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    Nicht wie "Tenet" oder "Mulan": "Meine Freundin Conni" springt fürs Kino in die Bresche [Interview]

    Das Vorschul-Abenteuer „Meine Freundin Conni“ ist der erste Kinostart nach dem Lockdown, der das Potenzial besitzt, große Zuschauerzahlen zu erreichen. Wir sprechen mit Verleihchef Christoph Liedke darüber, ob das nur mutig oder auch klug ist.

    Wild Bunch

    Die Kinos machen nur langsam auf, weil keine Filme da sind – und viele Verleiher halten ihre publikumsträchtigeren Filme zurück, weil noch nicht genügend Kinos geöffnet sind. Ein Teufelskreis, den ursprünglich mal Kino-Liebhaber Christopher Nolan mit „Tenet“ durchbrechen wollte – aber irgendwann musste sich selbst das „Dark Knight“-Mastermind der in den USA immer noch wild grassierenden Pandemie beugen. Ähnliches gilt für den potenziellen Disney-Megahit „Mulan“.

    In Deutschland sieht die Situation hingegen besser aus – denn hier springen durchaus Verleiher in die Bresche. Vor allem diejenigen, deren Mutterkonzern nicht in den USA sitzt und die deshalb mehr Möglichkeiten haben, selbst Chancen und Risiken gegeneinander abzuwiegen.

    Ganz vorne mit dabei ist auch Wild Bunch, die mit „Meine Freundin Conni - Geheimnis um Kater Mau“ nun direkt zur Wiedereröffnung einen Film rausbringen, der in normalen Zeiten spielend wohl sechsstellige Besucherzahlen eingefahren hätte. Für uns ein Grund, uns mit Verleihchef Christoph Liedke per Google Hangout über die aktuelle Lage zu unterhalten...

    FILMSTARTS: Warst du selbst schon wieder im Kino?

    Christoph Liedke: Ja, allerdings noch nicht in einer regulären Vorstellung. Wir hatten vor zwei Tagen eine technische Abnahme für unseren Film „Into The Beat“ in einem Kino in Berlin – da habe ich auch sofort wieder gemerkt, wie sehr mir die große Leinwand gefehlt hat.

    FILMSTARTS: Ist es denn überhaupt zu 100 Prozent sicher, dass „Meine Freundin Conni“ wie geplant in die Kinos kommt? Oder habt ihr noch tägliche Meetings, um zu sehen, ob nicht doch noch eine Verschiebung notwendig wird?

    Christoph Liedke: Wenn es uns nicht verboten wird, ist der Start bombensicher. Wir können auch gar nicht mehr zurück – es sei denn, die Kinotüren sind verschlossen. Wir haben wirklich alles in Bewegung gesetzt, wir haben viel Geld ausgegeben, um den Film sichtbar zu machen. Der Termin steht!

    Wild Bunch

    FILMSTARTS: Neben „Meine Freundin Conni“ und „Into The Beat“ startet Wild Bunch bis August noch drei weitere Filme. Ihr springt also von den deutschen Verleihern mit am meisten in die Bresche. Rechnet ihr euch gerade jetzt gute Chancen für die Filme aus? Oder geht es dabei auch um die Verantwortung, jetzt beim Kickstarten des Kinos mitzuhelfen?

    Christoph Liedke: Mit Pflichtbewusstsein allein können wir uns auch nicht über Wasser halten. Wir suchen und sehen also auch die Chance auf einen wirtschaftlichen Erfolg, wenn jetzt nicht so viele andere in die Bresche springen. Ich denke, dass gerade im Bereich deutsche Family-Unterhaltung die Chance im Juli relativ groß ist, zumindest einen moderaten wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Es wird sicherlich langsam anlaufen – aber wir gehen davon aus, dass wir zugleich auch mehr Platz haben und in der zweiten und dritten Woche noch mit derselben Anzahl an Vorführungen laufen werden.

    Zusätzlich halte ich es aber für wichtig, Signale zu setzen: Ja, es kommen auch im Juli und August neue Filme – und zwar solche, die ein breites Publikum ansprechen können. Wir sollten als Branche die uns vorgegebene Zwangspause nicht noch unnötig selbst durch unsere Programmplanung verlängern.

    FILMSTARTS: Die beiden „Conni & Co“-Realfilme mit Emma Schweiger hat noch Warner Bros. in die Kinos gebracht. Wie ist „Meine Freundin Conni“ jetzt bei euch gelandet? Sind das verschiedene Lizenzen?

    Christoph Liedke: Tatsächlich unterscheidet man im Hause Carlsen zwischen „Meine Freundin Conni“, die eher die Jüngeren bedient, und dem „Conni & Co.“-Thema, das in den früheren Filmen behandelt worden ist. Wir glauben, dass wir mit der animierten Vorschul-Conni genau die Klientel ansprechen, die in einem ganz großen Maße für den Conni-Erfolg der letzten Jahrzehnte verantwortlich ist.

    Wieso kommt Conni erst jetzt?

    FILMSTARTS: Wie erklärst du dir eigentlich, dass es jetzt fast 30 Jahre gedauert hat, bis Vorschul-Conni ihren Ausflug ins Kino unternimmt? Ich meine, die Figur kennt doch nun wirklich jeder …

    Christoph Liedke: Offenbar hat sich kein Filmproduzent ernsthaft dieses Themas angenommen. Das ist ja auch eine Entwicklung: Es gibt seit weit über 20 Jahren die Bücher, die mittlerweile eine Auflage von mehr als 40 Millionen erreicht haben. Dazu kommt seit einigen Jahren die TV-Serie – und die Verantwortlichen hinter der Serie haben sich entschlossen, auch einen Kinofilm machen zu wollen. Wir sind auf diesen Vorschlag gerne angesprungen – das ist aber jetzt auch schon wieder ein paar Jahre her, denn natürlich dauert es, bis so ein Projekt dann auch tatsächlich fertig ist. Sagen wir mal so: Es ist an der Zeit, aber es ist auf keinen Fall zu spät!

    FILMSTARTS: Wie viel muss denn so ein Team, das jahrelang an der TV-Serie gearbeitet hat, umdenken, wenn es nun plötzlich um einen Kinofilm gehen soll?

    Christoph Liedke: Die Conni, die man auf der Leinwand sieht, ist der aus der TV-Serie auf den ersten Blick sehr ähnlich. Aber die Kino-Conni ist tatsächlich auf einer ganz anderen technischen Grundlage entwickelt worden – denn das, was man auf dem TV-Schirm sieht, würde so auf der großen Leinwand gar nicht funktionieren. Zugleich wurde der klassische 2D-Look ganz bewusst beibehalten. Man muss dem großen Format gerecht werden, aber auch den Sehgewohnheiten der Kinder – und da sitzt man schon in der Charakterentwicklung eine ganze Weile dran.

    Zugleich muss man auch eine Geschichte erzählen, die ein bisschen größer ist als das, was man aus den TV-Folgen kennt. Dort erlebt Conni meist etwas in ihrem Elternhaus oder in der Schule, aber diesmal geht es aus dem gewohnten Umfeld hinaus auf eine KITA-Reise – da gibt es größere Bilder, aber auch mehr Abenteuer.

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    FILMSTARTS: Ich mag ja gerade sehr, dass ihr es mit dem „Größer“ nicht übertrieben habt. Eine KITA-Reise ist für ein Kind in dem Alter schon so eine riesige, aufregende Sache – da muss man nicht zwingend noch Gangster einfangen oder so. Wie sehr wurde diese Frage im Produktionsprozess diskutiert?

    Christoph Liedke: Diese Gespräche hat es permanent gegeben. Aber die Filmemacher beschäftigen sich ja schon sehr lange mit dem Thema – und zusätzlich haben wir ganz viel mit den Verantwortlichen vom Carlsen-Verlag gesprochen. Die hatten auch immer sehr gute Ratschläge, was Conni machen würde und was nicht. Das geht bis hin zu den Tofu-Würstchen, die im Film zu sehen sind – oder den Luftballons, die NICHT im Film zu sehen sind, weil sie in der Conni-Welt wegen Plastikmüll und Helium nicht stattfinden würden. Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie sorgsam mit der Figur Conni umgegangen wird.

    FILMSTARTS: Gerade bei Filmen für ein sehr junges Publikum muss man ja in der Regel sehr schnell entscheiden, ob man eine Fortsetzung angehen will oder nicht – sonst sind die Fans des Films schon zu alt, wenn der zweite Teil in die Kinos kommt. Wie ist also der aktuelle Stand bei „Meine Freundin Conni 2“?

    Christoph Liedke: Wir sind aktuell in der Ideenentwicklung für den zweiten Teil – und wir würden, natürlich nicht ganz unabhängig vom Erfolg des ersten Teils, einen weiteren Film anstreben. Wobei die Themensuche natürlich nicht einfacher wird – wir können schließlich nicht einfach nach dem Motto „Größer, schneller und lauter“ vorgehen, denn wir wollen ja auch weiterhin der Figur Conni treubleiben.

    FILMSTARTS: Wäre Conni denn in einer möglichen Fortsetzung weiterhin ein KITA-Kind oder wächst sie mit ihren Zuschauern mit – geht sie dann womöglich in die Vorschule oder gar die erste Grundschulklasse?

    Christoph Liedke: Sie wird erst mal KITA-Kind bleiben. Aber wenn man das jetzt als Auftakt zu einer Reihe vieler Filme betrachtet, dann muss man sich natürlich irgendwann auch mal Gedanken ums Älterwerden machen.

    FILMSTARTS: Corona ist großer Mist – aber an manchen Stellen fungiert das Virus aktuell auch als Brandbeschleuniger für positive Veränderungen, etwa was die Arbeitsbestimmungen in Fleischereibetrieben angeht. Kannst du dir auch für die Zukunft der Kinoerfahrung solche positiven Entwicklungen vorstellen, die gerade jetzt in der Krise in Gang gesetzt werden können?

    Christoph Liedke: Ich glaube, dass man die Zeit in den letzten Monaten durchaus noch ein bisschen besser hätte nutzen können, um Dinge auch in der Zusammenarbeit zwischen Verleihern und Kinobetreibern gemeinsam zu entwickeln. Aber wir waren wie in allen Branchen eben auch geschockt, was da passiert ist. Ich hoffe aber, dass insgesamt ein Umdenken bei allen Menschen einsetzt – und speziell für die Kinobranche ist meine wichtigste Erkenntnis, dass es für uns alle immens wichtig ist, den direkten Kontakt zum Publikum in Zukunft noch mehr zu intensivieren. Wir müssen die Inhalte, die Filme und damit auch die Leistung, die wir erbringen und auf die wir stolz sind, noch besser vermitteln.

    „Meine Freundin Conni – das Geheimnis um Kater Mau“ startet am 2. Juli im Kino.

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