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    Agata und der Sturm
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Agata und der Sturm
    Von Matthias Ball

    Der Titel eines Films ist normalerweise dazu gedacht, dem potenziellen Zuschauer schon einmal vorab Anregungen zu geben, um was es sich denn eigentlich handeln könnte. Logisch – sagt ja schon der Name, schließlich will niemand die Katze im Sack kaufen. Obwohl sich hinter Silvio Soldinis Comeback „Agata und der Sturm“ eher ein Natur-Drama als eine Liebeskomödie vermuten lässt, wirbelt auch hier einiges. Soldini („Brot und Tulpen“) ist zurück. Wer etwas grundsätzlich Neues erwartet hat, liegt ebenso falsch wie mit der Annahme, dass all das, was in „Brot & Tulpen“ schon so super funktioniert hat, auch in „Agata“ reibungslos klappt.

    Mittelpunkt des Geschehens bildet die vor Lebensenergie nur so strotzende italienische Buchhändlerin Agata (Licia Maglietta), die einen kleinen Buchladen in Genua besitzt. Wenn Agata durchs Leben zieht, weht der Wind: Glühbirnen platzen, ganze Verkehrssysteme liegen lahm und selbst auf Männer scheint ihre unerschöpfliche Leidenschaft magische Anziehungskräfte auszulösen. So auch bei Nico (Claudio Santamaria). Wochenlang belagert der 13 Jahre jüngere Latin Lover ihr Geschäft und mutiert dabei zu einem wahren Bücherwurm. Doch wie die Liebe nehmen plötzlich auch die ganzen Alltagsproblemchen ihren Lauf. Agatas geliebter Bruder Gustavo (Emilio Solfrizzi) behauptet auf einmal, er sei kurz nach seiner Geburt von seiner Mutter mal eben für wenig Geld zur Adoption freigegeben worden und begibt sich kurzer Hand auf die Suche nach seinen wahren Erzeugern. Das alles hat er von Modeagent, Schürzenjäger und Hobby-Lebensberater „Romeo“ (Giuseppe Battiston), der sich nichts sehnlicher als eine Verwirklichung seines Lebensziels, einem „Fischteich mit Forellenzucht“, erträumt. Gustavo entpuppt sich im Nachhinein als Romeos Bruder und auch zwischen Agata und Nico brennt es gewaltig. Dass sich Gustavo während einer Dienstreise in die Dänin „Miss Kiergergaard“ verliebt, scheint da in den Belanglosigkeiten nur so unterzugehen.

    Hört sich alles ein bisschen verwirrend an. Ist auch so, denn anstatt einen Handlungsstrang konsequent zu verfolgen, wird dieser anfänglich in zwei, später in deren drei, förmlich zerstückelt. Wäre das nicht schon schlimm genug, wird minütlich von Szene zu Szene hin und wieder zurück geschnitten. Das mag zwar zunächst für etwas Abwechslung sorgen, will aber nicht so recht funktionieren, da die Story diese künstlich erschaffenen Wendepunkte nicht mit trägt und der flüssige Ablauf zunehmend gestört wird.

    Soldini, dem es gelang, einige der Schauspieler aus „Brot und Tulpen“ (Licia Maglietta als „Agata“, Guiseppe Battiston, der „Romeo“ verkörpert) zu verpflichten, setzt auf Altbewährtes und geht somit auf Nummer sicher. Zu sicher, denn bis auf Licia Maglietta, die das Zentrum des Films bildet, liegen die darstellerischen Leistungen eher im Bereich Einheitsbrei - einige Ausfälle mit inbegriffen, die am Ende allerdings auch nicht mehr wirklich ins Gewicht fallen werden. Was fehlt, ist der adäquate Gegenpart zu Agata. Emilio Solfrizzi als Gustavo macht zwar einen passablen Eindruck, ihm gelingt es aber nicht, sich merklich vom Durchschnitt abzuheben. Zu klischeehaft, makellos und vorausahnend ist sein Erscheinen, das alles andere als mitreißend dargestellt wird. Schlimmer noch fällt das Urteil bei Giuseppe Battiston aus, der in größten Zügen witzlos, lächerlich und einfach nur komplett überspielt und abstrus agiert. Bis auf Agatas Leben, das wenigstens etwas an Substanz besitzt, sind die Nebensächlichkeiten zu bedeutungslos und konstruiert, um den Film zu tragen.

    Optisch spielt der Film seine Stärken aus und setzt klare Akzente. Selten bekommt das verwöhnte Kinoauge soviel Farb- und Ausdrucksstärke zu Gesicht. Angefangen bei der knallbunten Sofagarnitur scheint sich diese Farbenvielfalt auch auf das Innere unserer Charaktere zu übertragen und versprüht geradezu italienischen Charme, der gleichzeitig das Herz des Films formt.

    Farblos und blass dagegen wirken die Gags, die für einen Film, der sich selbst den Anspruch einer Komödie erteilt, allesamt zu gezwungen und konstruiert wirkt. Mehr als ein leichtes Lächeln will beim besten Willen nicht entweichen, was somit gleichermaßen die Frage stellt, ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, das Hauptaugenmerk auf den einfachen und bewegenden Elementen zu belassen. Dass Soldini in Sachen Atmosphäre und Ausdruck wenig vorzumachen ist, hat er bereits eindrucksvoll mit „Brot und Tulpen“ bewiesen. Ähnlich gekonnt zeigt sich auch die musikalische Untermalung, die zwar ab und an etwas kurz gerät, in gut situierter Form dennoch einen ordentlichen Beitrag zum Fest der Sinne leistet.

    Bei „Agata und der Sturm“ ist alles ein bisschen oberflächlich und verspielt. Seine großen Momente spielt der Film jedoch in den Bereichen der Atmosphäre und leidenschaftlichen Gefühle aus, will aber letztlich nicht so richtig packen. Das hat mehrere Gründe. Inhaltlich kommt einfach kaum Überraschendes, dafür ist schlicht zu wenig Substanz vorhanden. Ob „Agata und der Sturm“ eine halbe Stunde länger oder kürzer gewesen wäre, ist letztlich vollkommen egal. Der Film geht seinen Weg und irgendwann ist dann eben Ende. Kann man mögen, nur muss man sich im Klaren sein, dass Soldini weder mit einer intelligenten Story, noch mit humoristischen Glanztaten aufwartet. Lässt der Zuschauer sich auf den Film ein, so erfüllt Soldini sicherlich die Basiserwartungen. So ist „Agata und der Sturm“ mit einigen Abstrichen durchaus zu empfehlen, bietet er doch eine erfrischende Alternative im sonst so verregneten Winter.

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