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    "Mumins an der Riviera": Der FILMSTARTS-Familientipp zum Wochenende

    In seiner 14-täglichen FILMSTARTS-Kolumne macht Rochus Wolff Vorschläge für den nächsten Familien-Filmabend - und zwar nicht nur aus der Perspektive eines Filmkritikers, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung als zweifacher Familienvater.

    Mit den Trollwesen ab ans Mittelmeer

    MFA

    Die Mumins, das muss man wissen, sind sehr freundliche und liebenswerte, optisch vage an Flusspferde erinnernde Trollwesen, die irgendwo in Finnland im beschaulichen Mumintal hausen. Die Schriftstellerin Tove Jansson hat sie erfunden, erst in Geschichten, dann auch in Bilderbüchern und Comicstrips, die seit 1954 bis in die 1970er Jahre hinein erschienen sind. Inzwischen gibt es aber definitiv zu wenig Mumins in der Welt! Die Bücher sind freilich noch zu haben, aber die alten Fernsehserien – etwa die altmodische Schwarz-Weiß-Inszenierung der Augsburger Puppenkiste – werden kaum noch ausgestrahlt. Da kommt „Mumins an der Riviera“ gerade recht, ist er doch der erste sehenswerte Mumins-Film seit langer Zeit.

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    Das neue Filmabenteuer orientiert sich ästhetisch ganz am traditionellen Zeichentrickstil und folgt im Wesentlichen einem der frühen Comics: Bei einem Ausflug ans Meer verursachen die Mumins versehentlich den Schiffbruch eines Piratenschiffs, dessen Kapitän das Lagerfeuer der Mumins mit einem Leuchtturm verwechselte. Als Mumins Freundin, das Snorkfräulein, in den Schätzen an Bord eine Beschreibung der Riviera findet, beschließt sie sofort: Da muss sie hin! Und so macht man sich auf den Weg – mitten hinein ins sonnige Urlaubsparadies der Schönen und Reichen…

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    Das Bild der Riviera im Film und vor allem ihre Beschreibung als Sehnsuchtsort sind eher „historisch“ geraten – Jansson selbst hatte zu jener Zeit eine Reise dorthin unternommen und ihre eigenen Erfahrungen in ihrer Geschichte mit verarbeitet. Aber auch wenn der Rahmen deshalb etwas altbacken wirkt: Die Erzählung funktioniert auch heute noch einwandfrei. Die Mumins kommen ahnungslos wie Kinder an der Riviera an - sie begreifen schon einmal gar nicht, dass man für alles bezahlen muss, fühlen sich stattdessen im Hotel und überall eingeladen. Sie treffen mit anderen Gästen zusammen, allesamt reich und adelig, die fasziniert sind von der Einfachheit der Neuankömmlinge – und zugleich ist vor allem das Snorkfräulein geschmeichelt von den vielen Zuwendungen, auch Schmuck und Reichtümer findet sie gar nicht uninteressant...

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    „Mumins an der Riviera“ bleibt eng an seiner Vorlage; Konflikte entwickeln sich langsam und bleiben letztlich harmlos. Trotzdem verhandelt der Film wie nebenbei den Umstand, dass unsere Gesellschaft von Geld und Klassenzugehörigkeit strukturiert wird – und dass die Reichen und Erfolgreichen auch nicht unbedingt glücklicher sind als die, die sich an „einfachen“ Dingen erfreuen. Und weil die Mumins zwar kindlich-unschuldig, aber trotzdem nicht frei von Fehlern sind, eignen sie sich für Kinder umso besser als Haltepunkte in einer Welt voller widerstreitender Werte und Bewertungen. Das klingt kompliziert? In „Mumins an der Riviera“ ist es das aber nicht. Den einfachen Strichen der Zeichnungen entsprechen klare Linien in der Erzählung: ohne Bösewichte, ohne einfache Auswege, aber eben auch ohne Schnörkel. Es braucht mehr Mumins in der Welt.

    Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.

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