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    Was Lisbeth Salander und Harry Potter gemeinsam haben: Das FILMSTARTS-Interview mit Claire Foy am Set von "Verschwörung"

    Im neuen Millennium-Thriller „Verschwörung“ ist Lisbeth Salander die Hauptfigur. Wir haben Schauspielerin Claire Foy im April 2018 am Set zum Interview getroffen – und sie war, ganz wie Lisbeth, verdammt direkt.

    2018 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

    FILMSTARTS: Wie ist das, an so einem großen Set zu arbeiten?

    Claire Foy: Wie an jedem anderen Set auch. Es gibt mehr Action zu drehen, aber im Grunde sind sie alle gleich. Doch die Leute hier sind echt liebenswert und es ist ein wirklich aufregendes Projekt.

    FILMSTARTS: Was ist die größte Herausforderung dabei, Lisbeth Salander zu spielen?

    Claire Foy: Da gibt es einige, darunter ihr Akzent. Die größte dürfte sein, sie nicht eindimensional werden zu lassen – sie nicht einfach nur wütend oder grimmig zu zeigen.

    FILMSTARTS: Was ist Lisbeths beste Eigenschaft?

    Claire Foy: Sie ist unglaublich unvoreingenommen. Sie beurteilt niemanden anhand von Sexualität, politischer Einstellung oder Moral. So was ist heute leider verdammt selten. Sie hat alle möglichen verschiedenen Arten Menschen getroffen und weiß, wozu sie in der Lage sind. Ich glaube also, dass sie sehr niedrige Standards hat. Sie erwartet nicht, dass Menschen nett sind oder großzügig oder liebevoll oder ehrlich. Die Kehrseite davon: Lisbeth erwartet grundsätzlich, dass sie von Menschen betrogen wird. Denn das haben die meisten, die sie kennt, getan.

    Lisbeth lebt komplett nach ihren eigenen Regeln und nicht so, wie irgendjemand das erwarten würde. Ich bewundere sie dafür wirklich und glaube, auch wenn das schräg ist, dass wir mehr Leute wie sie brauchen.

    Die neue Lisbeth

    FILMSTARTS: In „Verschwörung“ sehen wir eine ältere Lisbeth. Wie hat sie sich verändert?

    Claire Foy: Sie ist verdammt mutig geworden. Sie ist nicht länger von irgendeinem staatlichen Vormund abhängig und sie ist finanziell unabhängig. Sie hat einen Gerichtsprozess hinter sich. Nun braucht sie eine neue Aufgabe, denn nach jedem Job bleibt die Leere. Da müsste sie sich mit sich selbst beschäftigen, was sie absolut nicht will. Lisbeth wird davon angetrieben, für Gerechtigkeit sorgen zu wollen. Sie weiß, dass die Justiz Frauen keine Gerechtigkeit bringt. Also übernimmt sie das und greift Männer da an, wo es richtig wegtut: beim Geld, beim Stolz und bei ihrer Männlichkeit.

    FILMSTARTS: Kannst du uns ein bisschen was über die Beziehung zwischen Lisbeth und Blomkvist in diesem Film erzählen?

    Claire Foy: Wichtig war es für die Drehbuchautoren, dass jeder die Geschichte verstehen kann – auch wenn man noch nie eines der Bücher gelesen und keinen der anderen Filme gesehen hat. Auf der anderen Seite soll aber auch niemand von den Kennern mit bekannten Informationen bombardiert werden. Für Lisbeth und Blomkvist bedeutet das: Man merkt auf jeden Fall, dass sie sich lange nicht gesehen haben und hoffentlich auch, dass sie eine gemeinsame Geschichte verbindet. Das Schöne ist: Die beiden sind Seelenverwandte, ja, aber für den jeweils anderen nicht das Love Interest in einem klassischen Sinne. Lisbeth ist eine Lesbe, die einfach nur manchmal Sex mit Männern hat.

    In diesem Film sehen wir übrigens einen Blomkvist, der jünger ist als der, den wir bisher kennengelernt haben. Damit stehen die beiden mehr auf einer Stufe, das wollte Fede so.

    FILMSTARTS: Wie würdest du das Verhältnis zwischen Lisbeth und ihrer Zwillingsschwester Camilla beschreiben?

    Claire Foy: Es ist kompliziert! Sie werden immer miteinander verbunden sein, aber Camilla war ihr ganzes Leben lang ein ziemliches Scheusal gegenüber Lisbeth. Ich bin selbst ein Zwilling und war meinen Schwestern immer sehr nahe, deswegen kann ich das schwer nachvollziehen. Doch wenn du so aufgewachsen bist, wie die beiden... Es geht darum, dass Liebe verraten wurde. So was macht Leute verrückt.

    FILMSTARTS: Wie ähnlich sind sich eigentlich Lisbeth und Königin Elisabeth?

    Claire Foy: Ich meine, man findet einige Gemeinsamkeiten: Sie schotten sich beide zum Beispiel so sehr von der Außenwelt ab, dass sie fast schon unmenschlich wirken. Beide haben Gefühle, die sie verbergen. Aber sie sind trotzdem sehr unterschiedlich.

    FILMSTARTS: Aber sind sie nicht beide auf eine Art eingezwängt?

    Claire Foy: Ich glaube nicht, dass das für Lisbeth gilt. Sie wurde von ihren Lebenserfahrungen geformt, ja, hält ihre Emotionen zurück, aber ist durch nichts eingezwängt.

    UGC Distribution/Sony Pictures Releasing/2018 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

    FILMSTARTS: Hast du dir angeschaut, wie Noomi Rapace und Rooney Mara die Figur gespielt haben? Wolltest du etwas anders machen?

    Claire Foy: Ich wollte keine Entscheidung treffen, die davon abhängt, was jemand anderes vorher gemacht hat. Ich habe mir die beiden einfach zum puren Vergnügen angesehen, bevor ich selbst verpflichtet wurde. Sie sind beide außergewöhnliche Schauspielerinnen, die Lisbeth extrem gut gespielt haben. Ich habe keine Ahnung, wie meine Lisbeth auf der Leinwand wirken wird. Es wird auf jeden Fall nicht so wie bei den Kolleginnen, denn ich bin ich.

    Es gibt aber kein Richtig oder Falsch. Es ist wie, wenn du Harry Potter spielst: Millionen haben die Bücher gelesen und jeder hat eine Meinung darüber, wie er aussehen soll. Ich kann es nicht jedem recht machen. Ich habe also schon verloren.

    FILMSTARTS: Wie schwer ist es für dich, eine Figur abzulegen?

    Claire Foy: Es kommt darauf an. Ich bin niemand von denen, die sich in jeder Rolle verlieren. Bei „The Crown“, „Unsane“ oder „Verschwörung“ leben die Figuren in einer Welt, die sehr anders ist als meine. Dann finde ich es nicht sehr hart, sie abzulegen. Bei „Verschwörung“ hilft es, dass es so viele Actionszenen gibt, es geht die ganze Zeit „go, go, go!“. Da muss ich meine Figur und das, was sie durchmacht, gar nicht so sehr leben.

    Nur bei „Solange ich atme“ war es schwer für mich, einfach weil es meinem Leben sehr ähnlich war, glaube ich. Es ging um Liebe und ich habe fast die ganze Zeit geweint. Ok, bei „Macbeth“ am Theater war es das Gleiche.

    Hollywood muss Frauen endlich so behandeln wie Männer

    FILMSTARTS: Bist du bei „Verschwörung“ der bestbezahlte Star?

    Claire Foy:: Das weiß ich nicht.

    FILMSTARTS: Hintergrund dieser Frage ist natürlich die Kontroverse um die Bezahlung bei „The Crown“. Da wurde öffentlich, dass du weniger Geld bekommen hast als dein Co-Star Matt Smith als Prinzgemahl Philip, obwohl dein Part wichtiger ist. Was sagst du dazu?

    Claire Foy:: Wenn du die Liste der bestbezahlten Schauspieler mit der Liste der bestbezahlten Schauspielerinnen vergleichst, kommen Frauen nicht mal in die Top-16. Das ist der Fakt. Und keiner kann mir erzählen, dass sich die Leute keine Filme mit Frauen in den Hauptrollen ansehen.

    Aber es reicht nicht, wenn ich als Individuum aufstehe, auf und ab springe und „Das ist nicht fair“ schreie. Es ist an den Leuten, die an der Macht sind, für Gleichheit zu sorgen. Wir Frauen sagen das seit Ewigkeiten und werden nicht damit aufhören. Die ungleiche Bezahlung bei „The Crown“ gab Produzenten die Chance, das Problem zu lösen – aber sie entschieden sich dagegen.

    FILMSTARTS: Inzwischen bekommen Frauen mehr Hauptrollen, siehe „Verschwörung“...

    Claire Foy:: Weil das ökonomisch einfach Sinn ergibt. Es geht den Produzenten dabei nicht darum, einfach nur nett zu sein. Der Punkt ist, dass Leute schon immer Frauen in Hauptrollen sehen wollten. Das ist nichts Neues. Wir sind die Hälfte der Menschheit.

    Hier könnt ihr den ausführlichen Bericht von unserem Besuch am Set nachlesen. Bald folgt unser Interview mit Regisseur Fede Alvarez und Verschwörung“ startet dann am 22. November 2018 in den deutschen Kinos.

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