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    "ES 2": Darum finde ich das Ende grausam (schlecht)

    Im neuen „ES“-Film muss sich Autor Bill (James McAvoy) anhören, dass er verlässlich die Enden vergeigt. Passenderweise halte ich das Ende von „ES Kapitel 2“ für misslungen – was damit zu tun hat, dass die Loser plötzlich selbst zu Bullys werden.

    Warner Bros.

    +++ Meinung (mit Spoilern) +++

    Ich mag „ES Kapitel 2“, vor allem weil der Horror hier meistens als Manifestation konkreter Ängste der Figuren inszeniert ist, und ich bin niemand, der Filme gerne auf ihr Ende reduziert. Das möchte ich auch nun nicht tun. Da ich jetzt dennoch über das Ende der neuesten Stephen-King-Verfilmung schreibe, ist klar: Mich hat dieses Finale wirklich getroffen. Aber sicher nicht so, wie es von Regisseur Andy Muschietti und Drehbuchautor Gary Dauberman beabsichtigt war.

    Nachdem die erwachsenen Mitglieder der Außenseiter-Clique in „ES 2“ damit gescheitert sind, die böse, oft in Clown-Form erscheinende Macht per Zauberritual zu besiegen, muss ein neuer Plan her. Bill (James McAvoy), Beverly (Jessica Chastain) und Co. wird klar: Um ES zu vernichten, müssen sie zusammenhalten – und ihren Feind erniedrigen. Also formiert sich der ehemalige Klub der Verlierer im Halbkreis und beleidigt den fiesen Clown so übel, dass der gar nicht anders kann, als wortwörtlich zusammenzuschrumpfen. Zum Schluss wird sein herausgerissenes Herz zerstört. Und dann: Happy End!

    Die Loser werden zu Bullys

    Die ganze Szene ist eindeutig als Erniedrigungsritual mit umgekehrten Vorzeichen inszeniert. Am Boden der ehemalige Ober-Bully, vor ihm seine ehemaligen Opfer. Als ich mir die Szene ansah, dachte ich bald, die Pointe zu kennen: Die Loser müssen selbst zu Bullys werden, um das Böse erfolgreich zu bekämpfen. Aber diese Pointe wurde entweder aus dem Film geschnitten, oder kam den Filmemachern gar nicht erst in den Sinn.

    Damit wirkt dieses Finale für mich sehr kalt, ohne dass daraus erzählerisch irgendwas gemacht worden wäre. Schon klar: Hier liegt natürlich kein geschrumpft-geschlagener Clown mit einem Herz aus Gold am Boden, sondern eine finstere Macht, die nur Mitleid erwecken will, damit sie danach umso grausamer zurückschlagen kann. Aber selbst wenn: Geschlagene Peiniger so fertigzumachen, wie man selbst fertiggemacht wurde, setzt nur den Kreislauf der Erniedrigung fort, anstatt ihn aufzubrechen. Ein Film über die lebenslangen Folgen von Ausgrenzung wird damit abgeschlossen, dass die Ex-Opfer jetzt selber nach unten treten, um ein Happy End herbeiführen? Das kann ich mir eigentlich nur auf eine Art und Weise erklären.

    Pointe verschenkt

    Ich glaube, dass den Machern die Problematik ihrer Auflösung überhaupt nicht bewusst war. Schade! Und ich muss nicht mal damit argumentieren, dass es versäumt wurde, der Geschichte um Ausgrenzung und Erniedrigung einen weiteren Aspekt hinzuzufügen. Der größte Jammer ist vielleicht dieser: Nachdem mich Andy Muschietti in den Horror-Sequenzen mit einigen fieses Pointen geschockt hat, nachdem ein kleines Außenseiter-Mädchen von einem Clown gefressen wurde, bei dem es sich kurz und endlich verstanden gefühlt hatte, wird die fieseste aller möglichen Pointen zum Schluss einfach liegengelassen.

    "ES 2": Darum fehlen diese beiden wichtigen Figuren im Finale
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