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    Ist die Winterfell-Schlacht noch "Game Of Thrones" oder schon "Herr der Ringe"?

    Helden sind in Wirklichkeit auch nur Menschen – das scheint uns in vielen „GoT“-Folgen gesagt zu werden. Doch wenn eine Schlacht wie die in Winterfell entbrennt, sollen wir plötzlich ehrfürchtig darüber staunen, wie heroisch Arya & Co. kämpfen. Häh?

    HBO

    +++MEINUNG MIT SPOILERN+++

    Nachdem sich darüber aufgeregt wurde, was Arya in der zweiten Folge der achten „Game Of Thrones“-Staffel des Nachts getrieben hat, ist nach Folge 3 wiederum die Nacht das Problem für viele Zuschauer. Zu dunkel sei die Schlacht, die zwischen den Verteidigern Winterfells und den Eiszombies tobt. Jetzt hat HBO so viel Geld ausgegeben, aber wir sehen den verdammten Krieg gar nicht richtig! So ein bisschen kann ich diese Kritik nachvollziehen, wirkt doch das Gegenargument – „GoT“ sei nun mal realistisch und nachts ist es halt dunkel – etwas konstruiert bei einer Serie, deren sogenannter Mittelalter-Realismus auch an anderen Stellen (zum Beispiel unter den Achseln) nicht durchgezogen wird.

    Auch mochte ich den Moment, in dem sich die brennenden Schwerter der Dothraki wie ein leuchtender Schwarm in die gegnerische Armee fräsen. Doch habe ich gleichwohl ein Problem mit der Ästhetik von „Die Lange Nacht“. Die Schlacht um Winterfell ist als Heldenverherrlichung inszeniert – die sich für mich mit dem sonstigen Tonfall der Serie beißt, wonach Heldentum nur eine naive Idee ist.

    „Game Of Thrones“ wird als Gegenentwurf zu einem Fantasy-Mittelalter verstanden, in dem die Ritter ehrenhaft, die Könige gütig und die Pferde prächtig sind, anstatt andauernd zu kacken. In der zehnten Folge aus Staffel zwei reitet Tywin Lannister (Charles Dance) in einen Thronsaal, aber vorher scheißt sein Schimmel erst mal in Großaufnahme vor die Tür! Was für ein simples, treffendes Bild, um die Agenda dieser Serie auf den Punkt zu bringen. Und Bilder wie diese haben Macht.

    Doch Die Bilder der Winterfell-Schlacht, die als simple Gegenüberstellung von Gut gegen Böse inszeniert ist, sagen mir: Das ist schon ganz geil, wie unsere feschen Recken hier im Krieg zu Helden werden, ne?

    Fehlen eigentlich nur noch die Gefährten auf der Mauer

    Die Schlacht ist dermaßen pathetisch, man könnte sich irgendwann in einer von Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Metzeleien wähnen, würde der Serien-typisch brutale Tod eines jungen Mädchens nicht daran erinnern, dass das hier immer noch „GoT“ ist. Kurz vor dem Kampf sehen wir, wie Melisandre (Carice van Houten) den Soldatenmassen die Waffen anzündet: Die orchestrale Musik schwillt an, Ergriffenheit in den Gesichtern, Sansa schaut staunend von der Mauer auf die Krieger. Spätestens, als die rote Priesterin mit „Valar Morghulis“ grüßt, möchte man sich glatt einreihen und Westeros mit vor den Zombies verteidigen. Vergessen wir die Streitigkeiten von früher, jetzt stehen wir zusammen und verteidigen die freie Welt gegen die Monster von hinter der Mauer!

    Ja, die Männer mit ihren Feuerschwertern haben keine Chance, es gibt immer wieder Szenen voller brutalem Gemetzel und in den Katakomben herrscht die blanke Angst, klar. Aber all dieser Schrecken ist doch spätestens dann wumpe, wenn es Szenen auf die Augen gibt wie die, in der Dany (Emilia Clarke) majestätisch und zu treibend-epischer Musik übers Schlachtengemälde drachenreitet, oder dann nach dem Absturz zu klagender Klaviermusik von Jorah (Iain Glen) in dessen letzter Opfertat verteidigt wird, oder wenn kurz darauf Theon (Alfie Allen) – übrigens ebenfalls in Zeitlupe – mit letzter Kraft dem Nachtkönig entgegenrennt, nachdem ihm Bran (Isaac Hempstead Wright) versichert hat, dass er ein Guter ist.

    Für Westeros!

    Dieses ganze Pathos kocht dann endgültig über, als alle kurz vorm Heldentod zu stehen scheinen, Arya dann aber dem Nachtkönig doch ihren Dolch in den Bauch rammen kann, auf dass er in tausend Eissplitter zerplatzt. „Valar Morghulis gilt auch für dich, Du Schneemann!“, möchte man erleichtert und aus voller Kehle brüllen.

    Ich weiß, dass „Die Lange Nacht“ als Episode nur Teil einer großen Erzählung ist. Auch in einer Geschichte, in der sogenannte Helden reihenweise als, nun ja, Menschen entlarvt werden, können echte Großtaten passieren, ohne dass es schizophren sein muss. In der Schlacht um Winterfell wird das Land der Menschen in Unterzahl gegen eine Monsterinvasion verteidigt, auf dessen Höhepunkt sich eine junge Assassine todesmutig dem Obermonster entgegenschmeißt, es tötet und damit die ganze feindliche Armee plattmacht – das ist fraglos eine Heldentat und kann dann auch als solche inszeniert werden.

    Ich aber bin nun, da nur noch drei Folgen ausstehen, etwas verwirrt darüber, auf welcher Note sich „Game Of Thrones“ verabschieden wird. Werden die Helden von Winterfell noch vom Podest gestoßen – oder endet die Serie als Helden-Kitsch?

    Zu diesem Artikel gehört im Titelbild und folgenden Hinweis eine Anzeige für Sky Ticket. Der Artikel selbst ist nicht Teil der Anzeige und wurde inhaltlich und thematisch unabhängig von Sky Ticket konzipiert und veröffentlicht.

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