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    Ausgerechnet dieser neue Netflix-Film hat mich verzaubert wie kein anderer

    Ich bin kein ausgewiesener Tierfreund, aber die neue Netflix-Doku „Mein Lehrer, der Krake“ hat mich an einer Stelle berührt, zu der schon lange kein Film mehr vorgedrungen ist.

    Netflix

    +++ Meinung +++

    Manche der exklusiven Netflix-Filme finde ich mies („The Old Guard“), viele so mittelmäßig, dass sich für mich jedes Gespräch darüber, das länger als zehn Sekunden dauert, wie Zeitverschwendung anfühlt („Project Power“). Aber manchmal wird ein Film zum Favoriten, der nur als Abendfüller gedacht war – so wie die bezaubernde Octopus-Doku „Mein Lehrer, der Krake“, die seit 7. September auf dem Streamingdienst verfügbar ist und zeigt, wie sich ein Filmemacher mit einem Kraken-Weibchen anfreundet.

    Ich bin ein Kino-Fan, der zu viel streamt: Ich liebe die Überwältigung und den Fokus, die mit der großen Leinwand einhergehen, doch nach einem langen Tag ist die Couch halt bequemer als der Weg ins Kino. Ich fühle mich ein bisschen schlecht deswegen. Aber immerhin entdecke ich auf der Couch manchmal Filme, die ich im Kino wahrscheinlich nicht geguckt hätte, einfach weil die Einstiegshürde geringer ist – Filme wie „Mein Lehrer, der Krake“.

    Als sich also meine Freundin und ich nach einigem Hin und Her für „Mein Lehrer, der Krake“ auf Netflix entschieden hatten, habe ich mich auf das Best-Case-Szenario von ein paar schönen Unterwasseraufnahmen und netten Infos über Kraken eingestellt. Stattdessen sah ich eine unwahrscheinliche Freundschaft zwischen Taucher und Tintenfisch – mit einem Kraken, der so klug war, dass die Intelligenz des Tieres Applaus verdiente.

    Der Krake rettet einen Menschen

    Vorneweg: Die Unterwasseraufnahmen in „Mein Lehrer, der Krake“ sind tatsächlich beeindruckend, insbesondere wenn die Tiere von sehr Nahem gezeigt werden und das Gefühl entsteht, einem Krebs beim Wegrennen über die Schulter schauen zu können. Doch der Film ist mehr als einer dieser Natur-Pornos, wie es sie bei Netflix zuhauf gibt. Es geht um einen Mann, den die Freundschaft mit einem Kraken-Weibchen heilt.

    Craig Foster, der Protagonist des Films, ist ein taucherfahrener Kameramann und Regisseur – den seine Arbeit irgendwann ausgezehrt hat. Ihm fehlt die Energie, weiterzumachen, zumindest bis er bei Tauchgängen in einem südafrikanischen Algenwald auf einen weiblichen Kraken trifft. Das Tier fasziniert ihn: Zunächst sehr scheu, gewinnt es Stück für Stück Vertrauen zu Craig.

    Monatelang schwimmt er zu der Krake, findet sie wieder, nachdem er sie verschreckt hat, bis das Tier sich irgendwann sogar an ihn kuschelt (zumindest sieht es so aus, ich weiß nicht, ob Kraken kuscheln).

    Man kann sich sehr einfach lustig machen über die Ergriffenheit, mit der der Filmemacher Craig Foster in der Doku beschreibt, was ihm die Beziehung zur Krake bedeutet. „My god, just fuck the octopus already“, ätzt jemand auf dem Sozialen Netzwerk für Film-Nerds, Letterboxd, über „Mein Lehrer, der Krake“.

    Foster wirkt in der Doku komplett ehrlich und überhaupt nicht zynisch, womit er eine Steilvorlage liefert für Tiersex-Gags, doch andererseits ist diese gefühlsbetonte Offenheit ja gerade die große Stärke des Films.

    Und wenn sich einer der Krakenarme zum ersten Mal um die Hand von Foster legt, Saugnapf um Saugnapf, kommt das einem „E.T.“-Moment gleich: Ein Mensch und eine fremde, liebe Kreatur beginnen eine ungewöhnliche Freundschaft in der Tiefe.

    Der Krake rettet sich vor einem Hai

    Außerdem ist „Mein Lehrer, der Krake“ mindestens so verblüffend wie berührend. Durch FILMSTARTS-Krakenfan Annemarie hatte ich mitbekommen, dass die Tiere als sehr schlau gelten. Doch ich war trotzdem nicht vorbereitet auf die eindrucksvolle Demonstration der Krakenintelligenz, die für den Film mit der Kamera festgehalten wurde.

    Unsere Krake wird an einer Stelle von einem Pyjamahai verfolgt, ihrem natürlichen Feind. Der Hai jagt aggressiv und unerbittlich. Aber die Krake ist schlauer. Zum Schutz probiert sie zwei Tricks: Zum einen deckt sie sich zur Tarnung mit Muscheln ein, aber als das nicht ausreicht, zieht sie ein Manöver durch, das dermaßen wagemutig und genial ist, dass ich euch nicht die Freude nehmen will, es selbst zu entdecken.

    Ihr müsst Tintenfische nicht mögen, damit euch „Mein Lehrer, der Krake“ gefällt, aber anschließend werdet ihr sie lieben.

    Webedia / Sebastian Gerdshikow
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