Mein Konto
    Dieser viel zu unbekannte Kriegsfilm war lange nur gekürzt erhältlich – nun feiert er uncut sein Heimkino-Comeback
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Publikumsliebling Romy Schneider in einem von der Kritik gefeierten Antikriegs-Drama – das einst in Deutschland selbst in gekürzter Form ab 18 Jahren freigegeben war: Die Obskurität „Abschied in der Nacht“ bekommt nun eine Heimkino-Neuauflage.

    Obwohl Romy Schneider nicht zuletzt dank der „Sissi“-Filme zu den größten Stars Europas zählte, wird ihr Schaffen nur noch selten ausreichend gewürdigt: Schneider trat in zahlreichen Filmen auf, die die Grenzen ausloteten, was das hiesige Publikum zu verarbeiten gewillt war. Trotz der Furore, die von diesen Werken ausging, werden die riskanten Auftritte Schneiders kaum noch beachtet. Einer dieser Filme ist das Antikriegsdrama „Abschied in der Nacht“.

    Der auch unter dem Alternativtitel „Das alte Gewehr“ bekannte Rachefilm lief in Deutschland gekürzt mit einer FSK-Freigabe ab 18 im Kino und wurde bis ins DVD-Zeitalter hinein nur geschnitten angeboten. Mittlerweile erhält der Film sporadisch Uncut-Neuauflagen, die mit ihrem Bild und Ton jedoch die Fans spalten. Nun gibt es eine neue Alternative: Heute erscheint „Abschied in der Nacht“ digital restauriert und uncut auf Blu-ray.

    Parallel dazu wird eine DVD-Neuauflage* veröffentlicht, die auf derselben Restauration basiert. Wer auf ausführliche Hintergrundinfos und/oder eine besondere Aufmachung wert legt, greift derweil zum bereits im Frühjahr erschienenen Mediabook*. Es enthält die nun in Standard-Verpackung nachgereichte Blu-ray und DVD sowie ein informatives Booklet.

    "Abschied in der Nacht": Rache im von Nazis besetzten Frankreich

    1944: Julien Dandieu (Philippe Noiret), seine Frau Clara (Romy Schneider) und die gemeinsame Tochter Florence (Catherine Delaporte) führen ein bürgerliches Leben in Montauban. Julien engagiert sich im Widerstand, wovon die faschistische Miliz Wind bekommt. Also schleust Julien Clara, Florence und seine Mutter (Madeleine Ozeray) von ihrem Heimatstädtchen zu einem Familienschloss im Örtchen Barberie. Doch eine Division der SS kommt diesem Plan auf die Schliche – und Julien muss zum Rächer werden!

    „Abschied in der Nacht“ spaltete die zeitgenössische deutsche Filmkritik, die teils die Darstellung der Nazis als zu brutal und herablassend empfand und teils gerade diese drastische Skizzierung der Faschisten lobte. In Frankreich wurde das Kriegs-Rachedrama dagegen schon damals so aufgefasst, wie es nun auch in jüngeren deutschen Rezensionen ankommt: Überwiegend gibt es für Robert Enricos Regiearbeit großes Lob dafür, dass sie selbst mit kleinen Mitteln eine drastische, einprägende Hoffnungslosigkeit erzeugt.

    In diesem Skandalfilm trifft Mafiakino auf Pornografie – jetzt kommt der Klassiker uncut zurück ins Heimkino

    Im allerersten Jahrgang der César Awards, Frankreichs Pendant zum Oscar, war „Abschied in der Nacht“ konsequenterweise der große Abräumer: Auszeichnungen gab es in den Kategorien für den besten Film, den besten Hauptdarsteller und die beste Musik. Zudem wurde der Film für den besten Nebendarsteller (Jean Bouise), die beste Regie, das beste Drehbuch, die beste Kameraarbeit, den besten Ton und den besten Schnitt nominiert. Skript und Schnitt wurden in Westdeutschland allerdings verfälscht.

    Nicht nur, weil Gewaltspitzen herausgenommen wurden, sondern auch, weil an anderer Stelle speziell für die westdeutsche Fassung zusätzliche Dialoge eingearbeitet wurden: Darin fallen menschenverachtende Gespräche unter deutschen Figuren eine gute Spur harmloser aus, weil sich die Produktionsfirma dem deutschen Markt anbiedern wollte.

    Die neuen „Abschied in der Nacht“-Editionen enthalten neben dem französischem Originalton die westdeutsche Synchro – ohne die Gewaltzensuren, aber mit den für den hiesigen Markt gedrehten Bonuspassagen. Für eine kritische Einordnung sorgt im Bonusmaterial Medienwissenschaftler Stefan Jung, der über die verschiedenen Fassungen des Films aufklärt.

    Gut zu wissen: Bereits 2016 erschien „Abschied in der Nacht“ ohne Gewaltzensur in HD – damals unter dem Alternativtitel „Das alte Gewehr“. Die beschwichtigenden Zusatzszenen sind in dieser Edition allerdings nicht im Film enthalten, stattdessen befinden sie sich im Bonusmaterial.

    Die 2016 veröffentlichte Blu-ray bietet neben dem französischen Originalton und der westdeutschen Synchro zudem die für den DDR-Markt erstellte Sprachfassung, für die das DEFA-Synchronstudio verantwortlich war.

    Egal, für welche deutschsprachige Version ihr euch entscheidet: Auf Romy Schneiders Stimme müsst ihr verzichten. Die Schauspielerin synchronisierte sich zwar meistens selbst, bei „Abschied in der Nacht“ passte sie allerdings.

    Neu im Heimkino: Dieser sündige Kultfilm musste einst für eine 18er-Freigabe gekürzt werden – jetzt gibt es ihn uncut ab 6!

    *Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top