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    Verlockende Falle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Verlockende Falle
    Von Carsten Baumgardt

    Ende der Neunziger galt Jon Amiel („Sommersby“, Copykill, „Agent Null Null Nix“) als grundsolider Regisseur, der sich in Hollywood durchgesetzt hatte. Bevor der Engländer 2003 mit dem Sci-Fi-Rohrkrepierer The Core an der Kasse schweren Schiffbruch erlitt und seine Karriere damit in die Zweitklassigkeit beförderte, konnte er mit „Verlockende Falle“ zum Ausgang des alten Jahrtausends noch einen letzten Hit landen. Das spannende Caper-Movie überzeugt als hochglänzendes Starkino reinster Prägung.

    Die New Yorker Versicherungsdetektivin Gin Baker (Catherine Zeta-Jones) heftet sich an die Fersen des legendären Millionendiebes Robert MacDugal (Sean Connery). Sie überzeugt ihren Boss Hector Cruz (Will Patton), dass nur MacDugal hinter dem spektakulären Raub eines Rembrandt-Gemäldes stecken könne. Die kesse Gin wirft einen Köder aus, auf den der betagte Gauner anbeißt. Er lädt sie auf sein feudales Schloss nach Schottland ein – in dem Glauben, dass Gin selbst eine Meisterdiebin sei. Gemeinsam hecken sie den Plan aus, eine millionenschwere Maske aus einem Museum zu stehlen. MacDugals einziger Verbündeter Thibadeaux (Ving Rhames) besorgt die entsprechende Ausrüstung. Doch der Raub der antiken Maske soll nur der Auftakt einer fruchtbaren Zusammenarbeit sein, ein möglicher Jahrhundertcoup in Kuala Lumpur übt einen unglaublichen Reiz auf das ungleiche Diebesduo aus…

    Die Zutaten, derer sich Jon Amiel in seinem Gauner-Abenteuer bedient, sind derart klassisch, dass sich James Bond A.D. Sean Connery (Der Name der Rose, The Rock, Jagd auf Roter Oktober, Indiana Jones und der letzte Kreuzzug) mit seiner unerschütterlichen Gentleman-Präsenz als wie geschaffen für die Rolle des gerissenen Schlitzohr-Diebes erweist. Damit allein ist schon die Grundlage für das Funktionieren des Star-Vehikels gelegt. Denn um das Charisma Connerys schachmatt zu setzen, bedarf es schon eines so jämmerlichen Drehbuchs wie das von James Robinson zu Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen. Doch Ronald Bass („Dangerous Minds“, „Schnee, der auf Zedern fällt“, „Hinter dem Horizont“) und William Broyles Jr. (Apollo 13, Untreu, Der Polarexpress) haben alles souverän im Griff. Mehr noch: Ihr Skript glänzt durch schicke Finten und mehrfache doppelte Böden, was einen weiteren Teil des Reizes ausmacht. Wer gerade mit wem welches Spiel treibt und wer auf welcher Seite steht, darf der Zuschauer beinahe minutenaktuell aufs Neue für sich ausloten. Lediglich bei der finalen Auflösung gibt die Konvention eines groß budgetierten Mainstreamfilms die Stoßrichtung zwangsläufig vor. Aber Spaß macht es trotzdem.

    Ebenso spektakulär wie Catherine Zeta-Jones‘ hautenge Outfits fallen die Schauwerte aus, die - ganz Starkino der Neunziger - von Amiel in prachtvoller Optik an den Zuschauer gebracht werden. Die Bilder aus London, Schottland, New York und Kuala Lumpur sind eine Augenweide in Hochglanz und verbinden sich reibungslos mit der clever konstruierten, aber dennoch nicht unbedingt realistischen Geschichte zu gediegenem Edeltrash der angenehmen Sorte. Die Bilderbuchsets üben eine ungeheure Dominanz aus, die Amiel als Stützpfeiler für seine Inszenierung dienen. Dazu hat der Regisseur die Gunst der damaligen Stunde erkannt und nutzt den be- und gefürchteten Millennium-Bug, der die Computerwelt zur Jahrtausendwende ins Chaos stürzen sollte (es aber nie tat), als zusätzliches Element, um im Finale knisternde Spannung zu erzeugen. Amiel zieht also alle Register.

    Als zwiespältige Angelegenheit erweist sich die Beziehung zwischen den Hauptdarstellern Sean Connery und Catherine Zeta-Jones (Traffic, Chicago, Rezept zum Verlieben), die 1999 der Masse nur durch „Die Maske des Zorro“ bekannt war. Einerseits strahlt Connery trotz seiner 68 Jahre zur Zeit des Drehs einen unverwüstlichen Alt-Bond-Charme aus, der Frauen jeden Alters schwach werden lassen könnte, auf der anderen Seite ist Zeta-Jones aber eben satte 39 Jahre (!) jünger als ihr Leinwandpartner. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn das Drehbuch nicht eine stetig köchelnde Love Story servieren würde. Mit Blick auf Connerys Charisma und Zeta-Jones‘ sexy Ausstrahlung kann man dies zwar irgendwie akzeptieren, es ist aber zumindest als grenzwertig anzusehen. Ausgesprochen effektiv agierten die Nebendarsteller. Ving Rhames (Pulp Fiction, Con Air) und Will Patton (Postman, No Way Out, Armageddon) nutzen ihre kurzen Szenen für knackige Auftritte.

    Die Schwachstelle Altersunterschied schmälert den Gesamteindruck nicht entscheidend. Denn zum einen nimmt die Liebesgeschichte eh keine zentrale Stellung ein, zum anderen bleibt es oft bei Andeutungen der gegenseitigen erotischen Anziehungskraft. Außerdem wird die Liebelei zudem sehr hübsch aufgelöst und einen ernsthaften Anspruch auf Realismus erhebt sowieso niemand. Viel wichtiger ist da schon Amiels auf Spannungsmomente angelegte Inszenierung der Beutezüge. Und hier überzeugt „Verlockende Falle“ auf ganzer Linie. Natürlich ist das Finale auf den Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur over the top, aber zugleich so griffig, dass es bestens unterhält. Der Raub der Maske erinnert ein wenig an Brian de Palmas sensationelle CIA-Einbruchssequenz aus Mission: Impossible, selbst wenn deren Niveau nicht ganz erreicht wird.

    Fazit: Das romantische Gaunerstück „Verlockende Falle“ bietet Schauwerte, Charme und Spannung auf gutem Niveau jenseits jeglichen Anspruchs – Regisseur Jon Amiel erreicht sein Ziel, knapp zwei Stunden packend und gepflegt zu unterhalten.

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