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    Mister Average – Der Mann für alle Fälle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Mister Average – Der Mann für alle Fälle
    Von Christian Horn

    Das Schreckgespenst vom gläsernen Menschen scheint heute aktueller denn je. Und so bleibt ein Aufgreifen dieser Thematik in Film und Fernsehen natürlich nicht aus. Regisseur Pierre-Paul Renders hat wohl die großartige Mediensatire Die Truman Show und den inhaltlich zwar ähnlich gearteten, aber merklich schwächeren „Ed TV“ gesehen und sich gedacht, aufgrund der Aktualität der Thematik zusätzlich noch eine eigene Variation zu drehen. Leider wirft seine satirisch angehauchte Komödie „Mr. Average“ weder neue Diskussionspunkte auf, noch wird die Substanz der „Truman Show“ erreicht. Herausgekommen ist vielmehr ein furchtbar oberflächlicher Film, der seiner ambitionierten Fragestellung nie gerecht wird und mit einer haarsträubenden Handlung, die vor allem im letzten Drittel jegliche Bodenhaftung verliert, seine letzten Sympathien verspielt.

    Der französische Vorschullehrer Jalil (Khalid Maadour) ist der absolute Durchschnittsmensch. So kommt es auch, dass er in der Fernsehshow „Mr. Average“ als sensationeller Superkandidat alle Preise abräumt. In dieser Show müssen die Teilnehmer nämlich erraten, wie die Mehrheit der Franzosen auf bestimmte Fragen geantwortet hat: „Woran denken Frauen, die im neunten Monat schwanger sind, am meisten?“, wird da zum Beispiel gefragt. „An die Entbindung!“, gibt Jalil die korrekte Antwort. Und auch bei allen anderen Fragen liegt er richtig. Kaum gewonnen, lernt er backstage die hübsche Claire (Caroline Dhavernas) kennen, die ihn gleich mit nach Hause begleitet und seine Freundin wird. Später stellt sich heraus, dass Claire eine Schauspielerin ist, die auf den Durchschnittsbürger angesetzt wurde, um ihm Äußerungen zu bestimmten Produkten zu entlocken, die dann unmittelbar nach Jalils Geschmack produziert und beworben werden. Doch damit nicht genug: Zusätzlich wird die Wohnung des jungen Mannes auch noch Tag und Nacht mit etlichen Kameras und Wanzen überwacht. So ermittelt eine dubiose Werbeagentur Jalils Geschmack und lässt dieses Wissen in Design und Vermarktung ihrer Produkte einfließen – mit großem Erfolg. Es gibt nur einen Fehler im Überwachungssystem: Claire verliebt sich tatsächlich in ihr Opfer und der ganze Apparat gerät ins Wanken…

    Pierre-Paul Renders schafft es nicht, dieser arg konstruierten Geschichte die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen. Es ist schon recht abwegig, dass eine Werbeagentur einen vermeintlich ultimativen Durchschnittsbürger aufgrund seiner erfolgreichen Teilnahme an einer Fernsehshow großangelegt überwachen lässt. Im Film tauchen die beiden Drahtzieher dieser Agentur auch recht unvermittelt auf und können ihr Handeln kaum mit Substanz unterfüttern. Und dass Claire sich in Jalil verliebt, ist ganz augenscheinlich ein Gemeinplatz - und ein überaus langweiliger noch dazu. Natürlich ist zwischen beiden erstmal Funkstille, als die ganze Lüge auffliegt, und natürlich finden sie dann doch noch zusammen.

    So richtig haarsträubend wird die ohnehin unglaubwürdige Geschichte dann im letzten Drittel. Achtung Spoiler! Nun ist die Politik schon auf die Wunderwaffe Jalil aufmerksam geworden und will sich die besondere Begabung des Herren zunutze machen. Der Präsident persönlich umwirbt den jungen Durchschnittsbürger und will ihm seine Meinung zum Wahlkampfprogramm entlocken. Parallel avanciert Jalil zum Medienstar, denn nachdem das falsche Spiel aufgeflogen ist, nutzt er die Aufnahmen geschickt für eine Reality-Show. Der anfangs Ausgebeutete profitiert nun also von seiner unfreiwilligen Überwachung, alles wendet sich zum Guten. Dieser Umschwung findet im Film allzu schnell und aufgesetzt statt, von einer Szene in die nächste nämlich. Dass Jalil sich dank seiner neuen Popularität zum negativen verändert, bleibt auch nicht aus und auch diese Entwicklung wird dem Zuschauer viel zu schnell vorgesetzt. Und als dann noch herauskommt, dass Jalil sich nicht nach der Masse richtet, sondern ebenjene nach ihm, ist das Chaos perfekt und der Film driftet vollends in die Ausgesetztheit ab. Spoiler Ende!

    Auch auf der stilistischen Ebene finden sich kaum Elemente, die das Thema des Films angemessen reflektieren. Lediglich der Mix aus 35mm-Bildern und DV-Aufnahmen fällt hier ins Auge. Ansonsten ist „Mr. Average“ weitgehend so inszeniert, als würde er gar nicht von der totalen Überwachung eines Menschen handeln. Die oberflächlich ausgestaltete Liebesgeschichte zwischen Claire und Jalil steht viel mehr im Vordergrund, als dies wünschenswert gewesen wäre. Besonders in der zweiten Hälfte dominiert dieser Aspekt dermaßen enorm, dass die mediensatirischen Elemente nur noch als Schmuckwerk betrachtet werden können.

    Pierre-Paul Renders liefert mit „Mr. Average“ eine als Satire getarnte romantische Komödie; einen Film, der sowohl inhaltlich, als auch stilistisch zu oberflächlich und konform ist, um sich mit seinem augenscheinlichen Vorbild „Truman Show“ auch nur ansatzweise messen zu können. Und selbst in der Inszenierung der Liebesgeschichte bekleckert der Film sich nicht gerade mit Ruhm, exerziert er doch nur die altbewährte Rom-Com-Dramaturgie durch. So taugt „Mr. Average“ nicht einmal mehr als kurzweiliges Kinovergnügen, dafür hinterlassen die unmotivierten, abstrusen Wendungen einfach einen zu bitteren Nachgeschmack.

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