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    Mein Name ist Fish
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Mein Name ist Fish
    Von Andreas R. Becker

    „Have A Marvellous Day In The Meadows.”

    Es ist immer derselbe Satz, mit dem Radiomoderator Reed Fish (Jay Baruchel, Million Dollar Baby) in Zackary Adlers romantischer Komödie „I’m Reed Fish“ seine Hörer in den Tag entlässt. Mud Meadows ist ein kleiner Ort im ländlichen Kalifornien, Reed hat dort den Job seines vor Jahren verstorbenen Vaters übernommen. In der täglichen Radioshow „Fish“ kümmert er sich live um Probleme und Problemchen seiner Mitmenschen und genießt dafür überall im Ort große Sympathien. Obendrein ist Reed mit Dorfschönheit Kate (Alexis Bledel, besser bekannt als Rory Gilmore) verlobt. Reeds Highschoolfreund und Berufskollege Frank (Victor Rasuk) subsumiert: „She’s The Whole Package.“ Mit anderen Worten, alles läuft perfekt. Als jedoch eines Tages Reeds Jugendschwarm Jill (Schuyler Fisk, „Nix wie raus aus Orange County“) ins Dorf zurückkehrt, bringt sie Reed zum Nachdenken und die heile Welt ins Wanken.

    Grundlage für die Coming-Of-Age-Geschichte war das Drehbuch des echten Reed Fish (siehe auch http://reedfish.blogspot.com/). Zusammen mit Jungregisseur und Spielfilmdebütant Zackary Adler verwandelte er einen Teil seines Lebens in gerade einmal 18 Drehtagen in erheiternde Independent-Komödie. Und die macht aus mehreren Gründen endlich mal wieder genau das, was eine Komödie soll: Spaß. Jay Baruchel mimt einen Reed Fish, der so schlurfig und doch engagiert und herzlich daherkommt, dass man ihn von der ersten Minute an gleich ins Herz schließen muss. An seiner Seite findet man meist seinen lässigen Freund Frank, der nicht nur im Radio hinter den Kulissen arbeitet. Als Kameramann bannt er Reeds Interviews an der Pferderennbahn oder mit der freundlich-resoluten Hobbygärtnerin aus dem Ort für die lokale Fernsehausstrahlung auf Video. Als routiniertes Team bringen einen die beiden in mehr oder weniger skurillen Situationen auf mehr oder weniger subtile Weise immer wieder zum Lächeln und Lachen.

    Aber natürlich: Wo nicht nur gelebt, sondern auch geliebt wird, gibt es meist nicht nur Lustiges zu sehen. Das betrifft vor allem Reeds Verlobte Kate, die sich in einer überraschend untypischen Krisenszene als sehr erwachsen erweist und sich den Respekt des Zuschauers verdient. Der rotblonde Grund für das Dilemma, Jill, wurde mit Schuyler Fisk als Symbol der plötzlich auftauchenden Versuchung perfekt besetzt. Es ist aber nicht das makellos schöne Äußere einer Schönheitskönigin, das ihre Attraktivität ausmacht. Vielmehr gibt ihr das ehrlich-ansteckende Lächeln den unwiderstehlichen Charme eines heimgekehrten Cowgirls, macht ihre leichte Verlegenheit sie zum sympathischen Magneten. Mit diesen Waffen trifft sie auf einen angeschlagenen Reed, den kurz vor der Hochzeit das obligatorische Kalte-Füße-Syndrom erwischt hat. Als dieser sie beim Talentwettbewerb in der Dorfkneipe dazu ermutigt, einen ihrer Songs zum besten zu geben, entfaltet sich einer der kitschigsten, aber auch schönsten Szenen von „I’m Reed Fish“. Schuyler Fisk erweicht mit ihrer glasklaren und melancholischen Stimme und Jack-Johnson-hafter Einfachheit nicht nur die Herzen von Mud Meadows, sondern auch die des Kinopublikums. Dieser und weitere Songs im Film entstammen tatsächlich Feder und Kehle von Fisk, die nicht nur in ihrer Rolle als Jill von einer Karriere als Singer/Songwriter träumt und den launigen Fußwipp-Soundtrack um ein paar warme Melodien ergänzt (Hörproben auf www.schuylerfisk.com). Auch die Nebenrollen sind mit archetypischen Charakteren besetzt und tragen etwas zum unbeschwerten Witz bei - vom durchgeknallten Klassenclown, über den Vater der Braut bis hin zum unterbelichteten Muskel-Schönling. Erinnerungen wachrufen dürfte bei den Freunden von O-Ton-Fassungen dabei am ehesten Reeds Moderatorenkollegin Maureen, die in der englischen Fassung von „Futurama“ Leela ihre Stimme lieh.

    Verpackt, und damit sogar dreifach geschachtelt, wurde die ganze Geschichte in einen Film im Film. Das führt auch zu einem netten Gag (der so richtig nur im analogen Kino funktioniert), ist darüber hinaus aber auch eher überflüssig. Nichtsdestotrotz: Mit schönen Bildern in herbstlichen Farben zeichnet „I’m Reed Fish“ ein Bild vom Leben auf dem Lande, wie man es vom gebürtigen Drehbuchschreiber auch erwarten würde. So scheinen Mud Meadows und vor allem seine älteren Bewohner an großen Teilen der Modernisierung weitgehend unbeschadet vorbeizuexistieren. Offen als hinterwäldlerisch diskreditiert werden sie deswegen jedoch nie. Stattdessen geht der Film liebevoll mit ihnen um und gibt sie nicht einem abschätzigen Lacher, sondern hier und da einem nostalgischen Schmunzeln preis. Und die Jugend kämpft mit denselben (Liebes-)Problemen wie in New York oder Bottrop.

    „I’m Reed Fish“ ist eine kurzweilige Komödie, die eine Menge Situationskomik bietet, ohne dabei in der untersten Schublade peinlicher Albernheiten zu wühlen. Sie handelt vom Erwachsenwerden und davon, Entscheidungen treffen zu müssen und ist dabei zu weiten Teilen wunderbar unbeschwert. Zwar verschont auch Reed uns nicht mit der ur-amerikanischen Just-Be-Yourself-Glücksformel. Das tut der Unterhaltung aber keinen ernsthaften Abbruch, zumal jene nicht allzu penetrant missionarisch daherkommt. Im Ganzen bleibt so das angenehme Gefühl einer Independent-Produktion erhalten, die ohne sich ganz dem Mainstream anzubiedern oder unprofessionell zu wirken einem breiten Publikum Freude bereiten kann.

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