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    Bloodrayne: The Third Reich
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Bloodrayne: The Third Reich
    Von Jan Hamm

    Die Zeiten, in denen den Regie-Machenschaften des Uwe Boll mit einem herzhaften Lachen Genüge getan war, sie sind vorbei. Dass der Doktor aus Wermelskirchen in den vergangenen Jahren Ambition demonstriert hat, lässt sich nicht leugnen. Zweifelsfrei gebührt ihm Respekt dafür, so ungeheuer schwierige Filmstoffe wie den Völkermord in „Darfur" anzugehen, sich an ambivalenten historischen Figuren wie „Max Schmeling" zu versuchen und als Kino-Schulpädagoge „Auschwitz" zu thematisieren. Man will ihm ja applaudieren für seine zumindest in der Theorie respektablen Projekte. Bloß, wie ein studierter Literaturwissenschaftler einen derart schlampig argumentierten und manipulativen Film wie „Auschwitz" allen ernstes als Beitrag zur deutschen Erinnerungskultur verkaufen kann, das gibt nahezu unlösbare Rätsel auf. Sein größtes Problem, größer als seine handwerklichen Defizite: Er verwechselt Auseinandersetzung mit zynischer Behauptung. Er hat kein Interesse daran, Gewaltphänomene zu ergründen; vielmehr predigt er mit seinen Filmen lautstark, Menschen seien nunmal von Natur aus niederträchtig – nur, um dann ebenso niederträchtig ans Werk zu gehen. Symptomatisch dafür steht der hochgradig sexistische und bestenfalls amateurhaft inszenierte Genre-Streifen „Bloodrayne: The Third Reich".

    Die Vampirin Rayne (Natassia Malthe, „BloodRayne 2"), aufgrund ihrer Tagaktivität à la „Blade" strenggenommen: Dhampirin, wütet irgendwo durch Nazideutschland. Seit ihr Vampirvater Jahrhunderte zuvor ihre Mutter vergewaltigt und umgebracht hat, macht Rayne Jagd auf Monster. Hitler, so doziert sie, sei so ein Monster. Vorerst begnügt sich der hübsche Ninja-Spitzzahn aber mit einem kleinen Haufen Gefreiter und dessen Kommandanten Ekart Brand (zum zwölften Mal vor Bolls Kamera: Michael Paré). Dumm nur, dass der kurz vor seinem Exitus noch eine Zungenspitze Rayne-Blut erhascht und damit selbst zum Blutsauger wird. Der irre Doktor Mangler (Clint Howard, „House Of The Dead") ist begeistert: Warum nicht gleich dem Führer zur Unsterblichkeit verhelfen? Als Rayne Wind vom Treiben der Nazischergen bekommt, setzt sie gemeinsam mit dem planlosen Widerständler Nathaniel (Brendan Fletcher) und dessen wilder Bande alles daran, Brand und Mangler auszuschalten...

    „Bloodrayne: The Third Reich" ist Bestandteil gleich zweier Trilogien – als Sequel der Videospielverfilmungen „BloodRayne" und „Bloodrayne 2", ebenso aber als Mittelteil einer Nazi-Trias: Im Zuge einer einzigen Produktion wurde der Vampirstreifen vom gerissenen Ökonom Boll zusammen mit seinem gescheiterten Holocaust-Aufklärungsfilm und der Naziploitation-Klamotte „Blubberella" abgedreht; Set, Ausstattung und Cast sind weitestgehend identisch. Drei Herzen schlagen, ach, in des Doktors Brust! Er will als seriöser Historien- und Politfilmer, als Genre-Lieferant und als waghalsiger Humorist zugleich verstanden werden. „Blubberella" ist schließlich nichts weiter als eine „Bloodrayne: The Third Reich"-Parodie, in der ein schwergewichtiges Simpelchen an die Stelle der hübschen Vampirdame gerückt wird. Damit treten einmal mehr Humorverständnis und Frauenbild des Mannes zutage, der sich im DVD-Audiokommentar zu „Alone in the dark" gehässig über die mangelnde Freizügigkeit seiner damaligen Hauptdarstellerin Tara Reid ausließ.

    In „Postal: Der Film" musste die beleibte „Blubberella"-Darstellerin Lindsay Hollister in einer Nebenrolle noch mit Mehl bestäubt werden, damit ihre Feuchtgebiete sexuell anvisierbar wurden, nun zieht sie Nazischergen die Weichteile lang – hihi! Über das Körpervolumen seiner hölzern spielenden Rayne-Aktrice Natassia Malthe dagegen kann Boll sich schlecht lustig machen, die Dame hat immerhin jahrelang als Model gearbeitet. Aber sie ist immernoch eine Frau, ergo Fetischobjekt. Boll macht genau das chauvinistische Macho-Kino, das Zack Snyder mit seinem katastrophal missverstandenen „Sucker Punch" eben nicht blind bediente, sondern bissig thematisierte. Und so schickt er Rayne zur Erholung von ihrer anstrengenden Nazijagd kurzerhand ins Bordell. Das jedoch keineswegs, weil der Schauplatz handlungsrelevant wäre – von einer Handlung im klassischen Sinne kann bei „Bloodrayne: The Third Reich" ohnehin kaum die Rede sein –, sondern weil Frauen eben dort hingehören. Oder etwa nicht?

    Nachdem Rayne eine Prostituierte vor einem übergriffigen Freier bewahrt hat, dankt ihr die Belegschaft naturgemäß mit einer schnellen Lesbennummer auf Kosten des Hauses, in Szene gesetzt als schmieriger Softporno. Das ist keine harmlos-pubertäre Pin-Up-Phantasie in Hochglanzbildern à la Michael Bay, sondern die C-Movie-Variante eines Hamburg-Mannheimer-Betriebsausflugs ins schöne Osteuropa. Weiter geht's in einem Lastwagen-Laderaum auf dem Weg zu einem Finale, das sich überhaupt erst im Rückblick als solches verstehen lässt, weil der Film danach schlichtweg vorbei ist. Die in Gefangenschaft geratene Rayne schläft, den Kopf auf Nathaniels Schoß liegend, und schreckt wie aus einem Albtraum erwachend hoch, als der nach ihren Brüsten greift. Naheliegend: Für diese mutige Anmache wird der Grapscher mit einem Quickie honoriert, wie soll man sich als weggesperrte Frau auch sonst die Zeit vertreiben?

    Ebenfalls artgerecht in einem Käfig gehalten wird derweil eine blutsaugende Bordelldame, nachdem sie Rayne an Kommandant Brand verraten hat. Begeistert kommt Doktor Mangler, ein entgrenzt von Ron Howards („Frost/Nixon") Bruder Clint vorgetragener Joseph-Mengle-Verschnitt, mit der Inhaftierten ins Gespräch: „Du wirst ja mehr und mehr zum Tier!" – „Und du verwirrst mich. Das gefällt mir!" Oder anders: Sie will es doch auch. Im Kino des Uwe Boll sind Frauen willige Verfügungsmasse. Solange er Filme wie „Bloodrayne: The Third Reich" produziert und die Würde seiner Darstellerinnen mit Füßen tritt, wird ihm die herbeigesehnte Anerkennung vorenthalten bleiben. Im Kontext solcher Machwerke nämlich sind die aufklärerischen Anliegen des Doktors unmöglich ernst zu nehmen.

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