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    Tage des Donners
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Tage des Donners
    Von Thomas Wachner

    Nach welchem Rezept erreicht man Anfang der neunziger Jahre ein jugendliches, von MTV und der Popkultur geprägtes Publikum? Man nehme einige attraktive Nachwuchsstars und lässt einen vielversprechenden, aufstrebenden Regisseur das Bild in Szene setzen, der sich nicht nur durch Werbefilme ausgezeichnet hat, sondern bereits zwei Blockbuster (Top Gun, „Beverly Hills Cop II“) vorzuweisen hat. Untermalt wird diese Mischung von einem vorwärtstreibenden Soundtrack, der die bunten und bislang hektischen Schnitte ergänzen soll. Die Story ist dabei eher nebensächlich – vor allem das Auge des Betrachters soll in den Rausch der Bilder gezogen werden. Nach diesem einfachen Schema produziert Jerry Bruckheimer (Fluch der Karibik-Trilogie, The Rock, Armageddon), der inzwischen als einer der erfolgreichsten Produzenten unserer Zeit bekannt ist, im Jahr 1990 den Film „Tage des Donners“.

    Erzählt wird die Geschichte des talentierten Nachwuchsrennfahrer Coole Trickle (Tom Cruise, Mission: Impossible), der sich in der Welt der NASCAR einen Namen machen möchte. Doch der Karrierestart erweist sich als unerwartet schwer. Zunächst muss er sich den Respekt seines erfahrenen Mechanikers Harry Hogge (Robert Duvall, Der Pate) verdienen. Und auf der Rennstrecke werden in Gladiatorenmanier Kämpfe zwischen den Fahrern ausgetragen. Insbesondere Cooles Konkurrent Rowdy Burns (Michael Rooker, JFK) versucht ihn mit allen Mitteln auf die Plätze zu verweisen. Als die beiden Wettstreiter bei einem Rennen einen schweren Unfall erleiden, werden sie von der Gehirnspezialistin Claire Lewicki (Nicole Kidman, The Hours) untersucht und behandelt, mit der Coole schließlich eine Affäre beginnt. Obwohl beide Männer erbittert um den Sieg kämpfen und dabei ein enormes Risiko eingehen, entwickelt sich zwischen ihnen eine Freundschaft, die sie letztlich motiviert für einander einzustehen.

    Mit Machwerken wie „Tage des Donners“ wurde zu Beginn der Neunziger ein neues Genre geboren: Filme für ein jugendliches Publikum, das stark von dem Erfolgszug des Musikfernsehens geprägt war. Es verwundert daher nicht, dass dem Soundtrack eine so erhebliche Rolle beigemessen wurde und sich der Oscarpreisträger Hans Zimmer für die musikalische Bearbeitung verantwortlich zeigt.

    Mit Tony Scott (Spy Game, Domino, Mann unter Feuer, True Romance) hat die Jerry Bruckheimer den richtigen Regisseur für seinen Film gefunden. Obwohl die Geschwindigkeit der Schnitte und der Inszenierung noch nicht mit späteren Werken des Briten vergleichbar ist, so sind schon ähnliche Tendenzen erkennbar. Insbesondere die Rennsequenzen gewinnen durch die häufigen Perspektivenwechsel an Tempo. Im Gegensatz dazu werden die Szenen abseits der Rennstrecke in leicht verwaschenen Tönen erzählt, welche die romantischen Gefühle zwischen Coole und Claire unterstreichen sollen. Dabei lehnt sich Tony Scott noch stark an Blockbuster der siebziger und achtziger Jahre („Love Story“) an, was nicht recht zu dem Rest passen will.

    Wie bereits eingangs erwähnt, steht die Story und eine intensive Charakterentwicklung eher im Hintergrund. Es wird eine Geschichte von großen Jungs und ihren Spielzeugen erzählt, eine Geschichte, die nicht verstanden, sondern nur betrachtet werden möchte. Die Motive der Hauptfiguren und ihrer Beziehungen untereinander werden nicht näher erläutert. Die Rennfahrer erscheinen allesamt als hormongesteuerte, in ihren eigenen Stolz verliebte Halbstarke, die sich in jeder Situation nur durch den direkten Vergleich zueinander definieren können. Entscheidend ist nur, wer das schnellere Auto, wer die hübschere Freundin hat.

    Eine Entwicklung der Charaktere findet im Grunde nicht statt. Und die geringe Tiefe der Persönlichkeiten macht das Verständnis ihrer Motive unmöglich. So scheint sich die Wandlung der feindseligen Konkurrenz zwischen Coole und Rowdy in ihre tiefe Verbundenheit beinahe über Nacht zu vollziehen. Ebenso ist der Konflikt zwischen dem Mechaniker Harry und Coole unversehens aufgelöst und plötzlich schaut der Rennfahrer zu dem erfahrenen Mann wie zu einem Mentor auf. Selbst die Liebesbeziehung zwischen Coole und Claire stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Warum sich eine brillante Gehirnspezialistin wie im Rausch einen unverantwortlichem Draufgänger wie Coole hingibt, bleibt unklar.

    Trotz seiner vielversprechenden Besetzung mangelt es „Tage des Donners“ an zu vielem, um nachhaltig und auf gewissem Niveau gut zu unterhalten. Die Geschichte wirkt bekannt und absehbar und ist vom Aufbau vergleichbar mit früheren Filmen, in denen Tom Cruise die Hauptrolle spielte, wie zum Beispiel „Top Gun“ oder „Die Farbe des Geldes“, die aber beide mehr Charme und Unterhaltungswert aufboten. Wenn man aber einen bunten Film für regnerische Nachmittage sucht, den man nicht verstehen, sondern nur verfolgen möchte, hat man mit ihm eine akzeptable Wahl getroffen.

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