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    "Ju-On: Origins" hat die wohl ekligste Netflix-Szene aller Zeiten – viel mehr aber auch nicht

    Zum Gruseln ist „Ju-On: Origins“ nur selten, dafür gibt’s in Episode 4 die vermutlich ekligste Szene, die es je in einem Netflix Original zu sehen gab. Abgesehen davon ist die japanische Serie mehr Drama als Horror – und ziemlich verworren.

    Netflix

    +++ Meinung +++

    Nach 13 Filmen, in denen das „Ju-On“-Phänomen immer wieder neu erzählt oder fortgesetzt wurde, soll mit „Ju-On: Origins“ nun also der Ursprung des Grusels erforscht werden. Aber ob Horror-Fans wirklich auf ein Grusel-Prequel gewartet haben, das zum Großteil eben auch vor dem Grusel spielt? Wohl eher nicht.

    Als jemand, der zur Zeit von „Ju-On: The Grudge“ (2002) das Horror-Kino gerade für sich entdeckt hat, der in den letzten Jahren aber immer weniger mit dem Genre anfangen kann, war ich aber zumindest neugierig. Außerdem geht die ganze Serie beziehungsweise Staffel auf Netflix auch nur knapp drei Stunden – das guckt man schnell mal weg.

    Meine Erwartungen konnte die Vorgeschichte zur vielleicht bekanntesten Grusel-Saga seit der Jahrtausendwende allerdings nicht erfüllen – auch wenn die Serie letztlich vielleicht sogar genau das ist, was sie sein sollte. 

    Mehr Drama als Horror

    Es dauert lange, wirklich lange, bis die vermeintliche Horror-Serie ihrem Ruf als solche halbwegs gerecht wird. Und selbst dann nimmt der Horror eine völlig andere Gestalt an, als man es aus den Filmen kennt – und das betrifft nicht nur die Erscheinung von Kayako und dem kleinen Toshio.

    Wenn einem in der ersten Serienhälfte dann aber doch mal ein kalter Schauer über den Rücken läuft, dann nicht etwa, weil geisterhafte Gestalten aus dunklen Ecken hervorgekrochen kommen, sondern vor allem aufgrund der Gräueltaten, die sich die (quicklebendigen) Menschen gegenseitig antun – von der Vergewaltigung einer Mitschülerin bis hin zur brutalen Misshandlung von Kindern.

    Die Serie blickt vor allem in die Abgründe des Menschen, zeigt, wozu er fähig ist und welches Leid er anrichten kann. Es ist dieser zwischenmenschliche Horror, der „Origins“ eine durchaus bedrückende Atmosphäre gibt, mit klassischem Geister-Horror aber nur wenig zu tun hat.

    "Basierend auf wahren Begebenheiten"

    Bevor die eigentliche Geschichte losgeht, wird (noch einmal) klargestellt, dass das, was wir gleich zu sehen kriegen, auf wahren Begebenheiten beruhe. Zwar kann man sich durchaus fragen, ob dieser Hinweis gerade im Hinblick auf die „Ju-On“-Story heute noch zeitgemäß ist und überhaupt noch ernstgenommen werden kann, doch dieser Einstieg ergibt irgendwie Sinn.

    Die Idee für „Ju-On“ kam Franchise-Schöpfer Takashi Shimizu damals nämlich aufgrund steigender Fälle häuslicher Gewalt in Japan beziehungsweise Tokio. Der Kern der Geschichte, bevor das Übel mit dem übernatürlichen Grusel seinen Lauf nimmt, entspringt somit also tatsächlich der Realität – und damit eben auch der „Ju-On“-Ausgangslage, die in der Serie behandelt werden soll. Doch auch das untermauert: mehr Drama, weniger Horror.

    Ganz ungeachtet dessen, wie Japan im weltweiten Vergleich dasteht, erreichte die häusliche Gewalt im Land der aufgehenden Sonne laut Japan Times 2019 einen neuen, traurigen Höhepunkt. Und damit ist „Ju-On: Origins“, wenn man’s so will, auch heute noch brandaktuell.

    Warnung: Hoher Ekelfaktor

    Achtung, es folgen Spoiler zu „Ju-On: Origins“.

    Auch wenn es in „Origins“ wenig zum Gruseln gibt, entsteht dennoch immer wieder eine beklemmende Atmosphäre, mit der es aber spätestens dann vorbei ist, wenn mal wieder ein unnötiger Sprung in der Geschichte gemacht und neue Figuren eingeführt werden. Die an sich simple Geschichte wird so nämlich völlig unnötig verkompliziert, sodass die Spannung schnell wieder flöten geht.

    Netflix

    Im Gegenzug dazu bietet „Ju-On: Origins“ allerdings Gewaltspitzen, die so wohl niemand erwartet hätte – und die ich in keinem Film der Reihe auch nur ansatzweise so drastisch zu gesehen habe (wobei ich auch nicht alle 13 Teile kenne). Wer „Inside“ gut weggesteckt hat, bekommt hier zwar kaum Neues zu sehen, alle anderen seien jedoch gewarnt:

    Episode 4 eskaliert komplett, wenn ein Mann seiner hochschwangeren Frau die Kehle aufschlitzt, nur um ihr anschließend den Bauch aufzuschneiden und das gemeinsame ungeborene Kind mittels Fleischermesser aus dem Mutterleib zu holen.

    Damit war’s das allerdings noch nicht. In albtraumhaften Sequenzen sieht man das blutüberströmte Baby später auch noch schreiend auf dem Boden kriechen – und dann klingelt im Bauch der brutal ermordeten Mutter auch noch ein Telefon.

    Fazit: Unnötiges Prequel

    „Ju-On: Origins“ dreht sich vor allem um Takashi Shimizus Inspiration für seine Gruselfilme, die traumatischen Ereignisse häuslicher Gewalt, die in Japan bis heute zunehmen, und stellt den Alltagshorror über den übernatürlichen Grusel.

    „Origins“ ist damit das Drama, das dem Horror vorausgeht. Unbedingt gebraucht hätte es dieses „Ju-On“-Kapitel wohl nicht. Aber was sag' ich, es sind in den letzten 20 Jahren auch 13 Filme der Reihe entstanden – und kein Ende in Sicht.

    Es ist letztlich nur die eine Szene, über die Zuschauer später vielleicht noch sprechen werden, die aber einfach nicht genügt, um eine ganze Horror-Serie rechtzufertigen – und eben auch nur halb so gut wirkt, wenn das Drumherum nicht funktioniert.

    "Ju-On: Origins" auf Netflix: Hier könnt ihr die Filme zur Horror-Serie streamen

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