Mabrouk el Mechri: Über Kindheitsidol van Damme nach Hollywood
von Jan Hamm ▪ Mittwoch, 2. Mai 2012 - 00:00

Der internationale Festivalerfolg „JCVD" verschaffte nicht nur Hauptdarsteller Jean-Claude Van Damme ein überraschendes Comeback, sondern machte auch auf einen jungen Regisseur aufmerksam. Der Franzose Mabrouk el Mechri galt plötzlich als heiße Nummer in Hollywood. Mit „The Cold Light Of Day“ kommt nun sein erster englischsprachiger Film in die Kinos. Grund genug für uns, el Mechris Karriere einmal genauer zu betrachten.

 

"The Cold Light of Day"-Regisseur Mabrouk el Mechri:

Über Kindheitsidol van Damme nach Hollywood

 

Mit „The Cold Light of Day“ (ab 3. Mai im Kino) begeht der 1976 geborene Regisseur Mabrouk el Mechri („JCVD“) seinen ersten Schritt in Hollywood. Diesen Erfolg hat der Franzose mit tunesischen Wurzeln einem bemerkenswerten Tauschgeschäft mit seinem großen Kindheitshelden zu verdanken: dem belgischen Kampfsportler und Actionfilm-Darsteller Jean-Claude Van Damme („Universal Soldier“), auch bekannt als the muscles from Brussels. Als junger Teenager war el Mechri glühender Van-Damme-Fan, war er doch begeistert, dass ein französisch-sprachiger Actionstar den internationalen Testosteron- und Alphatierchen-Wettbewerb der späten 1980er und frühen 1990er aufmischte. Natürlich schmückte auch ein „Bloodsport“-Plakat die Wand seines Elternhaus-Zimmers. Doch wie alle Idole einer naiven Jugend verloren Van Damme und das ganze Action-Gerumpel zunehmend an Strahlkraft für el Mechri, der ganz andere Kaliber zu entdecken begann: Robert Wise („West Side Story“), Paul Thomas Anderson („There Will Be Blood“), Sidney Lumet („Network“) und Park Chan-wook („Oldboy“). Und gerade, als Van Damme endgültig zur liebevoll-nostalgischen Erinnerung zu verblassen begann, sollte er plötzlich wieder in seinem Leben aufkreuzen und dem inzwischen selbst zum Filmschaffenden gereiften Mann zu internationaler Aufmerksamkeit verhelfen.

Seine ersten Sporen verdiente sich Mabrouk el Mechri mit Kurzfilmen, bevor er 2005 mit dem tragikomischen Boxer-Drama „Virgil“, zu dem er auch das Drehbuch schrieb, sein Langfilmdebüt feierte. Sein folgendes Projekt – der Comedy-Film „Stand Up!“ (2006) -erschien lediglich auf Video und ist selbst in Frankreich kaum jemandem ein Begriff. 2007 stand er in einer Nebenrolle für Gilles Paquet-Brenners („Sarahs Schlüssel“) Komödie „Bad Cops“ vor der Kamera – und dann plötzlich war Jean-Claude Van Damme wieder da. Einer der Produzenten des ominösen Projekts „JCVD“ spielte ihm ein frühes Skript zu, um ihn als Regisseur zu gewinnen. El Mechri stimmte zu – unter zwei Bedingungen: Erstens müsse er das zu oberflächliche Drehbuch umpflügen. Und zweitens wolle er sich zuvor mit Van Damme treffen, um seine neuen Ideen zu besprechen und nicht ohne das Einverständnis seines potentiellen Hauptdarstellers ans Werk zu gehen.

Mabrouk el Mechri und sein Hauptdarsteller Jean-Claude Van Damme machen Promo für "JCVD".

 

Eine taktvolle Voraussicht – denn Mabrouk el Mechris Revision des ursprünglichen Skripts, mit dem Jean-Claude Van Damme seiner Aussage nach zum Action-Clown degradiert worden wäre, sah einen provokanten Twist vor: Dem zu diesem Zeitpunkt nennenswert abgehalfterten Kampfsportler, der sich hier wie John Malkovich in „Being John Malkovich“ selbst spielt, sollte einerseits die Ehre einer Hommage erwiesen werden. Andererseits aber sollte der Mensch hinter der Ikone zum Vorschein gebracht werden, und zwar mitsamt aller Dämonen, die ihn nach aufreibenden Sorgerechtsstreitigkeiten und zwischenzeitlicher Drogensucht plagten. Das Kernstück von „JCVD“ stellt ganz in diesem Sinne ein sechsminütiger Monolog dar: Mitten im fiktiven Filmgeschehen wendet sich Van Damme direkt ans Publikum und erzählt von den Tiefpunkten seiner privaten und professionellen Karriere. Um seinem Hauptdarsteller den emotionalen Freiraum dafür zu bieten, hielt el Mechri den zweistündigen Improvisationsdreh dieser Szene vor dem restlichen Filmteam geheim.

Herausgekommen ist ein wirklich berührender Filmmoment, der nur möglich war, weil der junge Filmemacher seinen Hauptdarsteller ernst nahm und nicht nur, wie viele Direct-to-DVD- und Trash-Regisseure, einen alternden Haudrauf in die Arena zurückpfeifen wollte. Letztendlich profitierten beide voneinander: Van Damme wurde erstmals im Verlauf seiner verebbenden Karriere als wirklich ausdrucksstarke Persönlichkeit wahrgenommen; im TIME-Magazin schrieb man sogar, er verdiene für „JCVD“ weniger einen schwarzen Gürtel, als vielmehr einen Oscar – und nominierte ihn nach Heath Ledger in „The Dark Knight“ zum zweitstärksten Darsteller des Jahres 2008. El Mechri konnte sich derweil als sensibler Regisseur und selbstbewusster Autor profilieren. Mit Nominierungen für die Palme d’Or in Cannes und für den Film Critics Choice Award in Toronto machte er Schlagzeilen und landete auf dem Notizzettel der Hollywood-Produzenten. Die große Regie-Karriere lockte…

"Superman" Henry Cavill und Bruce Willis machen in "The Cold Light of Day" Madrid unsicher.

 

Doch der Weg auf den Hollywood-Olymp ist meist steinig. Mabrouk el Mechri bekam in der Folge zwar schnell erste Angebote, doch auf einen nächsten Film mussten wir vier Jahre warten. So steckt sein 2008 als US-Debüt geplantes Projekt „Sage Femme“ mit Vanessa Paradis („Der Auftragslover“) und Michael Madsen („Reservoir Dogs“) bis heute in der berüchtigten Entwicklungshölle. Schließlich sollte er im November 2009 die von Robert Rodriguez („Sin City“) produzierte Comic-Adaption „Insiders“ mit Jessica Alba produzieren. Daraus wurde bislang genauso wenig, wie aus einem Remake des Park-Chan-wook-Thrillers „Sympathy For Mr. Vengeance“, das ihm Anfang 2010 angetragen wurde. Erste Mitte des Jahres 2010 konnte sich el Mechri wieder erfolgreich an die Arbeit machen. Das Studio Summit, welches seinen größten Erfolg mit der „Twilight“-Serie hatte, heuerte ihn für „The Cold Light of Day“ an. Ein Skript, das von „The Wire“-Veteran Richard Price überarbeitet worden war, und ein Cast um Bruce Willis („The Expendables 2“), Sigourney Weaver („Avatar - Aufbruch nach Pandora“) und Shooting-Star Henry Cavill („Man of Steel“) bilden die vielversprechende Grundlage für el Mechris englischsprachiges Debüt, welches ab September 2010 vor spanischer Kulisse in den Dreh ging.

Mit „The Cold Light of Day“ hat el Mechri bewiesen, dass er mit großen Stars und etwas umfangreicheren Budgets arbeiten kann. Das Talent für eine kreativ erfolgreiche Karriere hat Mabrouk el Mechri ohnehin. Am 3. Mai startet „The Cold Light of Day“ in den deutschen Kinos, doch el Mechris weiterer Karriereweg wird sich erst zum US-Start des Thrillers im September entscheiden. Denn nur wenn der Film an den amerikanischen Kinokassen überzeugt, werden die Hollywood-Studiobosse auch weitere Projekte mit dem talentierten Jungregisseur anschieben. Wir drücken ihm die Daumen.

Der deutsche Trailer zu "The Cold Light of Day":

 

Was glaubt ihr? Steht „The Cold Light of Day“-Regisseur Mabrouk el Mechri eine große Hollywood-Karriere bevor?


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Kommentare

  • Saeglopur

    Wieso kommt denn der Film in den USA erst im September und bei uns schon jetzt raus? Ist irgendwie auch kein gutes Zeichen... Generell weckt der Steifen bei mir gar kein Interesse, auch wenn ich JCVD super finde. aber mal sehen wie das Kinopublikum eingestellt ist...

  • Björn Becher

    @Saeglopur: Da kann man natürlich nur spekulieren, aber mir erscheint denkbar, dass man in den USA abwarten will bis es einen "Man Of Steel"-Trailer gibt, der in den Kinos hoch und runter läuft und man dann mit dem neuen Superman Henry Cavill noch mehr Werbung machen kann.

  • Sun-Woo-Lee

    JCVD war einer der wenigen Filme bei dem ich nach 20 min oder so die DVD aus dem Player geholt habe. Nicht weil er schlecht war sondern eher aus zeitlichen Gründen. Nach etwa 6 Monaten oder länger habe ich ihn mir von Anfang bis Ende angeguckt und habe mich selbst verflucht, weil ich ihn nicht früher gesehen habe. Ein Klasse Film mit einem starken van Damme. Die sechsminütige Szene von der die Rede ist so....! Einfach mal anschauen. Ich kanns nicht in Worte fassen. Einfach nur Klasse.

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