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    "Trudes Tier": Der FILMSTARTS-Familientipp zum Wochenende

    In seiner 14-täglichen FILMSTARTS-Kolumne macht Rochus Wolff Vorschläge für den nächsten Familien-Filmabend - und zwar nicht nur aus der Perspektive eines Filmkritikers, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung als zweifacher Familienvater.

    Dinge mit Spucke an der Wand festkleben

    Universum Film GmbH

    Trudes Tier ist sauer. Die letzte Gurke will einfach nicht aus dem Glas raus, und dann, und dann... passiert noch mehr - und wenn das Tier wütend wird, muss es Dinge mit seiner Spucke festkleben: den Stuhl an die Wand, den Besen, den Blumentopf, eben einfach alles, was so rumsteht. Das hält und geht gar nicht mehr ab! Jedenfalls bis die Wut verraucht ist. Das Tier ist groß, mit schwarzgrauem Fell und etwas zottelig. Es kommt von irgendwo her, wo man Dinge eben anders macht, aber von wo und warum, daran kann es sich nicht erinnern - und so lange darf es erst mal in Trudes Wohnung bleiben, auf den Kissen im Wohnzimmer.

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    Von diesem merkwürdigen, Dinge festklebenden Wesen erzählt die Serie „Trudes Tier“, deren Episoden seit April 2014 immer mal wieder in der „Sendung mit der Maus“ zu sehen sind – und neun Folgen gibt es jetzt erstmals endlich auch auf DVD. Das ist ein Glück. Denn „Trudes Tier“ gehört zum Charmantesten, was das deutsche Animationsschaffen in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat. Produziert vom Studio Soi, das auch das oscarnominierte Kleinod „Der Grüffelo“ verantwortete, entwerfen die Macher der Serie immer wieder kleine Miniaturen, die gewissermaßen ein Kinderleben in ganz groß zeigen: Denn das Tier ist bei all seiner enormen Kraft wie ein großes Kind - naiv, beharrlich, sanft, frech, eingeschnappt und wütend. Das heißt: Es ist Kindern unmittelbar und intuitiv sehr nah.

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    Warum soll man sich entschuldigen, nur weil man etwas genommen hat, das man halt gerne haben möchte? Die Fremde (also Trudes Zuhause), in der das Tier landet, ist die seltsame Welt der Erwachsenen, mit der sich Kinder jeden Tag konfrontiert sehen – und die beim Blick von Außen wirklich etwas seltsam erscheinen muss. Das ist größtenteils sehr, sehr komisch, aber immer eher auf eine leise Art, nie platt-brachial. Und daher passt es auch, wenn es in einer Folge auch mal um den Tod geht, ums Trauern – der kleine Vogel lebt nicht mehr, wie soll man ihn begraben? Braucht er nicht sein Spielzeug noch? Wo ist er jetzt? Das alles wird in klugen, nie aufgesetzten kindlichen Dialogen verhandelt, während zugleich die Bilder bezaubern – ganz schlicht gehalten, Tuschemalerei und moderne Animationstechnik verbindend.

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    Im Grunde sind die Episoden von „Trudes Tier“ perfekte kleine Betthupferl – es gibt noch einiges zu erzählen und zu bereden nach so einer kurzen Folge, aber allzu aufregend sind sie nie. Das einzige Risiko: Das Kind könnte zum Tier auswachsen, Gegenstände mit Spucke an der Wand befestigen und ganz beharrlich immer wieder einfache Fragen stellen…

    Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.

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