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    Der FILMSTARTS-Familientipp zum Wochenende: "Rico, Oskar und die Tieferschatten"

    In seiner 14-täglichen FILMSTARTS-Kolumne macht Rochus Wolff Vorschläge für den nächsten Familien-Filmabend - und zwar nicht nur aus der Perspektive eines Filmkritikers, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung als zweifacher Familienvater.

    Ein Kinderkrimi voller Glücksmomente

    „Ein bisschen gruselig war das schon“, gestanden meine beiden Kinder, nachdem sie aus dem Kino kamen, „aber es war auch sehr spannend“. Und so fand ich das auch, saumäßig spannend am Ende, zwischendrin vor allem umwerfend komisch, und dabei alles andere als platt, ganz im Gegenteil: „Rico, Oskar und die Tieferschatten“, auf den sich in diesem Jahr alle einigen konnten, Kritiker, Eltern und Kinder gleichermaßen, ist so eine Art weißer Elefant des Familienkinos: Eine sehr seltene, schüchterne Erscheinung, nämlich ein rundum gelungener, gar mitreißender deutscher Kinderfilm.

    Es begegnen sich zwei sehr ungleiche Kinder, der hochbegabte Oskar, der aber leider vor allem möglichen Angst hat und deshalb immer einen Motorradhelm trägt, und der (wie er selbst sagt) „tiefbegabte“ Rico, dem die Gedanken manchmal unkontrollierbar wie Bingokugeln im Kopf herumrollen, der sich aber dafür eigentlich vor nichts wirklich fürchtet. Während Rico sich wichtige Dinge in den „Merkrecorder“ spricht, damit er sie nicht vergisst, weiß Oskar vieles schon im Voraus – und wie sich herausstellt, ergänzen sich die beiden aufs Wunderbarste.

    „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ist vieles zugleich: Ein Film über eine ungewöhnliche Freundschaft, ein Großstadtfilm (auch wenn er in Berlin spielt, scheint er nicht darauf festgelegt), ein Krimi, der schon als würdiger Nachfolger für „Emil und die Detektive“ gehandelt wurde (daher das spannende Finale), und schließlich und vielleicht vor allem ein Film darüber, wie Kinder und Erwachsene miteinander umgehen. So leichtfüßig, so elegant und wenig gedankenschwer sieht man das allerdings im deutschen Kino eher selten. Denn das Drehbuch und die Inszenierung von Neele Leana Vollmar packen die großen Themen einfach wie nebenher und selbstverständlich in die Erzählung: Welche Mühen zum Beispiel Ricos alleinerziehende Mutter auf sich nimmt, welch enge Bindung er zu ihr hat – das wird auch deshalb für die kindlichen Zuschauer sofort klar, weil es eben nicht verhandelt, sondern gezeigt wird.

    Natürlich liegt das nicht zuletzt an der Vorlage, dem Kinderbuch von Andreas Steinhöfel, für das der Schriftsteller mit einigem Recht mit Preisen beworfen wurde: Denn schon da finden sich all die genauen Beobachtungen und herben Wahrheiten, die dafür sorgen, dass „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ kein Feelgood-Movie, keine weichgespülte Kindheitsphantasie ist – und die behutsame Adaption durch das Drehbuch bleibt glücklicherweise sehr nahe an den Worten und Ideen Steinhöfels. Meine Kinder hielt natürlich die spannende Geschichte ebenso bei der Stange wie der Humor; aber in ihren Erzählungen kam dann auch immer wieder durch, dass sie sich ebenso sehr dafür interessierten, was da unterschwellig noch passiert: Dass Rico und Oskar sich allein auf den Weg durch die große Stadt machen (die auch die ihre ist), das war ihnen wohl ein wenig unheimlich, das schien ihnen sehr mutig. Wir sollten vielleicht mal mit ihnen darüber sprechen, wie sie sich im Moloch Berlin orientieren können.

    „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ist gerade vergangene Woche auf DVD und Blu-ray erschienen – und landet sicher auch bei uns unterm Christbaum. Frohes Fest!

    Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.

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