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    Meinung zu "Wonder Woman": Doctor Poison ist kein schwacher Bösewicht

    In „Wonder Woman“ wird die giftgasmischende Widersacherin Doctor Poison von der spanischen Schauspielerin Elena Anaya verkörpert – eine Kinofigur, die vielschichtiger ist, als es auf den ersten Blick scheint.

    Warner Bros.

    Gerade im Vergleich zum Marvel Cinematic Universe (MCU) sind die Filme des DC Extended Universe (DCEU) wie „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ oder „Suicide Squad“ bisher bei Fans und Kritikern überwiegend nicht so gut angekommen. Allerdings wird bei der generellen Kritik meist ein Aspekt explizit ausgenommen: die Bösewichte!

    Mit dem Joker (Jared Leto), General Zod (Michael Shannon) und Lex Luthor (Jesse Eisenberg) hatte DC in dieser Hinsicht bisher klar die Nase vorn. Bei „Wonder Woman“ ist es nun allerdings genau andersherum – der Film wird mit Lob überschüttet (auch von uns gibt es 4,5 Sterne), aber die Bösewichte bekommen davon kaum etwas ab (auch in meiner Kritik fällt zu ihnen tatsächlich kein Satz, was zum Teil aber auch mit der Vermeidung von Spoilern zu tun hat).

    Aber während die Figur des kriegstreibenden Generals Erich Ludendorff tatsächlich nicht viel mehr zu bieten hat als das abgründige Charisma von Schauspieler Danny Huston (William Stryker aus „X-Men Origins: Wolverine“), steckt in Dr. Maru alias Doctor Poison auf den zweiten Blick doch viel mehr als nur eine generische Handlangerin mit auffälliger Gesichtsmaske.

    Warner Bros.

    Stattdessen erweist sich Doctor Poison, wie es ja in Comic-Storys keine Seltenheit ist, quasi als Spiegelung der Protagonistin: Wie Diana Prince alias Wonder Woman (im Krieg) muss sich auch Dr. Maru alias Doctor Poison (in der Wissenschaft) in einer stark männlich dominierten Domäne durchschlagen – in dieser Hinsicht ist sie fast schon eine Nachfolgerin von Marie Curie, deren Leistungen auch zeitlebens von der wissenschaftlichen Community nie vollends anerkannt wurden, obwohl sie als einer von nur zwei Menschen in zwei verschiedenen Gebieten mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurde (1903 für Physik und 1911 Chemie).

    Aber während sich Wonder Woman konsequent auf ihre (weiblichen) Ideale besinnt (ihr Feind bleibt immer allein der Krieg und nicht der Gegner auf der anderen Seite der Frontlinie), setzt Dr. Maru bei ihrem Kampf um Anerkennung voll darauf, ihre männlichen Kollegen buchstäblich mit ihren eigenen Waffen zu schlagen – und so entwickelt sie nun eben noch wirkungsvollere, noch grauenvollere Giftgase, als sie ohnehin schon auf den Schlachtfeldern zum Einsatz kommen.

    Ein prägnant zusammengefasstes gesellschaftliches Problem: Auf einigen Gebieten haben sich die klassischerweise männlichen Qualitäten schon so sehr als erstrebenswert etabliert (so gelten etwa Politiker als schwach, wenn sie nicht direkt eine „harte Hand“ beweisen, sondern erst einmal abwarten), dass über mögliche alternative Wege kaum bis gar nicht mehr nachgedacht wird. Auch das macht Wonder Woman so erfrischend, während Dr. Maru eben für den leider klassischen Weg steht, sich in einer Männerwelt mit Männermethoden durchsetzen zu wollen.

    In den Comics selbst steckt all das übrigens nur in groben Ansätzen drin. So versteckt Prinzessin Maru (die ursprüngliche Doctor Poison existiert in den Comics während des Zweiten Weltkriegs) in ihren ersten Auftritten etwa ihr wahres Geschlecht komplett hinter einem klobigen Kostüm und einer ihr Gesicht verdeckenden Maske, während bei ihrem Enkelkind Marina Maru (trägt ebenfalls den Namen Doctor Poison) trotz langer Fingernägel und Lippenstift bisher bewusst in der Waage gehalten wird, welchem Geschlecht es angehört.

    DC Comics

    Aber über diese angedeuteten Ambivalenzen hinaus wurde mit der Figur (bzw. den beiden Figuren) bisher in den Comics noch nicht allzu viel Spannendes angestellt (nur ihr Giftgas ist Heften cooler, denn es kann dafür sorgen, dass sich der Alterungsprozess der Opfer umkehrt, woran übrigens auch die erste Doctor Poison zu Grunde gegangen ist). Doctor Poison ist damit trotz ihrer wenigen Leinwandminuten einer von ganz wenigen Comic-Charakteren, der in der Verfilmung sogar komplexer ist als in der Vorlage.

    Wonder Woman“ läuft seit dem 15. Juni 2017 in den deutschen Kinos und führt aktuell die deutschen Kinocharts an.

     

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