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    Jedi nerven – und "The Mandalorian" beweist es

    Je mehr ich über die Jedi-Philosophie nachdenke, wonach starke persönliche Bindungen etwas Schlechtes seien, desto bescheuerter finde ich sie. Die Ahsoka-Folge von „Star Wars: The Mandalorian“ hat mein Fass zum Überlaufen gebracht.

    The Walt Disney Company

    +++ Meinung mit Spoilern zu „The Mandalorian“ Kapitel 13 +++

    Ein Jedi soll keine Wut kennen, keinen Hass und keine Liebe, so stand es Anfang der Nullerjahre auf dem Teaser-Poster zu „Star Wars 2: Angriff der Klonkrieger“. Anakin Skywalker (Hayden Christensen) und wir Zuschauer kamen damals zum ersten Mal so richtig in Kontakt mit einer Philosophie, wie sie anschließend in vielen „Star Wars“-Geschichten rauf und runter gebetet werden sollte.

    The Walt Disney Company

    Die Jedi glauben das Falsche

    Doch diese Philosophie ist grober Unfug – und es wird Zeit, dass sie in „Star Wars“ auch mal deutlich als grober Unfug bezeichnet wird, anstatt immer nur wiederholt zu werden, so wie jüngst durch Ahsoka Tano (Rosario Dawson) in „The Mandalorian“.

    Ahsoka Tano möchte Grogu also nicht ausbilden, weil der kleine Racker Angst hat und eine enge Bindung zu seinem Ersatzpapa Mando (Pedro Pascal). Anakin, Ahsokas Meister aus den Zeiten der Klonkriege, war schließlich auch ein Mann, der von Verlustängsten geplagt wurde – und auf die Dunkle Seite der Macht wechselte, da er glaubte, seine große Liebe Padme (Natalie Portman) nur durch die dadurch gewonnenen Kräfte retten zu können.

    Ahsoka, die sich gegen Ende der Serie „The Clone Wars“ eigentlich vom Jedi-Orden losgesagt hatte, klingt plötzlich wie eine Vorzeige-Jedi, wenn sie die Ausbildung von Grogu verweigert. Sie klingt wie eine Jedi-Streberin, wie Meister Yodas Einserschülerin – und wiederholt damit einen uralten Fehler dieses Ordens.

    Gefühle sind normal, liebe Jedi

    Ich vermute jetzt einfach mal, dass es die Jedi mit ihrer Bleib'-auf-Distanz-Lehre nicht mal durchs erste Semester Psychologie schaffen würden – wobei Meister Yoda als erster durchrasseln würde. Als sich nämlich Anakin in „Star Wars 3: Die Rache der Sith“ an ihn wendet, um ihm von seinen Träumen zu erzählen, in denen Padme beim Gebären stirbt, lautet der Ratschlag des Meisters einfach nur, alle Menschen loszulassen, deren Verlust man fürchtet.

    Aha. Danke für nichts, Meister Yoda.

    Anstatt den Wunsch nach Bindungen und die Angst vor Verlusten als etwas zutiefst Menschliches anzuerkennen und einen Umgang damit zu lehren, predigen die Jedi eine Askese, was in den meisten Fällen einfach auf Verdrängung von Gefühlen hinauslaufen dürfte.

    Und man muss nicht mal ein einziges Semester Psychologie studiert haben, um zu wissen, wie ungesund das ist.

    Ihr tragt Mitschuld an Darth Vader, liebe Jedi

    Anakin Skywalker wurde nicht deswegen zu Darth Vader, weil er starke Gefühle hatte – sondern weil er nicht lernte, damit umzugehen. Die Jedi-Lehre wirkt geradezu kontraproduktiv: Schüler fühlen sich wie Versager, wenn sie es nicht schaffen, gefühlsfrei zu leben. Mag sein, dass jemand mit einem explosiven Naturell, wie Anakin es hatte, am besten gar nicht erst zum Jedi ausgebildet wird, da seine Kräften großen Schaden bewirken können, wenn etwas schiefläuft.

    Dass Ahsoka die Ausbildung von Grogu ablehnt, verstehe ich also bis zu einem gewissen Punkt – doch dann müsste man die Jedi-Ausbildung vielleicht einfach generell sein lassen, anstatt ein Kind wie Grogu abzulehnen, weil es seinen Ersatzpapa liebt und Angst hat.

    Man müsste die Jedi-Ausbildung generell lassen – oder anerkennen, dass man Wesen mit Gefühlen ausbildet und keine Maschinen.

    Ganz vorsichtige Kritik

    Was vielen Zuschauern und „Star Wars“-Fans als Problem längst bekannt ist, geht in den Filmen und nun auch in „The Mandalorian“ ziemlich unter. Jedi können cool ihre Lichtschwerter schwingen (siehe Ahsoka), Jedi sind meist sehr sympathisch (siehe ebenfalls Ahsoka), wen stört da ihre schädliche Philosophie? Immerhin der grummelige alte Luke (Mark Hamill) rechnete in „Star Wars 8“ kurz mit seinem Orden ab, als er die Geschichte der Jedi für Rey (Daisy Ridley) in einem tl;dr-Monolog treffend zusammenfasste:

    Jetzt, da sie ausgerottet sind, werden die Jedi romantisiert, mystifiziert. Nimmt man die Mythen beiseite und betrachtet ihre Taten, ist das Vermächtnis der Jedi Versagen, Heuchelei, Überheblichkeit. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht erlaubten sie Darth Sidious, sich zu erheben, ein Imperium auszurufen und sie zu vernichten. Es war ein Jedi-Meister, der verantwortlich war für die Ausbildung und Erschaffung von Darth Vader.

    Da hat er leider Recht, der alte Luke. Und ich bin gespannt, ob die problematische Jedi-Philosophie in künftigen „Star Wars“-Geschichten noch häufiger und deutlicher an den Pranger gestellt wird – vielleicht ja auch in „The Mandalorian“, wo es nur noch sehr wenige Versprengte dieses alten Ordens gibt, die alle sehr viel Zeit hatten, über die eigenen Fehler nachzudenken.

    Inzwischen sind sechs Folgen der zweiten Staffel erschienen. Folge 7 kommt am Freitag, dem 11. Dezember, um 9.00 Uhr zu Disney+.

    Webedia / Sebastian Gerdshikow
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