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    The Informers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Informers
    Von Ulf Lepelmeier

    „The Informers" führt den nihilistischen Aspekt eines „American Psycho" fort und erzählt von Menschen in Los Angeles, die im Kampf gegen existentielle Sinnentleerung bereits aufgegeben zu haben scheinen. Der auf der gleichnamigen Kurzgeschichtensammlung von Kultautor Bret Easton Ellis basierende Film zeichnet ein zynisches Bild einer Upperclass der 80er Jahre, in der Zufriedenheit eine Farce und Vertrauen eine Verfehlung ist. Regisseur Gregor Jordan lässt in seinem schmerzenden Drama Unsympathen aufeinandertreffen und wieder auseinandergehen; mit fataler Untergangsstimmung führt er die episodisch aufgestaffelten Lebensfäden zusammen.

    Los Angeles, 1983: Schönling Graham Sloan (Jon Foster) lebt als Sohn eines getrennten Society-Paares in den Tag hinein. Der Drogendealer teilt seine Schlafstätte sowohl mit seinem engsten Freund Martin (Austin Nichols) als auch mit seiner freizügigen Freundin Christie (Amber Heard), von der er sich mehr als puren Sex wünscht. Während Graham nach dem Sinn des Lebens sucht, begibt sich Kollege Tim Price (Lou Taylor Pucci) widerwillig mit seinem Vater auf einen Kurzurlaub nach Hawaii. Der höchst vitale Alte möchte seinem entfremdeten Sohn näher kommen. Unterdessen trifft der gefeierte New-Wave-Star Bryan Metro (Mel Raido) in Los Angeles ein. Der auf Grund seines exzessiven Drogenkonsums beständig neben sich stehende Sänger soll seine Karriere wiederbeleben. Eigentlich will er den Kontakt zur Ex und seinem kleinen Sohn erneuern, schlägt seine Zeit aber immernoch mit willenlosen Groupies tot. Portier Jack (Brad Renfro) kam mit dem Schauspiel-Ambitionen nach LA. Nun muss er sich mit seinem kriminellen Onkel Peter (Mickey Rourke) herumschlagen und wird unfreiwillig in ein fürchterliches Geschäft verwickelt. Grahams Eltern scheinen sich derweil wieder näherzukommen. Doch Zündstoff gibt es zwischen der tablettenabhängigen Laura (Kim Basinger) und dem prestige-geilen Hollywood-Produzent William (Billy Bob Thornton) immernoch zur Genüge...

    „Ich brauche jemanden, der mir sagt, was Gut und Böse bedeutet. Wenn niemand dir sagt, was Gut und Böse sind, woher sollst du es dann wissen?" – so Graham Sloan zu seinem Freund Martin. Dieses zentrale Zitat des Films skizziert die Verlorenheit einer Generation, deren elterliche Vorgänger so offensichtlich alle Skrupel abgelegt haben. Der amerikanische Skandalromancier und Co-Drehbuchautor Bret Easton Ellis („American Psycho", „Lunar Park") nimmt in seiner Kurzgeschichtensammlung „The Informers" einmal mehr die amerikanische High Society und deren Konsumdrang in den Fokus. Draus destilliert Regisseur Gregor Jordan eine visuell und emotional unterkühlte Gesellschaftskollage im Stil von „Short Cuts", „L.A. Crash" oder „21 Gramm"; eine, in der egozentrische Misanthropen und bemitleidenswerte Verlierer erschütternde Enthüllungen wie belanglosen Smalltalk verhandeln.

    Das schillernde Dasein ist hier brüchige Oberfläche, während Gefühle der Hilflosigkeit und Verzweifelung mit Drogen und Alkohol betäubt werden. Jordan inszeniert eine hoffnungslose, von Gleichgültigkeit und Selbstbetrug regierte Welt. Beziehungen bleiben distanziert in diesem kollektiven Rausch der Selbstverliebtheit. Dass die emotionale Involvierung des Publikums dennoch funktioniert, ist vor allem einem Darsteller-Ensemble zu verdanken, das den inneren Aufruhr der Figuren immer wieder effektiv aufflackern lässt. Jon Foster meistert seine Protagonistenrolle ordentlich und deutet an, wie sehr sich der in den Tag hinein lebende Produzentensohn nach festen Strukturen sehnt.

    Die promiskutive Christie wird überraschend freizügig von Amber Heard verkörpert. Auch wenn sie vorerst mehr durch ihren makellosen Körper auffällt, berührt das bedrückende Schicksal der erst so unsympathischen Frau dann doch noch. Während Austin Nichols in seiner Gigolorolle blass bleibt, setzen Winona Ryder und Mickey Rourke in Gastauftritten Akzente. Besonders bemerkenswert sind Kim Basinger und Billy Bob Thornton, die ihrem so entfremdeten wie exzentrischen Ehepaar Sloan interessante Facetten abringen. Einerseits fühlt sich William seiner genüsslich im Weltschmerz versinkenden Frau verpflichtet. Andererseits sucht er Kontakt zur jüngeren Nachrichtensprecherin Cheryl, die neue Lebensgeister in ihm weckt.

    Die Jagd nach Zerstreuung, Rausch und Reizen wird untermalt von coolem 80er-Elektrosound. Mal stoßen die abgründigen Figuren ab, dann wieder wird ihre Verletztheit sichtbar – dieses Zusammenspiel von Abstoßendem und Berührendem zeichnet den Film aus. Auch, wenn der satirische Biss der Ellis-Verfilmung „American Psycho" dabei fehlt. „The Informers" mäandert gleich seinen betäubten Figuren zwischen den Bildern einer wohlhabenden und dabei längst verlorenen Gesellschaft umher. So irritierend die lose Erzählstruktur vorerst sein mag, so schockierend wirkt Gregor Jordans nüchterne Momentaufnahme dekadenter Yuppiekultur.

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