese Stelle muss nun logischerweise neu besetzt werden. Und da Anti-Terror-Arbeit viel mit Täuschung und Infiltration zu tun hat, fällt die Wahl des Team-America-Leaders Spottswoode auf den Broadway-Star Gary Johnston. Ein guter Schauspieler muss schließlich auch ein guter Spion sein…

    Das, was im Folgenden an „echter“ Handlung geboten wird, lässt sich relativ schnell in wenigen Sätzen abhandeln. Es gibt den grausamen nordkoreanischen Diktator Kim Jung Il, der mit seinen Waffen der Massenvernichtung die Welt bedroht. Ein böser Typ, der ganz oben auf der Abschussliste von Team America den Platz an der Spitze einnimmt. Und es gibt die Schauspielervereinigung Hollywoods unter der Leitung von Alec Baldwin, denen mit ihrer pazifistischen Einstellungen das Team America ein gewaltiger Dorn im Auge ist und sich deshalb mit Kim Jung Il verbündet. Das war’s eigentlich schon. Worauf dies alles hinaus läuft, bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten.

    Aber wenn wir ehrlich sind, ist dies auch vollkommen egal. Das Minimum an Storyline dient ohnehin nur um die Zeit von der einen bis zur anderen schallenden Ohrfeige zu überbrücken. Oder sollten wir besser bis zum gewaltigen Tritt in die Weichteile sagen? Wer hinter „Team America“ eine Parodie auf die amerikanische Sicherheits- und Außenpolitik erwartet, ist gewaltig auf dem Holzweg. Parker und Stone machen vor rein gar nichts halt. Nichts ist ihnen heilig. Selbst Kollegen aus dem Showbusiness werden aber so richtig dreckig durch den Kakao gezogen. Der radikale Filmemacher Michael Moore begeht im Team-America-Hauptquartier ein Selbstmordattentat, Ben Affleck wird Schauspielunterricht nahe gelegt und Michael Bay als unfähiger Stümper abgestempelt. Absolute Highlights des Films sind dabei die genialen Songeinlagen, die schon „South Park“ prägten. Ob nun ein sehr skurriles Aids-Musical oder der in diesem Zusammenhang schon oft zitierte Chanson mit dem Titel „Pearl Harbour Sucks“. Hier beweisen Parker und Stone ihr ganzes kreatives Können.

    Auch optisch weiß „Team America“ durchaus zu gefallen. Allerdings schaut dies zunächst ganz und gar nicht danach aus. Die erste Einstellung des Films zeigt zwei grausam animierte Mationetten-Puppen vor einem handgezeichneten Paris-Motiv. Doch das, was Parker und Stone sich hier ausgedacht haben, ist nur der erste gelungene Gag des Films. Ein Marionettenspiel im Marionettenspiel. Langsam fährt die Kamera aus dieser Szenerie hinaus und offenbart die wahre Pracht von „Team America“. Abseits des Hauptgeschehens gibt es sehr viel Amüsantes zu entdecken. In der Paris-Sequenz wurden die Gehsteige aus Croissants gemacht, einige der nordkoreanischen Häuser sind aus Imbissschachtel vom China-Imbiss und Kim Jung Ils „Killerpanther“ sind einfach nur genial.

    Doch teilweise übertreiben es Parker und Stone bei „Team America“ mit dem Holzhammer des derben Humors. Wer schon immer einmal einer Marionettenpuppe minutenlang dabei zusehen wollte, wie sie sich die Seele aus dem hölzernen Leib kotzt, ist hier im richtigen Film. Gleiches gilt für die wohl berüchtigtste Szene des Films: Sex zwischen zwei Puppen! Was bei uns wohl nur für verstörtes Kopfschütteln sorgen dürfte, sorgte in den USA für einen Aufschrei der Entrüstung. Die MPAA drohte sogar mit der NC-17 Freigabe, was den kommerziellen Tod des Films bedeutet hätte. Nach zwölf Änderungen an der Szene winkte dann trotzdem noch das R-Rating. Sehen muss so etwas dann trotzdem keiner. Und lustig ist das auch nicht.

    Die Frage ist nun, wie man einen Film wie „Team America“ bewerten soll. Eigentlich ließe sich argumentativ alles in die Tat umsetzen. Sowohl ein vollkommener Verriss als auch ein lobende Hymne. Das Dilemma an der Sache: Dieser Film wird definitiv polarisieren. Entweder wird der Zuschauer ihn lieben oder hassen. Etwas zwischen diesen Extremen wird wohl kaum möglich sein. Was also tun? Stellen wir an dieser Stelle fest, dass der Autor dieser Zeilen sich aus seiner subjektiven Sicht beim Film durchaus gut amüsiert hat, er aber auch objektiv in der Lage ist einzugestehen, dass „Team America“ von Teilen des Publikums durchaus zurecht als unterirdisches Machwerk eingestuft werden wird. Geben wir dem Film an dieser Stelle also 5 Punkte, verweisen auf den eigenwilligen, sehr gewöhnungsbedürftigen Humor des Duos Parker/Stone und freuen uns schon jetzt auf eine hitzige Diskussion zum Film in unserem Forum.

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