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    "Iron Fist" auf Netflix: Darum ist die 2. Staffel so viel besser

    Die erste Season von „Iron Fist“ war eine Enttäuschung – auf sehr vielen Ebenen. Nun gibt es die zweite Staffel. Wir haben die ersten sechs Episoden davon gesehen und können schon jetzt sagen, dass Marvel sich rehabilitiert hat.

    Netflix

    Daredevil“, „Jessica Jones“, „Luke Cage“, „Iron Fist“, das Crossover „The Defenders“ und schließlich noch „The Punisher“. Sechs Marvel-Serien gibt es mittlerweile auf Netflix – und bei einer Umfrage, welche die schlechteste ist, lautet die Antwort wohl meist: „Iron Fist“. Dort stören am Reißbrett entworfene Figuren und eine fade Story, das Hauptproblem aber sind die wirklich schwachen Actionszenen, die einer Serie, in der es um einen Martial-Arts-Kämpfer geht, den Garaus machen.

    Doch Marvel hat aus seinen Fehlern gelernt. Nachdem die Figur Iron Fist in der ersten Season ihrer Einzelserie und in der enttäuschenden Zusammenkunft „The Defenders“ nicht funktionierte, zeigte schon der starke Mini-Auftritt in der zweiten Season von „Luke Cage“, dass man wohl endlich einen guten Zugang zum Milliardenerben mit der magischen Faust gefunden hat. Und das bestätigen auch die von uns gesichteten ersten sechs (von insgesamt zehn) Episoden der zweiten Staffel. Doch bevor wir euch verraten, was genau besser ist, noch ein paar Infos zur Story.

    Linda Kallerus/Netflix

    Darum geht es

    Danny Rand (Finn Jones) gab dem scheinbar todgeweihten Matt Murdock in „The Defenders“ das Versprechen, „seine“ Stadt zu beschützen. Es ist eine schwere Bürde, der er als Iron Fist nun jede Nacht nachgeht. Seine Firma hat er dabei längst in die Hände seines Jugendfreundes Ward Meachum (Tom Pelphrey) gelegt. Mit seiner Freundin Colleen Wing (Jessica Henwick) lebt er nun in einfachen Verhältnissen in Chinatown. Sie arbeitet tagsüber in einer Hilfsreinrichtung, er ist Möbelpacker.

    Ausgerechnet vor Dannys und Colleens Haustür fangen die Probleme an. Verfeindete Gangs verwandeln die Straßen des Viertels in ein Schlachtfeld. Danny kann gar nicht so schnell überall einschreiten, wie es nötig wäre. Und dann tauchen auch gleichzeitig Davos (Sacha Dhawan) und Joy Meachum (Jessica Stroup) wieder auf. Was der naive Milliardenerbe nicht ahnt: Seine beiden früheren Freunde aus völlig unterschiedlichen Leben haben sich verbündet, um ihn zu zerstören...

    Linda Kallerus/Netflix

    Harte Action

    Einer der größten Kritikpunkte an der ersten Staffel von „Iron Fist“ war die Action – und das völlig zurecht. Dass es zu wenig Zeit zur Vorbereitung damals gab und Hauptdarsteller Finn Jones daher nicht genug trainieren konnte, interessiert den Zuschauer nun einmal herzlichst wenig. Wenn die Serie von einem herausragenden Kämpfer handelt, muss das auch rüberkommen. Bei der Action sind nun sehr deutliche Fortschritte zu sehen. Finn Jones hat offensichtlich die Zeit genutzt, um zu trainieren (und zwischenzeitlich wird die Figur auch hinter eine Maske versteckt, so dass man einen Stuntman nutzen kann).

    Aber noch viel wichtiger: Die Choreographien sind in der zweiten Staffel „Iron Fist“ um ein Vielfaches besser. Das ist wohl der Verdienst von Clayton J. Barber, der unter anderem für „Creed“ die wohl eindrucksvollsten Boxkämpfe des gesamten „Rocky“-Franchise gestaltete, bei „Black Panther“ schon für einen Marvel-Kinofilm die Kampfszenen bestens koordinierte und auch an „John Wick 2“ beteiligt war. Barbers Verpflichtung zahlt sich aus – besonders in den vielen Kampfszenen, in denen fast ausschließlich die Hände zum Einsatz kommen und bei der offensichtlichen Entscheidung, die mystische Ebene rund um die magische Faust häufiger zu verlassen und mehr in Richtung von Straßenkämpfen à la „Daredevil“ zu gehen.

    Linda Kallerus/Netflix

    Die Action ist jetzt viel energischer, dynamischer und vor allem auch härter. Ein frühes Highlight ist eine Kampfszene in einem Restaurant bzw. dessen Küche. Auch in der Rückblende zum Kampf um den Titel und die Macht der Iron Fist zwischen Danny und Davos werden viel besser die Kräfte deutlich, die beim Aufeinanderprallen von Fäusten auf Köpfe und Körper wirken, als in jedem einzelnen Fight der ersten Season.

    Noch immer ist viel Luft nach oben, da noch immer mit dem einen oder anderen Schnitt kaschiert werden muss, dass Finn Jones, Jessica Henwick und Co. natürlich in erster Linie Schauspieler sind und keine Kampfsportler, aber der Fortschritt ist offensichtlich.

    Interessante Figuren

    Aber auch beim Schreiben wurde einiges getan. Zwar gehen die Versuche, der Figur Danny Rand Schattierungen zu verleihen, noch nicht ganz auf, doch gerade bei den Nebenfiguren zeigt sich schon nach wenigen Episoden der zweiten Staffel mehr Potential als in der gesamten ersten Season. So bekommt unter anderem Ward seinen eigenen Charakterbogen, der nicht zu viel Raum einnimmt, um störend zu wirken, aber genug, um Interesse zu wecken.

    Zudem ist es durchaus erfrischend, dass die Macher die Motivationen sehr offen zeigen. Eine der Schwächen von Staffel eins war, dass zahlreiche Figuren selbst nicht wussten, was sie wollen – das daraus resultierende Hin und Her nervte.

    Linda Kallerus/Netflix

    Es macht Spaß!

    Der ersten Season fehlte weitestgehend jede Leichtigkeit und selbst das dankbare „Fish-Out-Of-Water“-Szenario mit Dannys Wechsel von einem Mönchs- in ein Milliardärsleben wurde vermasselt. In der zweiten Staffel von „Iron Fist“ ist dagegen auch mal Platz für einen lockeren, aber nicht unpassenden Spruch. Allgemein durchzieht eine größere Lockerheit die gesamte Geschichte. Figuren dürfen auch mal ein Lächeln auf den Lippen tragen, Situationen auch mal absurd werden. Und dass auf Geschäftsmeetings verzichtet wurde, die sich in der ersten Staffel teilweise ewig zogen, ist sicher ebenfalls kein Nachteil.

    Alice Eve

    Zu vielen vertrauten Gesichtern in der Besetzung kommt auch eine neue Darstellerin: Alice Eve, unter anderem bekannt aus Filmen wie „Star Trek Into Darkness“, „Sex And The City 2“ und „Zu scharf, um wahr zu sein“, lernen wir in „Iron Fist“ erst einmal als verschrecktes Mauerblümchen Mary kennen. Aber Comic-Leser dürften schon wissen, dass hinter der Figur „Mary Walker“ alias „Typhoid Mary“ alias „Bloody Mary“ deutlich mehr steckt…

    Wir wollen aus Spoilergründen gar nicht so sehr auf die im wahrsten Sinne des Wortes große Vielschichtigkeit von Mary eingehen, aber es wird schon früh deutlich, dass viel Potential in der Figur steckt (was im „Elektra“-Kinofilm mit Natassia Malthe in der Rolle einst völlig versaut wurde). Vielleicht besteht sogar die Hoffnung, dass wir die Figur, die in den Comics traditionell eine Daredevil-Widersacherin ist, noch öfter im Marvel-Netflix-Universum sehen.

    Linda Kallerus/Netflix

    Ein neuer Showrunner

    Wenn wir schon über Neuzugänge vor der Kamera reden, müssen wir auch auf die dahinter zu sprechen kommen. Die zentrale Person bei jeder Serie ist der sogenannte Showrunner, der Chefautor, bei dem alle Fäden zusammenlaufen und der die Hauptverantwortung trägt. Bei der ersten Staffel war Scott Buck für „Iron Fist“ verantwortlich. Der verantwortete einst die finalen drei Seasons von „Dexter“ und wie die misslang ihm auch „Iron Fist“ (er setzte danach mit dem völlig missratenen „The Inhumans“ sogar noch eine weitere Marvel-Serie in den Sand). Nun wurde er zum Glück ausgetauscht.

    Zugegeben, sein Nachfolger Raven Metzner hat auch nicht die eindrucksvollste Vita. Der Karrierestart des mittlerweile erfahrenen TV-Autors mit seinem bislang einzigen verfilmten Kinodrehbuch „Elektra“ ist sicher kein Glanzlicht (wobei hier das Skript auch noch massiv überarbeitet wurde und nicht mehr viel von Metzner stammt). Doch der Neue hat „Iron Fist“ deutlich besser im Griff. Hinter der zweiten Season ist die Struktur klar erkennbar, sie wirkt nicht mehr wie eine füllende Vorbereitung auf „The Defenders“, sondern wie eine eigenständige Erzählung.

    Starke Regisseure

    Regisseure sind bei Serien oft nur Auftragsarbeiter, aber können trotzdem hier und da ihren Stempel aufdrücken. Und das wird schon in den ersten drei Episoden der zweiten Season offensichtlich. Für die wichtige, erste Episode, in der die ganze Season ihre Richtung bekommt, wurde mit „Die Hochzeits-Crasher“-Regisseur David Dobkin nicht nur ein erfahrener Kino-Handwerker verpflichtet, sondern auch ein Mann, der Action locker-leicht und zugleich stylish aussehen lassen kann. Das bewies er bei der Jackie-Chan-Komödie „Shanghai Knights“, aber vor allem bei der Serie „Into The Badlands“, wo er gleich die ersten drei Episoden verantwortete.

    Aber auch eine Regisseurin wie Rachel Talalay ist für jede TV-Serie ein Gewinn. Mit „Tank Girl“ beerdigte sie einst ihre Kino-Karriere, aber zuletzt war sie bei so unterschiedlichen Serien wie „The Flash“, „Legends Of Tomorrow“, „Sherlock“ und vor allem „Doctor Who“ nicht ohne Grund meist für besondere Episoden zuständig. Auch hier ist es sicher kein Zufall, dass ihre „Iron Fist“-Episode besonders wichtige Momente beinhaltet.

    Linda Kallerus/Netflix

    Fazit

    Viele Marvel-Serien bei Netflix haben neben all den vielen Stärken auch Schwächen. Die zweite Season „Daredevil“ ist zum Beispiel, bei all den starken Actionszenen und der gelungenen Einführung des Punishers, ungemein plump und undifferenziert erzählt. Die ersten Staffeln von „Jessica Jones“ und „Luke Cage“ sind trotz starker Bösewichte teilweise sehr langgezogen, doch die erste Staffel von „Iron Fist“ war eine einzige durchgehende Schwäche. Und das hat sich geändert! Noch ist zwar nicht alles Gold, was glänzt, und es gibt noch reichlich Luft nach oben, doch zumindest die ersten sechs Episoden der zweiten Staffel machen endlich Lust auf mehr von Danny Rand und seiner magischen Faust.

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