Filmstarts trifft... von Waldstätten und Assayas ("Carlos")
von Christoph Petersen; Mitarbeit: Annemarie Havran ▪ Donnerstag, 4. November 2010 - 00:00

Hauptdarstellerin Nora von Waldstätten und Regisseur Olivier Assayas sprechen mit uns über ihr Terroristen-Biopic "Carlos - Der Schakal", das in Deutschland in einer fünfeinhalb- und einer dreistündigen Fassung in die deutschen Kinos kommt.

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Filmstarts: Du hast Dich ganz bewusst dagegen entschieden, Magdalena Kopp persönlich zu treffen. Wie kam es dazu?


Nora von Waldstätten: Es ist ein solch sensibles Geflecht, das sich in der Vorbereitung auf eine Figur zusammenspinnt, dass ein Treffen auch manches hätte zerstören können. Außerdem ist Magdalena Kopp gar nicht mehr die Frau, die ich gebraucht hätte. Sie hat sich inzwischen von Carlos distanziert und außerdem ein Buch geschrieben, bei dem ich das Gefühl habe, dass es aus einer eher heutigen Sicht erzählt ist. Es geht darum, wie sie die Zeit heute rückblickend sehen möchte, und weniger darum, wie sie sich damals tatsächlich gefühlt hat.

 

Nora von Waldstätten als Magdalena Kopp.

 

Filmstarts: Du bist bekannt dafür, für jede Deiner Rollen ein kleines Büchlein anzulegen, in das Du alle möglichen ausgedachten biographischen Fakten einträgst. Wie sehr musstest Du diese Herangehensweise bei "Carlos" ändern, schließlich verkörperst Du hier ja eine real existierende Figur?


Nora von Waldstätten: Wenn ich mir eine Figur erarbeite, gibt es in der Tat eine Menge Themen vom Lieblingsessen über den größten Traum bis hin zum Kindheitstrauma, die ich mir zusammenfantasiere. Bei einem realen Charakter ist das nicht großartig anders, ein bisschen variieren musste ich aber schon, weil gewisse Eckpunkte natürlich vorgegeben sind. Als ich etwa durch Zufall herausgefunden habe, dass Magdalena Kopp bevorzugt Rotwein getrunken hat, wurde das sofort notiert. Aber all die Grauzonen dazwischen musste ich mir wie sonst auch selbst erschließen.

 

Filmstarts: Ganz ehrlich: Wie viel wusstest Du von Carlos, bevor Dir die Rolle angeboten wurde?


Nora von Waldstätten: Ich stamme ja aus Wien und schon als ich acht oder neun Jahre alt war, hat mir mein Vater, wenn wir am OPEC- Gebäude vorbeigefahren sind, immer die Geschichte von der Flugzeugentführung erzählt, was für ein Kind in dem Alter verstörend und faszinierend zugleich ist. Da war es dann ein interessanter Zufall , dass mir 20 Jahre später angeboten wurde, die Frau eben jenes Mannes spielen zu dürfen.

 

Filmstarts: Nun kommt Magdalena Kopp in den Wien-Szenen ja gar nicht vor. Hast Du trotzdem mal am Set vorbeigeschaut?


Nora von Waldstätten: Ich hatte es fest vor. Ich wollte in Wien sein und alle in meine Lieblingsrestaurants entführen. Ich hatte sogar den utopischen Plan, einen Wienerschnitzel-Abend zu veranstalten. Aber dann konnte ich leider nicht und musste die Crew alleine Wien erkunden lassen. Allerdings befürchte ich, dass sie auch ohne mich ganz gut zurechtgekommen sind (lacht).

 

Nora von Waldstättenra von Waldstätten und Alexander Scheer in "Carlos - Der Schakal".

 

Filmstarts: Obwohl für einen französischen Fernsehsender produziert, kommt "Carlos" nun weltweit in die Kinos. Ist der Film für Dich also Fernsehen oder Kino?


Nora von Waldstätten: Unser Regisseur Olivier Assayas hat dazu etwas sehr Passendes bei der Pressekonferenz in Cannes gesagt, nämlich dass er sich keinen anderen Regiehut aufsetzen würde, egal ob er nun fürs Fernsehen oder fürs Kino dreht. Unser Film "Carlos" lässt sich nicht einfach in eine Schublade stecken, Olivier hat ihn sogar als "wildes Tier" bezeichnet, weil es sowas zuvor einfach noch nicht gab, also einen fünfeinhalb Stunden Film, zu dem es eine Kurz- und eine Langfassung gibt, die zudem noch in Cannes ihre Premiere feierte. Außerdem waren die Dreharbeiten ein großes Abenteuer: neun Monate Drehzeit, die Geschichte meiner Figur umspannt 14 Jahre, zudem hat Olivier großen Wert darauf gelegt, im Libanon mit libanesischen und in Deutschland mit deutschen Schauspielern zusammenzuarbeiten. So wird das global umspannende Geflecht des internationalen Terrorismus schon allein dadurch sinnlich spürbar, dass hier alle möglichen Sprachen aufeinanderprallen.

 

Filmstarts: Seit Deinem Auftritt als intrigante Internatsschülerin im Tatort "Herz aus Eis" giltst Du als "eiskalte Schöne". Stört Dich diese Festlegung?


Nora von Waldstätten: Die Vorgabe für die Figur war, etwas Irritierendes zu schaffen. Und bei mehr als acht Millionen Zuschauern und einer riesigen Resonanz ist uns das wohl auch gelungen. Es war mein persönliches Ziel, dass dieses Eiskalte beim Publikum ankommt, deshalb kann ich jetzt auch sehr gut mit den Konsequenzen leben.

 

Filmstarts: Wie sehr hat Diese Rolle Dein Leben verändert? Wie war es am Tag nach der Ausstrahlung beim Brötchenkaufen?


Nora von Waldstätten: Das kam ja in Etappen. Seine Premiere hatte der "Tatort" beim Filmfest Hamburg auf der großen Leinwand. Schon bei der Vorführung herrschte eine merkwürdige Stille. Und als ich dann im Anschluss nach vorne gegangen bin, wussten die Zuschauer gar nicht, ob sie mich nun attackieren oder sympathisch finden sollen. Das war ein Vorbote, aber die Zeit nach der Ausstrahlung war trotzdem verrückt. Von einem Tag auf den anderen ist man plötzlich auf der Bildfläche, obwohl ich diesen Beruf ja eigentlich schon eine ganze Weile mache. Und ich war auch froh, mich gleich wieder in die Arbeit an "Carlos" stürzen zu können, weil mir so gar nicht viel Zeit blieb, um über all das zu lange nachzudenken.

 

"Carlos - Der Schakal" startet am 4. November 2010 in den deutschen Kinos.

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