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    So greift Netflix nun Disney an

    Eine Person wechselt den Arbeitgeber. Das kommt in Hollywood täglich vor. Doch trotzdem sorgt es für Schlagzeilen, dass Tendo Nagenda von Disney zu Netflix geht. Wir verraten euch, warum der Mann, von dem ihr noch nie gehört habt, so wichtig ist.

    Netflix

    Deadline vermeldete es am Wochenende zuerst, mittlerweile haben es die Branchenblätter aufgegriffen und auch wenn die finale Bestätigung fehlt, gilt es als sicher: Tendo Nagenda, ein hochrangiges Mitglied aus der Führungsetage von Disney, verlässt den Mäusekonzern und wechselt zu Netflix. Dass dieser Personalwechsel auch uns gewöhnliche Filmfans interessieren sollte, hat mehrere Gründe: die Person, die hier wechselt; was dieser Wechsel über die neue Netflix-Strategie aussagt; warum es auch nicht zu vernachlässigen ist, dass Netflix einen Mann von Disney abgeworben hat. All das spielt hier eine Rolle.

    Netflix angelt sich einen Hollywood-Top-Mann

    Tendo Nagenda galt bei Disney als der kommende Top-Mann. Er betreute zuletzt immer mehr Prestige-Projekte des Studios wie die kommenden Realverfilmungen der Animationsklassiker „Dumbo“ und „Mulan“. Er soll sogar eine der treibenden Kräfte hinter den vielen Realverfilmungen wie „Die Schöne und das Biest“ gewesen sein und so dem Mäusekonzern sehr viel Geld eingebracht haben.

    Intern war bei Disney angeblich schon lange beschlossen, dass er zeitnah befördert wird, um als Head Of Production im Tagesgeschäft die Entscheidungsgewalt darüber zu haben, welcher Film bei Disney gemacht wird und welcher nicht. Wie viel Vertrauen man ihm entgegenbracht, zeigt so auch der Umstand, dass Disney den Film „Queen Of Katwe“ weltweit in die Kinos brachte, obwohl relativ zu erwarten war, dass man damit kein Geld verdient. Die Geschichte über eine Schachspielerin aus Uganda war aber ein Herzensprojekt von Nagenda, was mit seiner Biografie zusammenhängt.

    Denn er wurde zwar in Los Angeles geboren, doch seine Vater stammt aus dem afrikanischen Uganda (während seine Mutter aus dem zentralamerikanischen Land Belize kommt). Der Einwanderersohn wird so, obwohl er Amerikaner ist, auch mal in Presseberichten „der mächtigste Afrikaner Hollywoods“ genannt. Es wurde mit Spannung erwartet, ob seine afrikanischen Wurzeln auch zukünftig Einfluss auf das Programm bei Disney haben würden. Das wird man nun allerhöchstens bei Netflix sehen.

    Netflix macht noch mehr große Filme

    Dass sich der Streaminggigant mit diesem laut allen Branchenkennern ausgewiesen Top-Mann verstärkt und ihn für wahrscheinlich sehr viel Geld von Disney abwarb, ist auch eine klare Bestätigung der neuen Richtung bei Netflix. Ging es zuerst darum, in bester Masse-statt-Klasse-Manier möglichst viele Filme zu machen und einzukaufen, um wöchentlich den Kunden neuen Stoff anzubieten, holt man sich nun einen Mann, der genau mit dem Gegenteil in den vergangenen Jahren zu tun hatte. Disney produziert nur sehr wenige Filme – die sind aber größtenteils Hits, die bei Kritikern und Zuschauern gut ankommen.

    Und vor allem sind sie meist sehr teuer. Und da geht Netflix wohl auch hin. Der Streamingdienst will nun richtig große Filme machen – und zwar regelmäßig. Dazu hat man sich Scott Stuber geholt, der zuvor für Universal Projekte wie die „Fast & Furious“-Reihe betreute. Mit ihm wird Nagenda nun zusammenarbeiten. Die beiden sollen dafür sorgen, dass Netflix neben seinen sehr erfolgreichen (und auch weiterhin geplanten) Teenie-Rom-Coms wie aktuell „To All The Boys I've Loved Before“ künftig zum einen Filme für die Oscars, aber vor allem auch richtig große Produktionen herausbringt. Mit ihren Namen und ihren Kontakten sollen Stuber und Nagenda Hollywoods Top-Talente vor und hinter der Kamera überzeugen, dass Netflix Großprojekte wie die „Herr der Ringe“-Saga oder die Filme des MCU nicht nur auch stemmen kann, sondern sogar der beste Partner dafür ist.

    Voll auf Angriff

    Dass Nagenda von Disney abgeworben wurde, dürfte weiterhin kein Zufall sein. Netflix attackiert die wohl bekannteste Filmschmiede der Welt sehr offensiv, hat zum Beispiel bereits zuvor „Grey’s Anatomy“-Erfinderin Shonda Rhimes von Disney abgeworben. Disney ist schließlich – auch mit seinem eigenen Streamingdienst – vom Partner zum stärksten Konkurrenten geworden. Intern soll bei Netflix so auch die Marschroute ausgegeben worden sein, Disney bei jeder Gelegenheit zu übertrumpfen. Bei Netflix verfolgt man wohl zudem das Ziel, dass das eigene Logo vor einem Film ähnliche Gefühle bei Zuschauern auslöst wie das legendäre Disney-Schloss.

    Mit „6 Underground“ entsteht aktuell die bislang teuerste Netflix-Eigenproduktion. 150 Millionen Dollar soll der Actionfilm von „Transformers“-Regisseur Michael Bay mit „Deadpool“ Ryan Reynolds in der Hauptrolle kosten und ein ganzes Franchise in Gang bringen. Mit den Comics von Mark Millar („Kick-Ass“) will man zudem eine Art eigenes MCU aufbauen – auch hier mit Filmen, die Budgets von jenseits der 100 Millionen Dollar haben. Und man will immer mehr Top-Stars an sich zu binden. So versucht Netflix schon lange ein geeignetes Filmprojekt für eine Zusammenarbeit mit Robert Downey Jr. zu gewinnen. Dass er als Iron Man ein Disney-Gesicht ist, dürfte da ein angenehmer Nebeneffekt sein.

    Für uns Filmfans zeigt dieser neue Schritt so: Es wird künftig noch mehr Großproduktionen und Filme allgemein geben, den Netflix wird davon immer mehr umsetzen, die klassischen Filmstudios werden aber ihren Ausstoß ganz sicher nicht reduzieren – ganz im Gegenteil, denn Disney wird künftig auch Filme für den eigenen Streamingdienst zusätzlich zu den bisherigen Kino- und TV-Projekten realisieren.

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