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    High School Musical
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    High School Musical
    Von René Malgo

    20. Januar 2006. Ein Disney-Film feiert TV-Premiere. 7,7 Millionen Zuschauer sehen den Film, eine Teenie-Musical-Komödie. „Highschool Musical“ avanciert zum Überraschungshit. Seine unbekannten Hauptdarsteller werden über Nacht zu Superstars. Gerechnet hat kaum jemand mit einem solch durchschlagenden Erfolg, handelt es sich bei „Highschool Musical“ doch um ein nach simplem Muster gestrickter Jugendfilm. Eine TV-Revolution bietet die Musical-Klamotte auch nicht, aber ein gewisser Unterhaltungswert und so etwas wie Charme kann dem Werk nicht abgesprochen werden. Das anvisierte Publikum hat jedenfalls so ziemlich genau das bekommen, was es hätte erwarten können… und ein kleines bisschen mehr.

    Troy (Zac Efron) ist der Kapitän der Schul-Basketballmannschaft. Er kann nicht singen, dachte er, bis zu einem gewissen Silvesterabend, wo er zu einem unfreiwilligen Karaoke-Auftritt gedrängt wird. Seine Singpartnerin ist das ebenso gesangsunwillig Mathe-Genie Gabriella (Vanessa Ann Hudgens). Es kommt, wie es kommen muss: Die beiden entdecken ihr ungeahntes Talent und ihre Freude am Singen. Selbstverständlich verlieben sie sich, doch der Weg zum ultimativen Glück hat so seine Tücken. Als sie sich nämlich für die Hauptrollen im Schulmusical bewerben, bringen sie die selbsternannte Gesangsgöttin Sharpay (Ashley Tisdale) mitsamt ihrem trotteligen Bruder Ryan (Lucas Grabeel) gegen sich auf. Das Duett gehört nur dem Geschwisterpaar, ginge es nach Sharpay. Weil das Leben schwer ist - auch auf der High School - versuchen Troys Basketballmannschaft und Gabriellas Mathe-Team die beiden auseinander zu bringen und vom Singen abzuhalten. Sie sehen jeweils den Erfolg ihrer Gruppen in prestigeträchtigen Wettbewerben gefährdet. Irgendwie verständlich, denn wichtige Ereignisse fallen allesamt auf ein und denselben Tag: ein wichtiges Basketballfinale, die Mathemeisterschaft und das finale Casting. Da müssen Prioritäten gesetzt werden, oder Wunder geschehen…

    Troy ist ein All-American-Boy, Gabriela fast ein All-American-Girl, mit zwei Besonderheiten: Latina und Streberin. Das hätte sie zur Außenseiterin machen können, aber sie ist viel zu niedlich, um zum bemitleidenswerten High-School-Freak stilisiert zu werden. Immerhin, dieses Klischee lassen die Macher von „Highschool Musical“ links liegen. Überhaupt ist Umgang mit den unvermeidlichen Klischees angenehm locker. „Highschool Musical“ gibt sich weniger dramatisch, als die Inhaltsangabe klingen mag. Ein paar obligatorische Trauertränchen werden zwar verdrückt, dann geht’s aber sogleich wieder unbeschwert weiter. Nein, ein Jugend-Drama versucht das Musical erst gar nicht zu sein. Die Plattheiten werden mit einem Augenzwinkern präsentiert. Ironie ist das Stichwort. Die Disney-Studios sind in der Moderne angekommen. Das schlägt sich nicht nur in der Musik nieder, sondern auch im unterschwelligen Sarkasmus, der momentan in der Filmlandschaft in ist. Auf den Disney’schen Zuckerguss wird zwar nicht verzichtet, aber das Studio hat mit Girls Club oder Verwünscht schon bewiesen, dass sich Ironie und Süßglasur durchaus kombinieren lassen können. Ironie geht dabei weniger von den Hauptdarstellern aus, sondern eher vom schrägen Geschwisterpaar Sharpay und Ryan. Ashely Tisdales Blonde-Zicke-Parodie ist herrlich überdreht und auch Lucas Grabeel kann die Lacher und sogar einige Sympathiepunkte für sich verbuchen. Gelegentlich wird es zwar allzu albern, aber nie wirklich peinlich - vorausgesetzt, der Betrachter errötet nicht schon bei der Tatsache, überhaupt ein Teenie-Musical zu gucken.

    Die Moral von der Geschicht’ lässt sich schon aus dem Inhalt ablesen. Es ist das übliche Programm: Kämpfe für deine Träume. Stehe dazu, anders als andere zu sein. Gemeinsam sind wir stark, etc. Tugenden, sicherlich nicht verwerflich, aber eben auch nichts umwerfend Neues. Das Übliche eben. Nachdenklich stimmen dürfte „Highschool Musical“ niemanden, dafür können Hobby- und Fachpädagogen dem Werk aber auch keinen schädlichen Einfluss vorwerfen. „Highschool Musical“ ist absolut kinder- und familientauglich. Disney eben. Und das darf dem politisch korrekten Studio auch mal zugute gehalten werden. Sie verstehen es einfach, unterhaltsame, ganz und gar unanstößige Familienunterhaltung zu produzieren. Daher ist die Moral auch recht universell gehalten, lediglich das Setting fällt typisch amerikanisch aus. Aber welcher regelmäßige Hollywood-Filmgucker kennt das High-School-System mit seinen Eigenheiten nicht schon in- und auswendig? Wenn unbedingt etwas bitter aufstoßen muss, dann wohl am ehesten der Vorwurf, dass „Highschool Musical“ zu suggerieren scheint, dass nur den Hochtalentierten und Siegertypen Glück hold sein kann. Der übergewichtige Durchschnittsbürger ohne öffentlichkeitswirksame Talente könnte zumindest ob der Gaben- und Schönheitsverteilung in „Highschool Musical“ neidisch werden.

    Die jugendlichen Darsteller machen ihre Sache gut. Sie sind sympathisch, schlimmstenfalls etwas blass, bestenfalls charmant. Das liegt im Ermessen des Betrachters. Für jeden Typ ist etwas dabei. Die Zielgruppe wird bedient. Die Mädels dürfen den coolen, aber doch einfühlsam wirkenden Zac Efron anschmachten, die Jungs können heimlich von der süßen Vanessa Ann Hudgens träumen. Wer auf durchgeknallte Blondinen steht, kann sich an einer schnippischen Ashley Tisdale ergötzen. Und die Sympathisanten clownesker Loser mögen sich an Lucas Grabeel als Ryan halten. Für die Älteren bleibt das Machwerk dank der Ironie goutierbar. Und die Jüngeren? Sie sehen die naive, musikalisch aufbereitete Love Story ohnehin mit anderen Augen als der kritische Cineast.

    Das A und O eines Musicals sind natürlich Tanz und Gesang. Flott, einfallsreich und perfekt durchchoreographiert präsentieren sich die Tänze, wie bei Disney-Filmen schon fast Standard. Regisseur Kenny Ortega weiß, wie eine gute Massenszene ausgestaltet werden muss, ist doch das sein eigentliches Metier. Er war unter anderem für die Choreographie von Dirty Dancing zuständig. Zur in fünf Tagen aufgenommen Musik lässt sich nicht allzu viel sagen. Sie entspricht dem Massengeschmack: glatt und rhythmisch, mit Ohrwurmpotenzial. Ein Evergreen ist wohl kaum dabei, aber die Songs passen in den Film. Vom Schmachtfetzen, über Poppiges bis zum Mainstream-Hip-Hop wird alles geboten. Das gefällt der breiten Masse und tut denen, mit einem etwas eigeneren Geschmack nicht wirklich weh.

    „Highschool Musical“ hat altbekannte Zutaten perfekt gemixt und mit einem gesunden Schuss Ironie versehen. Die Regie ist sicher. Die knallbunten Kulissen passen zum Ton der lockerflockig erzählten Geschichte. Klischeehaftigkeit und eine einfallslose Grundstory sind damit nicht verschwunden, aber zumindest egalisiert. Charmante Darsteller, antreibende Tanzchoreographien und genehme, humoristische Würze machen die Schwächen wett. Wer sich einen Film wie „Highschool Musical“ zu Gemüte führt, weiß auch in der Regel worauf er/sie sich einlässt. Der Name ist Programm. Damit verknüpfte Erwartungen werden nicht enttäuscht. Ein neuer Grease darf allerdings nicht erwartet werden. Die Ironie bleibt nämlich stets harmlos und wird nie richtig bissig. Die Verantwortlichen haben gut daran getan, den ursprünglichen Arbeitstitel „Grease 3“ nicht zu übernehmen. „Highschool Musical“ macht Spaß, entspricht aber dem „Nährwert“ eines Fast-Food-Menüs.

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