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    Stühle oder keine Stühle? Der Set-"Skandal" um "Tenet"-Regisseur Christopher Nolan

    Der „Stuhl-Skandal“ nach einem Variety-Interview mit Anne Hathaway zeigt sehr schön, wie Christopher Nolan tickt – und vor allem, wie „das Internet“ austickt. Wir fassen die Posse kurz zusammen.

    Warner Bros.

    Als ich einige der ersten Artikel zum Thema gelesen hatte, musste ich zugegebenermaßen auch erst mal schlucken: Christopher Nolan, Regisseur solcher Meisterwerke wie „Memento“, „The Dark Knight“ oder „Inception“, verbietet an seinen Sets Stühle, hieß es. Denn „wer sitze, der arbeite nicht“.

    Das passt natürlich nur allzu perfekt in das Narrativ des Genies, das sich aufgrund seines Talents alles erlauben darf und dessen Genius sich alle anderen unterzuordnen haben, damit aus ihm die große Kunst herausfließen kann. Das lief schließlich tausende Jahre tatsächlich so, bis irgendwann mal jemand auf die Idee gekommen ist, dass Genies nicht mehr und nicht weniger das Recht haben, sich wie Arschlöcher zu verhalten.

    Ich würde deshalb auch zustimmen: Wenn Christopher Nolan seinen Schauspielern und seiner Crew grundsätzlich verbieten würde, sich am Set hinzusetzen, dann wäre das eine ziemliche Schweinerei – und so hagelte es dann auch Meinungsartikel, in denen Nolan nicht nur ethische Verfehlungen, sondern auch Verstöße gegen geltendes Arbeitsrecht vorgeworfen wurden.

    Stühle? Keine Stühle? Welche Stühle?

    Aber mit der Einordnung des Stuhlverbotes wurde der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Denn an erster Stelle steht schließlich die Frage:

    Gab oder gibt es so ein „Stuhlverbot“ überhaupt? Inzwischen lautet die Antwort: Sehr wahrscheinlich nicht.

    Stein des Anstoßes war ein Video aus der Variety-Reihe „Actors on Actors“, bei der sich Stars gegenseitig interviewen – in diesem Fall Hugh Jackman und Anne Hathaway, die unter anderem die folgende Stuhl-Anekdote vortrug:

    „Christopher Nolan erlaubt keine Stühle – und seine Idee dahinter ist: Wenn es Stühle gibt, dann sitzen Leute. Und wer sitzt, der arbeitet nicht. Ich meine, er macht diese unglaublich großen und ambitionierten Filme voller technischer Revolutionen. Und am Ende stellt er sie immer vor der Zeit und mit weniger Budget als geplant fertig. Ich denke, er ist mit der Stuhl-Sache auf einem guten Weg.“

    Das steckt (wohl) wirklich dahinter

    Inzwischen hat Christopher Nolan über seine Sprecherin Kelly Bush die Aussage von Anne Hathaway allerdings präzisiert – und damit stellt sich die Situation doch direkt ganz anders da:

    „Der Ordnung halber: Die einzigen Dinge, die von seinen Sets verbannt sind, sind Mobiltelefone (nicht immer erfolgreich) und Rauchen (sehr erfolgreich). Die Stühle, von denen Anne spricht, sind die Director’s Chairs, die um den Videomonitor herum aufgestellt werden und die normalerweise auf der Basis von Status und nicht von physischen Bedürfnissen verteilt werden. Chris nutzt seinen nicht – aber hat niemals andere Stühle vom Set verbannt. Cast und Crew können sich bei Bedarf hinsetzen, wann und wohin sie wollen. Und das tun sie auch regelmäßig.“

    Es gibt sogar Tische

    Nun ist die Frage, ob es Stühle gab oder nicht, ja nicht so schwer zu beantworten oder zu recherchieren – und so würden wir davon ausgehen, dass sich längst weitere Crew-Mitglieder gemeldet hätten, wenn es tatsächlich gar keine Stühle gegeben hätte. Stattdessen gibt es bisher aber nur Stimmen, die Nolans Darstellung zustimmen – so zum Beispiel von „Mandy“-Co-Autor Aaron Stewart-Ahn, der vor seinem Durchbruch als Autor am Set von „The Dark Knight Rises“ gearbeitet hat:

    „Wir hatten jede Menge Stühle und Tische in unserem Bereich.“

    Nicht nur Stühle, sondern auch Tische. Das hört sich ja fast nach einem ganz normalen Filmdreh an …

    Christopher Nolans nächstes, gewohnt mysteriöses Fantasy-Thriller-Epos „Tenet“ startet voraussichtlich am 12. August 2020 in den deutschen Kinos.

     

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