Mein Konto
    Red Eye - Nachtflug in den Tod
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Red Eye - Nachtflug in den Tod
    Von Carsten Baumgardt

    Eine Heirat ist eine schöne Sache. Doch die Planung eben dieser und das zeitgleiche Drehen des Werwolf-Reißers „Verflucht“ hat Kult-Regisseur Wes Craven wohl ein bisschen durcheinander gebracht. Als ihn Produzentin Marianne Maddalena dazu drängte, Carl Ellsworths Thriller-Script „Red Eye“ zu verfilmen, muss er schon im siebten Himmel geschwebt und die Belanglosigkeit des Materials schlicht übersehen haben. „Red Eye“ kann zwar mit einer guten Besetzung und einer zunächst straffen Handlung aufwarten, leider geht dem Suspense-Thriller am Ende merklich die Luft aus.

    Lisa Reisert (Rachel McAdams) ist eine toughe Hotel-Managerin und erfolgreich in ihrem Beruf. Nach dem Tod ihrer Großmutter macht sie sich auf den Rückweg von Dallas nach Miami. Da ihr Flug Verspätung hat, flirtet sie mit dem charmanten Jackson (Cillian Murphy), der, welch Zufall, auch im Flugzeug direkt neben ihr sitzt. Nach einer Weile des Small Talks offenbart er sich und seine finsteren Absichten. Jackson erpresst Lisa, die ohnehin schon Flugangst hat. Wenn sie nicht per Telefon veranlasst, dass ein hochrangiger Geschäftsmann (Jack Scalia) das Zimmer an Lisas Arbeitsplatz wechselt, und somit ein Attentat ermöglicht, wird ein bereitstehender Auftragskiller ihren Vater Joe (Brian Cox) umbringen. Lisa gerät in Panik und versucht vergeblich, die Situation im Flugzeug in den Griff zu bekommen.

    Regisseur Wes Craven („Scream“-Trilogie, „Nightmare On Elm Street“) ist eine der großen Ikonen des Horrorfilms. Ernsthaft abseits seines Genres hat sich der Veteran eigentlich erst einmal, 1999 mit dem Drama „Music Of The Heart“, bewegt. Nach dem kommerziellen Flop „Verflucht“ passt es nicht schlecht, sich erneut im fremden Genre zu versuchen. Doch leider hat sich Craven dazu definitiv den falschen Stoff ausgesucht. Der klaustrophobische Psycho-Thriller besitzt Potenzial für rund eine Stunde Spielzeit, verheddert sich aber dann in der eigenen Storykonstruktion und fährt Konventionen auf, die nur noch ein ausgeprägtes Gähnen beim Betrachter hervorrufen.

    „Red Eye“ schlägt gleich zu Beginn ein flottes Tempo an und unterhält zunächst einmal gut. Was niemand ahnt: Den einzig nennenswerten Storytwist setzt Drehbuchautor Carl Ellsworth („Buffy“, „Xena“) gleich zu Beginn. Doch schon der tösende Thriller-Score von Marco Beltrami verrät dem Zuschauer unzweifelhaft: Hier ist was faul im Staate Dänemark! Dass sich der Gentleman Jackson als psychopathischer Attentäter entpuppt, wird bereits am Ende des ersten Aktes enthüllt und kommt auf Ankündigung. Allerdings ist die charakterliche Einführung sorgsam vorbereitet. Sein wahres Gesicht zeigt der Terrorist nicht gleich, sondern abrupt. Mit der Wahl der beiden Hauptdarsteller traf Wes Craven eine vorzügliche Wahl. Die bildhübsche Kanadiern Rachel McAdams („Die Hochzeits-Crasher“, „Wie ein einziger Tag“, „Girls Club“) ist auf dem Weg, ein Star in Hollywood zu werden. Die zielstrebige Managerin ist ihr ohne Zweifel abzunehmen und sie sichert sich mühelos die Sympathiewerte des Publikums. Es macht einfach Spaß, sie auf der Leinwand zu sehen.

    Craven wendet einen alten Bauerntrick an, um Spannung und Emotionen zu erzeugen. Er versetzt seine Protagonistin in eine lebensbedrohliche Situation und lässt sie bei dem Versuch, sich daraus zu befreien, immer knapp am Psychopathen Jackson scheitern. Darüber kann sich der Betrachter ärgern, weil das Spielchen offensichtlich und altbekannt ist, aber es funktioniert wenigstens, da Cillian Murphy („Batman Begins“, „28 Days Later“, „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“) einen guten Antagonisten abgibt. Der Ire verfügt über Charisma, dem Lisa auch am Anfang verfällt. Trotz aller Mühe, die sich Murphy gibt, ist er am Ende doch machtlos, wenn ihn Autor Ellsworth im Finale zum 08/15-Psycho degradiert.

    Den Nebenfiguren wird in „Red Eye“ wenig Platz eingeräumt. Vielmehr erfüllen alle eine Funktion im Storyablauf. Lediglich Brian Cox („Blutmond“, „The Ring“) als Lisas Vater Joe wird etwas mehr Spielraum gegönnt. Aber die Rolle ist noch zu klein, um den Altmeister richtig glänzen lassen zu können. Seine enge Verbindung zu seiner Tochter macht wenigstens diesen Aspekt glaubhaft, dass Lisa in Angst um ihren Dad, in Panik verfällt. Ansonsten hapert es mit der Plausibilität doch mehr oder weniger heftig. Die Gutgläubigkeit der Karrierefrau Lisa, dass sich der Attentäter an Versprechungen hält, ist einen Tick zu blauäugig, um im stimmigen Einklang mit ihrem Charakter zu stehen. Vielleicht hätte sie sich mal ein paar Genre-Filme ansehen sollen, dann wäre sie ihrem Schicksal gedanklich gewachsen.

    Was „Red Eye“ endgültig ins Mittelmaß zieht - und den Vergleich zum ähnlich angelegten, aber weit originelleren „Nicht auflegen!“ verlieren lässt -, ist der Endspurt, in dem das erste Mal die Action dominiert. Nach dem Verlassen des Flugzeugs ist trotz erneuter Tempoverschärfung die Luft raus. Die Logik der extrem konstruierten Geschichte wird immer holpriger und wenn Lisa unter Todesgefahr kein Handynetz bekommt und später der Akku leer ist, macht sich das ganz große Gähnen breit. Das Finale ist - sehr freundlich betrachtet - konventionell. Was im Klartext heißt: 100 Prozent überraschungsfrei. Dennoch unterhält das straighte, 25 Millionen Dollar teure Psycho-Duell mit Mängeln Genrefans im Endeffekt passabel. Einen versierten Regisseur wie Wes Craven hätte diese Story von der Stange allerdings nicht benötigt – ein Durchschnittsthriller wäre auch einem Regie-Handwerker aus der zweiten Reihe Hollywoods gelungen...

    Glossar: Red Eye Flights werden im Amerikanischen Nachtflüge genannt, die zwischen 1.00 und 4.00 Uhr starten. Die Passagiere verlassen das Flugzeug wegen Schlafmangel häufig mit geröteten Augen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top