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    Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe
    Von Jan Hamm

    Ein junger Mann, der eine Liaison mit einer wesentlich älteren Frau eingeht – noch vor drei Jahrzehnten war so eine Story ausgemachter Skandalstoff. Doch seit dem genüsslich zelebrierten Tabubruch Harold und Maude hat der Schockwert solcher Geschichten merklich abgenommen. In der romantischen Komödie „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“, die auf dem gleichnamigen Roman des Filmkritikers Gernot Gricksch basiert, versucht Theater- und Filmregisseur Leander Haußmann deshalb gar nicht erst, Problematik und Reiz generationsübergreifender Verhältnisse zu ergründen. Sein Metier ist sowieso die augenzwinkernd und anekdotenhaft erzählte Unterhaltung, die gelegentlich - wie beispielsweise in seiner Wende-Komödie „Sonnenallee“ - die Grenze zum Klamauk überschreitet. „Robert Zimmermann...“ setzt diesen Trend fort und ist dabei oft zu sehr um Coolness und Pointen bemüht, um nebenher noch glaubhaft von großen Gefühlen erzählen zu können.

    Robert Zimmermann (Tom Schilling, Elementarteilchen, Napola) ist 26, erfolgreicher Ego-Shooter-Designer und verdammt cool. Über die Frauenprobleme von Mitbewohner Ole (Christian Sengewald) kann er nur schmunzeln. Als ihn aber ein Ketchupfleck in die Wäscherei der unnahbaren Monika (Maruschka Detmers) führt, ist es augenblicklich um ihn geschehen. Seine Freundin Lorna (Julia Dietze) wird kurzerhand abserviert, die Jagd auf den neuen Schwarm postwendend eröffnet. Vorerst aber ist Monika von ihrem „Stalker“ alles andere als begeistert. Wie soll das funktionieren - eine allein erziehende Mutter und ein draufgängerischer Jungspund? Doch der Verehrer lässt nicht locker. Und während Amor in Roberts Familienumfeld Verwirrung stiftet, kommt auch Monika nicht umhin, sich über die Liebe zu wundern...

    Diese beiden Begriffe – Verwunderung und Verwirrung – reichen aus, um das Gefühlsspektrum von „Robert Zimmermann...“ zu skizzieren. Auf sensible Figurenzeichnung verzichtet Haußmann von Beginn an. Stattdessen scheucht er überzeichnete Charaktere durch sketchartige Situationen. Große Gefühle stehen dabei permanent im Mittelpunkt, Tragweite kann Haußmann dem bunten Treiben allerdings zu keinem Zeitpunkt verleihen. Wo es auch kriselt – alles bleibt seltsam leichtfüßig. So kündigen etwa Roberts Eltern ihren erstaunten Kindern an, sich trennen zu wollen. Allerdings wird dieser Bekanntmachung genau soviel Gewicht verliehen wie Vaters (Adam Oest) nächtlichen Apfelmus-Naschereien. Und die Auseinandersetzung zwischen Roberts lesbischer Schwester Pia (Annika Kuhl, Der Baader-Meinhof Komplex) und ihrer rustikalen Lebensgefährtin Marga (Bettina Stucky), die sich wegen Pias heimlicher künstlicher Befruchtung in die Haare kriegen, erinnert eher an einen trotzigen Sandkastenstreit denn einen substanziellen Konflikt. So mutet „Robert Zimmermann...“ dann auch weniger wie eine romantische denn wie eine reinrassige Komödie an.

    In einer reinen Komödie wiederum machen derart überzeichnete Charaktere natürlich Sinn. Durch abwechslungsreiche Regie-Einfälle reizt Haußmann das komische Potential der Story aus. Die Eröffnungssequenz, die in Form eines Ballerspiels, bei dem Schulmädchen und buddhistische Mönche hingerichtet werden, über die Leinwand flimmert, wird von Programmierer Robert mit einem lässigen: „Geil, ist das menschenverachtend!“ kommentiert. Dass er das Blut für den deutschen Jugendschutz grün einfärben soll, passt ihm hingegen gar nicht. Um Monikas minderjährigen, pubertierenden Sohn zu beeindrucken, reicht die grüngefärbte Gewaltorie aber allemal. In flapsigen Momenten wie diesem unterhält „Robert Zimmermann...“ ausgezeichnet. Dazu gesellen sich nette Slapstick- und Screwball-Sequenzen, wie beispielsweise die schockierende Konfrontation des Vaters mit dem Mitbewohner seines Sohnes, die erstaunt feststellen müssen, beide hinter dem gleichen Mädel her zu sein.

    Und da ist sie wieder – die Frage nach dem etwaigen Alterskonflikt. Haußmann weiß um die Vorgeschichte seines Themas und baut selbstbewusst Referenzen ein. Da ist einerseits der Name des Protagonisten: Robert Zimmermann ist der Geburtsname von Bob Dylan. Schon allein dadurch hat Robert die 68er Generation andauernd im Nacken sitzen - ständig wird ihm „Blowing In The Wind“ hinterhergepfiffen. Zudem verweist der Film in Form von Simon-&-Garfunkel-Songs, einem Filmquiz und dem Cameo-Auftritt von Art Garfunkels Sohn wiederholt auf Mike Nichols Die Reifeprüfung – ein Vergleich, der ironisch wirken soll, im Kontext der Leichtigkeit des Films aber nicht zieht. Natürlich spricht Monika im Verlauf der Handlung mehrfach über ihre Bedenken. Die sind aber jeweils nach Roberts nächster Charmeoffensive wieder vergessen. Wie es im übrigen zu dessen euphorischer Schwärmerei kommt, was er an Monika findet und worauf das Verhältnis eigentlich hinauslaufen soll – darüber wird kein Wort verloren.

    Den Darstellern sieht man ihren Spaß an. Adam Oest gibt einen herrlich verplanten Vater auf der Suche nach den Überresten der eigenen Jugend. Maruschka Detmers wirkt immer gerade so distanziert, dass Robert eine Aufforderung zur Eroberung in ihrem Verhalten finden kann. Und Shooting-Star Tom Schilling ist trendy, cool und voller Tatendrang - also genau so, wie das Publikum ihn sehen will.

    Wer mit „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ einen unterhaltsamen Kinoabend verbringen will, muss sich mit einer leichtfüßigen, temporeichen und mit viel Hamburger Lokalkolorit gewürzten Sketchparade begnügen. Präzise Beobachtungen gehörten auch zuvor nie zu Haußmanns Stärken, wohl aber die locker-leichte Inszenierung amüsanter Anekdoten. Der Titel ist Programm: Wer hier wen liebt, ist weniger wichtig, als wer sich gerade über wen wundert. Das inhaltliche Potential bleibt zwar auf der Strecke, als - stellenweise etwas alberne - Unterhaltung funktioniert „Robert Zimmermann...“ durchaus.

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