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    Das hat "Bumblebee" mit "Transformers 5: The Last Knight" zu tun: Unser Interview mit Travis Knight

    Die Überschrift unserer „Bumblebee“-Kritik lautet: Die Rettung für die „Transformers“-Reihe! Verantwortlich dafür ist vor allem Regisseur Travis Knight, den wir in Berlin zu einem Vieraugengespräch getroffen haben.

    Paramount

    FILMSTARTS: Bisher warst du vor allem für Stop-Motion-Filme wie „ParaNorman“ oder „Kubo – Der tapfere Samurai“ bekannt. Wie kam es zum Wechsel ins Live-Action-Fach? Hast du die Studios wissen lassen, dass du dafür offen bist? Oder sind die Produzenten auf dich zugekommen?

    Travis Knight: Das kam für mich völlig aus dem Nichts. Ich habe meine Filme bei Leika gemacht, aber nach dem Start von „Kubo – Der tapfere Samurai“ kamen plötzlich die Anfragen der Studios. Ich habe das nicht allzu ernst genommen, aber natürlich habe ich mich trotzdem mit ihnen getroffen. Die Filmindustrie ist ein Dorf, da helfen Kontakte immer weiter. Dann kam ein Anruf der Produzenten von Paramount, dass sie mich wegen des nächsten „Transformers“-Films treffen wollen. Ich war schockiert, denn in Anbetracht der fünf Filme, an denen ich bisher gearbeitet habe, hatte ich selbst nicht den Eindruck, dass ich unbedingt in diese Schublade von Regisseur passe. Ich bin ein ganz anderer Filmemacher als Michael Bay. Aber sie meinten, sie wollen das Franchise in eine ganz neue Richtung führen. Ich habe ihnen dann erklärt, wie ich einen „Transformers“-Film machen würde, wenn ich die absolute Freiheit hätte. Nicht einmal fünf Tage später haben sie wieder angerufen und gesagt, dass sie den Film mit mir machen wollen. Damit hätte ich nie gerechnet.

    Effekte sind kein Selbstzweck

    FILMSTARTS: Meinst du, dass es geholfen hat, dass „Kubo – Der tapfere Samurai“ der einzige Animationsfilm überhaupt ist, der zugleich auch eine Oscarnominierung für die Besten visuellen Effekte erhalten hat?

    Travis Knight: Es hat sicherlich nicht geschadet. Wenn man sich die „Transformers“-Filme ansieht, ist das natürlich eine wichtige Komponente. Aber am Ende müssen die Effekte einer Story dienen. Man kann so viel Spektakel auffahren wie man will, aber wenn es nicht in authentischen Emotionen verankert ist, dann ist es nur eine zeitweise Ablenkung, bloßes Eye Candy. Das Studio hat also sicher mit in Betracht gezogen, dass ich mich mit diesem Aspekt des Filmemachens auskenne. Aber letztendlich ist es eben nur eines von vielen Werkzeugen, um eine Geschichte zu erzählen.

    FILMSTARTS: Warst du denn schon vorher ein „Transformers“-Fan? Oder hast du dich damit erst beschäftigt, als die Anfrage reinkam?

    Travis Knight: „Nein, nein, nein, ich war als Kind definitiv ein „Transformers“-Fan. Mit etwa neun Jahren bin ich zum ersten Mal mit der animierten Serie, den Comics und den Spielzeugen in Berührung gekommen. Und genau zu diesem Moment bin ich auch zurückgegangen, als ich angefragt wurde. Das hatte damals etwas Magisches für mich, diese fühlenden Wesen, die sich mitten unter uns verstecken. Auch die damaligen Designs haben einfach so viel Spaß gemacht. Dahin wollte ich zurück.

    Die Folgen des "Transformers 5"-Flops

    FILMSTARTS:Transformers 5: The Last Knight” hat an den Kinokassen längst nicht so viel eingespielt wie erhofft. Hat dir das auf eine Art auch geholfen, weil so allen Produzenten klargeworden ist, dass sich das Franchise unbedingt in eine neue Richtung weiterentwickeln muss?

    Travis Knight: Ich habe schon mit der Arbeit an „Bumblebee“ begonnen, bevor „Transformers 5“ überhaupt in den Kinos gestartet ist. Michael Bay hat damals noch am Film gearbeitet und trotzdem haben wir uns dazu entschieden, eine andere Art von Geschichte zu erzählen. Im „Transformers“-Universum gibt es mehr als genug Platz für alle möglichen Arten von Geschichten, ganz unabhängig vom Ergebnis von „The Last Knight“. Die Leute glauben, dass es hier einen klaren Zusammenhang von Ursache und Wirkung gibt, aber dem ist nicht so.

    FILMSTARTS: Nach „The Last Knight” hat das Interesse der Fans an einem weiteren „Transformers“-Film, zumindest von dem, was man im Netz so mitbekommen hat, spürbar nachgelassen. Aber nach der Veröffentlichung speziell des zweiten „Bumblebee“-Trailers ist diese Stimmung innerhalb von 24 Stunden komplett umgeschlagen – und plötzlich hatten die meisten wieder Bock auf den Film. Bekommt man sowas als Filmemacher eigentlich mit.

    Travis Knight: Ich bin mir dessen schon bewusst. Wir haben ja auch eine große Marketing-Abteilung bei Paramount, die uns da auf dem Laufenden hält. Ich steckte da gerade mitten in der Postproduktion und war beschäftigt mit dem finalen Schnitt, den Effekten, dem Sound und der Musik. Trotzdem hat einen das natürlich weiter ermutigt. Wir wollen eine im Kern ganz andere Art von „Transformers“-Film machen – und ich glaube, die Leute haben Hunger auf eine neue Erfahrung, und ich hoffe, dass „Bumblebee“ diesen stillen wird.

    Andreas Rentz / 2018 Getty Images

    FILMSTARTS: „Bumblebee“ ist im Vergleich zu den anderen „Transformers“-Filmen eine Nummer kleiner – wie hast du entschieden, welche Transformers und Decepticons du trotzdem unbedingt dabeihaben willst?

    Travis Knight: Es ist ja eine Origin Story für Bumblebee, also steht er natürlich im Zentrum. Das macht für mich auch Sinn, weil er in jeder Iteration der Geschichte derjenige Transformer ist, der die tiefste Verbindung zu den menschlichen Figuren aufbaut. Warum ist das so? Für mich ist es spannend, das herauszufinden. Die „Transformers“-Mythologie ist sehr umfangreich und in „Bumblebee“ beschäftigen wir uns nur mit einer kleinen Ecke davon. Trotzdem gab es die Chance, einige alte Bekannte zumindest in kleinen Cemeo-Aufritten dabeizuhaben – und da bin ich einfach zu meinen eigenen Favoriten zurückgekehrt: Natürlich muss Optimus dabei sei. Dazu Wheeljack, RC, Soundwave und Ravage. Das sind die Transformers, die ich als Kind am coolsten fand, also habe ich sie jetzt in den Film gepackt.

    Schluss mit Sexismus

    FILMSTARTS: Hailee Steinfeld als Charlie Watson ist ja zum Glück nicht einfach nur die weibliche Version von Shia LaBeouf als Sam Witwicky. Bist du bei ihr besonders sorgfältig vorgegangen, weil die Reihe ja in der Vergangenheit immer wieder eine Menge Kritik wegen der Darstellung der weiblichen Figuren einstecken musste?

    Travis Knight: Ja. Als wir die Figur gemeinsam mit unserer Autorin Christina Hodson und dann später auch Hailee Steinfeld entwickelt haben, musste ich immer wieder daran zurückdenken, wie wir vor 15 Jahren versucht haben, unseren Film „Coraline“ an die Studios zu pitchen. Da gab es immer wieder dieselbe Antwort: Man kann doch keinen Animationsfilm mit einer weiblichen Hauptfigur machen, das wollen die Jungs nicht sehen! In den eineinhalb Jahrzehnten seitdem hat sich zwar viel getan, aber es gibt immer noch dieses binäre Denken, dass die Jungs nur das eine und die Mädchen nur das andere mögen. Wir wollen dieser Art des Denkens ein paar Ellbogenschläge in die Seite verpassen.

    FILMSTARTS: Ist das auch ein Grund, warum nicht Charlie, sondern ihr Nachbar Memo bei der Autofahrt sein Hemd verliert?

    Travis Knight: (lacht) Es ist sicherlich kein Zufall, dass alle Charaktere, die sich entkleiden, männlich sind. Egal ob nun John Cena als Agent Burns oder Jorge Lendeborg Jr. als Memo. Da haben wir den Spieß auf einem gewissen Level schon umgedreht, ja.

    FILMSTARTS: In einem Prequel geht es ja auch immer darum, gewisse Lücken in der Biographie eines Charakters zu schließen. Das kann man so machen wie „Solo: A Star Wars Story“ im vergangenen Jahr, wo wir die wohl denkbar dämlichste Erklärung für einen Nachnamen bekommen haben. Wir habt ihr denn entschieden, welche Dinge über Bumblebee ihr „erklären“ und welche ihr weiterhin offenlassen wollt?

    Travis Knight: Beim Filmemachen kämpft man ja immer mit einer gewissen Zeitbeschränkung. Unsere erste Drehbuchfassung hatte noch 150 bis 180 Seiten. Das ist einfach zu viel für einen Film. Deshalb muss man sich zunächst darüber klar werden, was der Kern der Geschichte ist – und dann darauf aufbauen. Und unser Kern ist die Frage: Wer ist Bumblebee? Und warum hat gerade er diese tiefe Verbindung zu den Menschen? Und dann kann man in der restlichen Zeit natürlich auch noch ein bisschen herumspielen. In den Bay-Filmen spricht er ja ausschließlich mit seinem Radio. Deshalb erklären wir, wie es dazu kam, wie er seine Stimme verloren und sie schließlich wiedergefunden hat.

    FILMSTARTS: Michael Bay hat in seinen fünf Filmen ja in Sachen Effekte und speziell den Transformationen schon eine Menge Vorarbeit geleistet. Gab es für euch in dieser Hinsicht überhaupt noch spezielle Herausforderungen oder hattet ihr alle nötigen Werkzeuge gleich von Beginn an fertig zur Verfügung?

    Travis Knight: Es gibt immer Herausforderungen. Die größte Herausforderung beim CGI war aber, dass wir uns weniger auf das Spektakel und mehr auf die Charaktere konzentrieren wollten. Wir haben auch große Roboterprügeleien, aber unser Fokus lag immer darauf, Bumblebee als ein atmendes Lebewesen zu zeigen, obwohl er ja nur aus Einsen und Nullen besteht und nie live am Set war. Das war das Wichtigste, was ich unserem Effektteam vermittelt habe. Und was die Transformationen angeht, habe ich mich auch hier an meine Kindheit zurückerinnert, wie der Kopf hierhin weggekippt und die Flügel dorthin umgeklappt werden, während man die Beine in wieder eine andere Richtung zusammenfaltet. Ich habe mich von den tatsächlichen Spielzeugen beeinflussen lassen und wollte auch in dieser Hinsicht wieder zu den Wurzeln der Transformers als Actionfiguren zurück.

    Zurück zu den Wurzeln

    FILMSTARTS: Gilt das auch für die Darstellung von Cybertron? Der Heimatplanet der Transformers hat uns nämlich diesmal wieder viel mehr an die Animationsserie aus den Achtzigern als an die kurzen Ausschnitte aus den Michael-Bay-Filmen erinnert?

    Travis Knight: Oh, ja! Wenn wir schon Cybertron zeigen, dann so, wie es in meinem Kopf existiert, seitdem ich den Cartoon gesehen habe. Die begann damals mit Wheeljack und Bumblebee – und auch bei uns sind das zwei der ersten Transformers, die der Zuschauer zu Gesicht bekommt. Natürlich ist unsere Version moderner, aber sie beschwört doch die Erinnerung an die Originalserie herauf. Das sind die Designs, die ich für absolut ikonisch halte: Wenn man eine Szene mit viel Action und Bewegung hat, dann ist es ein alter Trick aus dem Animationsfach, dass man jeder Figur eine so eigene Silhouette und Farbpalette verpasst, dass man sie auch dann noch einfach erkennt, wenn sie mitten in einer Kriegsszene steckt. Dann weiß man immer, wer wo ist und es entsteht keine Verwirrung. Das ist das Großartige an den originalen Designs und das wollte ich für meinen Film auch.

    „Bumblebee“ läuft seit dem 20. Dezember in den deutschen Kinos!

    Bumblebee
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